Persephones Erbe (German Edition)
als Muster um die Kelche. Das Mimosenbukett in der Tischmitte duftete wie ein ganzer Frühlingsgarten.
Ich beugte mich vor, schnupperte hingerissen.
Armin Landgraf wurde hinter mir ziemlich still.
Wir waren die ersten im Speisesaal, doch inzwischen war lautlos ein Kellner an meine Seite getreten. Ich merkte, dass sein Blick tief in meinen Ausschnitt tauchte. Er räusperte sich diskret.
»Guten Abend bei uns. Mein Name ist Menalio. Wenden Sie sich bitte jederzeit an mich, wenn Sie einen Wunsch haben.«
Er wirkte etwas älter als der schwarzlockige Tagesportier an der Rezeption, aber er sah ihm ähnlich. Das gleiche attraktive Gesicht, sogar fast noch ausgeprägter. Vielleicht weil er schon grau wurde. Auch Menalio trug einen gepflegten Bart. Feiner Flaum bedeckte seine Hände.
Der Kellner schob mir den Stuhl zurecht, beugte sich vor, um die Kerzen auf dem Tisch anzuzünden und ging. Noch jemand, der sich mit der geschmeidigen Eleganz eines Tieres bewegte. Kein Sambatänzer dieses Mal, eher wie ein Bergsteiger. Warum dachte ich beim Anblick seiner Schenkel unwillkürlich an einen Steinbock?
»Du hattest Recht. Ich hätte dich nie zu dem Kleid überreden sollen.« Armin Landgraf wirkte auf grimmige Weise amüsiert.
Ich setzte mich ein bisschen aufrechter. Was dem zweiten Kellner die Aussicht verdarb. Auch er war ein ausgesprochen gut aussehendes Mannsbild, aber jung, vielleicht der jüngste dieser Familie. Der jüngste Bruder Faun schenkte uns Wasser ein und dann Wein. Einen perlenden Prosecco.
»Auf dein Wohl, Kati.«
Armin prostete mir zu. Seit dem Nachmittag waren wir stillschweigend per Du. Schließlich, wenn ich heute Nacht mit meinem Chef im gleichen Bett schlief, womöglich im Wortsinn mit ihm schlief, war es ziemlich albern beim »Sie« zu bleiben. Die Anzeichen, dass es mit uns etwas wurde, standen nicht schlecht. Dennoch zögerte ich. Ich glaubte, vielmehr ich hoffte, dass mir Sex mit ihm Spaß machen würde. Immer wenn er mich auch nur zufällig berührte, fühlte es sich gut an. Aber in Wirklichkeit wusste man bei einem Mann vorher nie.
Langsam trafen die anderen Gäste ein.
Es gab insgesamt sechs Tische, immer für zwei Personen gedeckt, drei an jeder Längsseite des Speisesaals. Ich setzte mich noch ein bisschen aufrechter, doch ich konnte natürlich nicht verhindern, dass das Etuikleid jedem, der hinter meinem Stuhl in den Raum hinein ging, meine Brüste quasi unverhüllt präsentierte. In gewisser Weise saß ich fast noch schlimmer auf dem Präsentierteller als während des Treffens mit Malchow. Mein Chef tolerierte die Blicke der Kellner, doch auf die der Gäste reagierte Armin vergrätzt.
Eigentlich freute mich sein aufkeimender Besitzerinstinkt. Es geschah ihm recht, schließlich hatte er mich selbst gebeten, in diesem Kleid zu erscheinen. Und tatsächlich blieb jedes ankommende Paar bei uns stehen. Alle drei Männer nickten Armin anerkennend zu, ich sah es an der Mischung aus Missvergnügen und Stolz in seinem Gesicht. Während alle Frauen wiederum mit mir verständnisvolle Blicke wechselten: Lasst die Jungs ruhig! Gucken ist erlaubt.
Sämtliche Paare kannten sich offensichtlich lange und ich mochte wetten intim. Kein Wunder, dass Malchow vom Tenebre begeistert war, das sah dem Spanner ähnlich. Mein Ding waren Zuschauer oder Mitspieler eher nicht.
»Schockiert?«, fragte Armin Landgraf leise.
»Nicht so sehr, wie Sie … Du vielleicht glaubst.«
Nach dem, was zwischen meiner Mutter und ihren wechselnden Liebhabern alles abgegangen war, bevor Zachi sämtliche Konkurrenten in die Flucht geschlagen hatte, konnte mich kaum mehr etwas schockieren.
In diesem Sinn kratzte mich auch das Lächeln der dritten Frau nicht. Sie zeigte mir deutlich, dass sie an mir interessiert war. Die beiden anderen Damen hatten eher meinen Chef betrachtet, aber diese Frau war auf mich fixiert. Armin Landgrafs Kiefer mahlten.
»Ich weiß nicht, ob es eine gute Entscheidung war, hier zu bleiben«, knurrte er. Er wollte offenbar noch etwas sagen, brach aber ab, weil der jüngere Kellner die Vorspeisenplatte brachte. Antipasti misti, immer nur Häppchen. Gegrillte Paprika, Auberginenscheiben, kleine Anchovis, hauchdünner Parmaschinken, gehobelter Parmesan, eingelegte Steinpilze. Junger Fenchel. Köstlich.
Wir teilten alles brüderlich, auch das feine, frisch gebackene Brot. Armin tunkte mit sichtlichem Behagen das Olivenöl von der Platte. Als der Kellner abservierte, kam der ältere Herr, der uns vorhin als
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