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Persephones Erbe (German Edition)

Persephones Erbe (German Edition)

Titel: Persephones Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Monkberg
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uns unter glitzerndem Staub. Ein Zittern wie ein Erdbeben ging durch die Totenstadt. Donnern und Krachen hallte durch die Gewölbe.
    Pluto brüllte.
    Mein Herz zerriss.
    Dunkelheit umfing mich. Ich spürte nichts mehr. Keine Lust, keinen Schmerz. Aber Er war noch immer bei mir. Der Gott hielt mich. Er war überall. In mir, neben mir, in der ganzen Totenstadt. Ich schwebte in Seinen Armen über einem Feuerrad aus Straßen, Häusern und Kirchen. Von allen Türmen schlug es Mitternacht.
    Mana strömte aus den Menschen, die in den Straßen und Häusern ihren Geschäften nachgingen, oder dort lagen und schliefen. Mana strömte überall. Ich gierte danach, hoffnungslos, sehnsuchtsvoll. Ich war ein Schatten, ein Ghoul, eine verdammte Seele, immer noch an die Welt der Lebenden gebunden. Ich hatte noch eine Aufgabe zu erfüllen. Sie machte mich unruhig. Ich wollte gerne, doch ich konnte nicht in Seinen Armen zu schlafen. Meine Zeit war längst noch nicht gekommen. Ich begehrte das warme Blut, das in Millionen Adern pulsierte. Mein eigenes Herz stand still. Mir war furchtbar kalt. Ich schrie zu Ihm.
    Und Er blies mir auf der Kline seinen göttlichen Atem in die Lungen. Mein Herz stolperte, begann erneut zu schlagen.
    Ich hustete.
    Sanfte Finger streichelten mich. »Du hast nicht mehr als einen einzigen Herzschlag den Tod gekostet«, sagte er. »Kein Schaden ist dir entstanden.« Er hielt mich in Seinen Armen und er ließ mich weinen. Seine warmen Hände kneteten mich zurück ins Leben. »Fürchte dich nicht. Du wirst nicht so sterben. Wenn du zu mir kommst, wird es im hohen Alter sein, weise und lebensmatt. Diese Gewissheit darfst du behalten. Aber mich selbst wirst du vergessen. Es ist besser so.«
    Ich war zu erschöpft, um mich ohne Seine Hilfe aufzusetzen. Schweiß und Goldstaub liefen mir in Bächen von Körper, meine gesamte Haut prickelte. Er küsste mich, nur ein einfacher Kuss, Lippen auf Lippen. Dennoch durchflutete mich noch einmal intensive Lust. Kleine heiße Wellen liefen durch meine Vagina. Meine Vulva pulsierte, meine Brüste schwollen.
    Er formte aus der leuchtenden Luft ein Seidengewand, hüllte mich hinein und lehrte mich meine Aufgabe.
    »Wenn du kein Tier töten kannst, und niemanden findest, der für dich schlachtet, musst du dich selbst schneiden. Blut und Schmerz wirken zusammen besser und schneller. Aber auch Lust trägt Mana. Verschaff sie dir selbst oder teile sie mit einer Frau oder einem Mann. Spende den Toten deinen Saft oder seinen Samen, ganz wie du willst. Sie begehren immer nur das Mana. Damit kannst du die Toten bannen.«
    Wir tranken Wein und danach nahm mich der Gott bei der Hand und führte mich zurück. Ich war müde, sehr müde. Glücklich, dass er mich besessen hatte und sehr, sehr traurig.
    »Du kannst nicht bei mir bleiben. Mein Reich ist nicht für die Lebenden gemacht. Aber ich werde dir Armin zurückgeben. Es ist nur gerecht, denn ich habe ihn dir genommen, um dich zu mir zu locken.«
    Ich hatte noch immer große Scheu davor, in Seiner Gegenwart zu sprechen. Doch nach dem zweiten Anlauf gelang mir wenigstens ein Flüstern. »Ich weiß nicht, ob ich ihn wirklich liebe.«
    Der Gott der Unterwelt lachte herzlich. »Das weiß kein Mensch. Ihr könnt es immer nur miteinander versuchen. Doch sei gewarnt: Ich bin mit dem zufrieden, was du mir schenken konntest. Meine Forderung an dich ist abgegolten. Aber du hast noch Schulden bei meinen Brüdern oben im Tenebre und die musst du bezahlen. Jetzt oder später.«
    Wir standen wieder dort, wo Er mich vor Stunden in dieser unendlich langen Nacht gefunden hatte, vor dem kurzen Gewölbe, in dessen Kammer ich mich vor den Toten geflüchtet hatte. Er hatte sein Schimmern verloren. Seine Gestalt begann sich zu wandeln.
    »Hast du alles verstanden?«
    Ich nickte.
    »Dann trink!« Er reichte mir einen Becher Wasser.
    »Was ist das?«
    »Lethe. Der Fluss des Vergessens. Und nun komm!«

22.
    Der Hausmeister führte mich am Ellenbogen. Er schob mich nach rechts oder links, die Treppe hinauf, durch Gänge. Unsere Schatten mischten sich an den Wänden, tanzten im unsteten Schein seiner Fackel. Sie knisterte, aber sonst war es unheimlich still. Wir waren auf dem Rückweg. Doch ich konnte mich nicht an den Ort erinnern, von dem wir kamen.
    Ich war vollkommen verwirrt. In einem Moment noch das Flüstern der Toten und ich stand in vollkommener Finsternis in einem Gang. Jetzt war es zwar auch nicht sehr hell, aber die Fackel tat ihr bestes. Ich fühlte mich

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