Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
Vom Netzwerk:
An zwei Seiten wird der von einer hohen Mauer begrenzt, die man ohne eine Leiter oder andere Hilfsmittel nicht überwinden kann. Eine Flucht Müllers in diese Richtungen ist deshalb auszuschließen. Achtung an der dritten Seite. Dort trennt ein niedriger Zaun das Grundstück von der nächsten Nebenstraße. Wenn der Mann aus seiner Wohnung entkommt, ist das ein möglicher Fluchtweg. Sie«, Goldstein sah die neben ihm sitzenden Uniformierten an, »kommen mit mir in das Objekt. Und Sie beide postieren sich an der Seitenstraße, je einer am Anfang und Ende der Umfriedung. Noch Fragen?«
    Seine Kollegen schüttelten den Kopf.
    Goldstein sah auf die Uhr. »Gut. Also los.«
    Sie verließen das Fahrzeug. Goldstein und zwei der Polizeibeamten warteten, bis ihre Kollegen um die Hausecke gebogen waren und ihre Positionen eingenommen hatten. Dann betraten sie das Gebäude.
    »Sie warten hier und sichern die Eingänge« befahl der Hauptkommissar einem der Polizisten, die ihn begleiteten. »Wir gehen jetzt nach oben und nehmen den Mann fest.«
    Die Treppenstufen knarrten, als sie in den zweiten Stock hinaufstiegen.
    Durch eine Milchglasscheibe in Müllers Wohnungstür konnten sie Licht im dahinterliegenden Flur ausmachen. Leise Musik war zu hören. Goldstein wollte gerade den Klingelknopf drücken, als die Sirene eines Martinshorns von der Straße ertönte.
    »Verdammt!«, schimpfte Goldstein halblaut, »welcher Idiot hat denn …«
    Aus der Wohnung waren trampelnde Schritte zu vernehmen, die sich schnell der Tür näherten, dann aber kurz davor stehen blieben. Für einen Moment sah Goldstein einen Schatten, der in einem der Zimmer verschwand.
    »Er hat uns gesehen!«, rief er seinem Kollegen zu und zückte die Dienstwaffe. Der andere tat es ihm nach. Goldstein brüllte, so laut er konnte: »Polizei! Machen Sie die Tür auf. Sofort!«
    Drinnen klirrte Glas. Der Hauptkommissar griff den Lauf seiner Pistole, sicherte sie eilig und nach zwei kräftigen Schlägen zersplitterte die Scheibe der Tür. Goldstein fasste durch die am Rand des Holzrahmens verbliebenen Scherben ins Innere, suchte und fand endlich den Schlüssel, der im Türschloss steckte. Unmittelbar darauf stürmte er in den Flur, die Waffe im Anschlag. Sein Kollege folgte ihm.
    Die beiden Polizisten schauten in den ersten Raum, dann in den zweiten. Nichts. Im Bad schließlich entdeckten sie das offene Fenster.
    Als Goldstein hindurchsah, entdeckte er Müller, der sich gut vier Meter unter ihm von einer Feuerleiter auf den schmalen Mauersims schwang, der das Nachbargrundstück begrenzte. Die Wachen an der Nebenstraße hatten Müllers Flucht anscheinend noch nicht bemerkt. Goldstein schrie zu ihnen herunter. Es dauerte etwas, bis sie die Lage erfassten, dann aber stürmten sie zum Zaun und kletterten hinüber.
    »Nein!«, brüllte Goldstein heftig gestikulierend gegen das Auf und Ab des Martinshorns an. »Nicht in den Hinterhof. Ins Nachbarhaus. Sofort.« Ohne abzuwarten, ob seinem Befehl Folge geleistet wurde, machte der Hauptkommissar kehrt und rannte, mehrere Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter. Auf der Straße lief er nach links, sprang in den Eingang des Nebenhauses und drückte die Tür auf. Er hetzte durch den Flur, fand schnell den Hintereingang, der jedoch verschlossen war. Wertvolle Sekunden verstrichen, bis er endlich den Schlüssel entdeckte, der an einem Nagel neben der Tür hing. Als er mit immer noch gezogener Waffe in den Hof des Hauses rannte, war Müller verschwunden.
    Goldstein fühlte ein Stechen in der Brust. Schwer atmend sah er sich um. Der Hof war, von der Mauer abgesehen, über die Müller getürmt war, von verwilderten Gärten und Trümmergrundstücken umgeben. Der Gesuchte konnte überall sein.
    Der Kommissar biss sich auf die Lippe. Die verdammte Feuerleiter! Sie hatte er gestern in der Dunkelheit übersehen.
    »Und jetzt, Herr Hauptkommissar?«, fragte einer der Männer, die zu ihm aufgeschlossen hatten.
    Goldstein machte eine ausholende Armbewegung. »Durchsuchen. Alles«, ordnete er ohne viel Hoffnung an.
    Als er sich zum Gehen wandte, kam ihm Schönberger entgegen, eine Zigarette im Mundwinkel. »Ich dachte, du brauchtest Verstärkung. Warum hast du mich nicht über den Zugriff informiert?«, wollte er mit beleidigter Stimme wissen.
    »Hast du das Martinshorn eingeschaltet?«, stellte sein Kollege die Gegenfrage.
    »Natürlich! Ist Vorschrift. Schließlich war ich ja im Einsatz.« Schönberger zog ein letztes Mal an seiner Kippe und

Weitere Kostenlose Bücher