Perry und das unheimliche Haus von Hackston
Geigen weggeschafft. Dreizehn Männer und vier Frauen waren es!“ bemerkte Ronnie Hastings.
„Und einer Frau bin ich nachgegangen!“
„Er hat sie bis nach Hause verfolgt.“
„Zu Fuß und im Omnibus!“
„Sie wohnt in einem Hochhaus!“
„In einem Appartementhaus“, verbesserte Dicki. „Hier!“ Dicki hielt dem überraschten Clifton einen Zettel hin. „Alles notiert. Sie heißt Miß Brenda Harvey und wohnt Lathers-Street Nr. 12 im 6. Stock. Omnibushaltestelle Amerson-Castle.“ Dicki hatte das alles gesagt, ohne Luft zu holen. Perry Clifton war zuerst sprachlos, dann klopfte er den beiden anerkennend auf die Schultern. „Ihr seid zwei ganz tolle Burschen! Aber“, hier hob er den Zeigefinger, „ich hatte nichts von einer Verfolgung gesagt.“
„Ich dachte, es sei wichtig“, maulte Dicki. „Natürlich ist es wichtig. Trotzdem! Wie schnell können sich dabei Dinge ereignen, die man nicht vorhersehen kann.“
Dicki spielte den Beleidigten, während Ronnie wie ein begossener Pudel nach innen schaute. „Na, nun laßt mal die Köpfe nicht hängen. Ihr habt ja fast mehr erreicht als ich!“ Und dann faßte Clifton noch einmal Ronnies Worte zusammen: „Es waren also insgesamt dreizehn Männer und vier Frauen!“
Beide nickten.
„Und alle haben sie eine Geige geholt?“ Wieder Nicken.
„Woher wißt ihr eigentlich, daß es sich um Geigen handelte?“
„Weil...“, sagte Dicki.
„Weil...“, sagte auch Ronnie und dann Dicki: „Es konnte gar nichts anderes sein! In den Paketen konnten nur Geigen sein.“
„Ja, nur Geigen!“ äffte Ronnie nach.
„Na, dann will ich mal...“ Der Detektiv zog den Zündschlüssel heraus und öffnete seine Tür.
„Wo gehen Sie denn hin, Mister Clifton?“
„Mal sehen, ob man mir auch so eine Geige verkauft.“
Das erste, was Perry Clifton wahrnahm, nachdem er die Tür der Kunsthandlung hinter sich geschlossen hatte, war der feine Duft eines französischen Parfüms namens Madame Rochas.
Bilder, Skulpturen, Reliefs und Plastiken: Das alles war geschmackvoll in dem etwa hundert Quadratmeter großen Raum verteilt. Dicke Läufer mit orientalischen Ornamenten verschluckten jeden Laut. Eine eigenartige, fast beklemmende Stille lag über der Galerie. Nur ein breites, dunkles Tack-Tack verriet Leben, wenn auch nur das Leben einer riesigen Standuhr, deren Perpendikel die Größe eines Eßtellers hatte.
Perry Clifton ertappte sich immer wieder dabei, wie er den süßlich-herben Wohlgeruch genüßlich einzog. Wo war ihm dieser zuletzt begegnet?
Es gab weder Kunden noch Verkaufspersonal.
Von Geigen keine Spur.
Nachdenklich blieb er vor einem modernen Gemälde stehen. Da, ein kaum wahrnehmbares Geräusch. Und eine Stimme, die sagte: „Sehr eindrucksvoll. Finden Sie nicht auch, Sir?“
Als er sich umwandte, sah er in ein erschrockenes, ja fassungsloses Gesicht, während er selbst nicht weniger überrascht war. Aber er war derjenige, der zuerst die Fassung wiedergewann.
Dort stand sie, die Ursache und Quelle des Duftes.
„Sieh an, sieh an, die bezaubernde Miß Craig von der Firma Gordon & Lash .“
„Ja... nein... ich meine...“, stotterte sie. „Sie meinen was, Miß Craig?“
„Ich meine, Sie sind doch Mister Clifton... so war doch Ihr Name?“
„Es schmeichelt mir ungemein, daß Sie sich noch an meinen Namen erinnern. Es sind seit unserem Zusammentreffen immerhin schon vierundzwanzig Stunden vergangen!“ gab Clifton mit unüberhörbarem Spott zurück. „Mister Lash hat mir zwar verraten, daß Sie freitags Ihren freien Tag haben, aber nichts davon, daß Sie einen Nebenjob als Kunstsachverständige ausüben.“ Miß Craig war aufgeregt. Warum eigentlich? Warum sagte sie nicht einfach: Das geht Sie einen feuchten Staub an, was ich tue! Hektische Flecken röteten ihre Wangen, während sie ein ums andere Mal ihre (gar nicht verrutschte) Schildpatt-Brille zurechtsetzte.
„Bitte sagen Sie nichts zu Mister Lash. Es wäre ihm sicher nicht recht, daß ich hier aushelfe“, bat sie und fügte rasch hinzu, als sie Cliftons mißtrauischen Blick sah: „Obwohl er Mister Mason sehr schätzt.“
Sie trug wieder das braune Wollkleid mit einer goldenen Brosche darauf, nur daß es diesmal kein Salamander, sondern eine Schildkröte war.
„Sie helfen also freitags immer aus?“
„Nicht immer. Nur manchmal. Auf das Wochenende zu ist oft viel Betrieb.“
„So wie heute zum Beispiel.“
Sie nickte kaum wahrnehmbar und sah an Perry Clifton vorbei, als suche sie nach
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