Persilschein
»Ich glaube, ich habe mich verliebt.« Sie sah ihre Freundin mit strahlenden Augen an.
»Das ist ja toll!« Lisbeth stand auf und nahm Marianne in den Arm. »In diesen Manfred, mit dem du tanzen warst?« Sie setzte sich wieder.
Marianne machte eine abwertende Handbewegung. »Hör mir bloß mit dem Blödmann auf. Versetzt hat er mich. Nein, ich habe jemanden kennengelernt. Paul heißt er. Als ich auf Manfred gewartet habe, ist er mit Freunden ins Central gekommen. Er ist mir sofort aufgefallen. Später hat er mich zum Tanzen aufgefordert. Lisbeth, Paul bewegt sich so elegant, so leicht … Einfach traumhaft. Das glaubst du nicht«, begeisterte sie sich.
»Und wie sieht er aus?«
Marianne beschrieb ihren neuen Verehrer in allen Einzelheiten.
»Was macht er beruflich?«
»Er ist Kaufmann. Arbeitet als freier Handelsvertreter. Genau weiß ich das nicht. Ich will ihn ja nicht vom Fleck weg heiraten.«
»Und? Hat er dich nach Hause gebracht?«
»Ja. Mit seinem eigenen Wagen. Stell dir das vor.«
Lisbeth griff die Hände ihrer Freundin. »Hast du ihn in deine Wohnung gebeten?«
Mit gespielter Empörung erwiderte Marianne: »Was hältst du von mir? Doch nicht am ersten Abend.«
»Warum eigentlich nicht?«
Beide Frauen kicherten.
»Darf man den Likör auch trinken oder ist der nur für deinen Paul?« Lisbeth zeigte auf die Flasche.
»Entschuldige.« Marianne schenkte ein und sie prosteten sich zu. »Ich habe eine Bitte an dich.«
»Ja?«
»Ich möchte, dass du und Peter ihn euch anseht.«
»Nichts lieber als das. Nur …« Lisbeth stockte. »Ich glaube nicht, dass Peter davon so begeistert sein wird.«
»Das kann ich mir vorstellen. Paul soll auch nicht den Eindruck haben, ich würde ihn vorführen.«
»Verstehe.«
»Deshalb müssen wir uns zufällig treffen. Am besten in einer Kneipe. Ihr trinkt ein Bier, wir kommen unerwartet herein, begrüßen uns überrascht und setzen uns zu euch.«
»Guter Plan. Kann ich noch einen haben? Das Zeug ist lecker.«
»Sanddornlikör. Hat eine Arbeitskollegin aus ihrem Urlaub mitgebracht. Sie war an der Nordseeküste, weil ihre Eltern dort leben.«
»Nobles Geschenk.«
»Nicht wahr?« Sie schenkte nach. »Dafür habe ich, während sie fort war, auch für zwei gearbeitet. Also, wo laufen wir uns über den Weg?«
»Es müsste hier in der Gegend stattfinden. Sonst kriege ich Peter nicht aus dem Haus. Das wird so oder so nicht einfach werden.«
»Du schaffst das schon.« Mariannes Augen blitzten.
»Was hältst du vom Restaurant Karl der Große? «
»Das an der Bladenhorster Straße?«
»Genau.«
»Und wann?«
Lisbeth überlegte. »Wie wäre es mit übermorgen? So gegen acht Uhr?«
»Das passt gut. Paul und ich wollten uns an dem Abend ohnehin treffen. Ich lotse ihn dann zum Treffpunkt. Wir sind um viertel nach acht da.«
»Prima. Dann werde ich deinen Paul in Augenschein nehmen. Aber wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was du mir eben vorgeschwärmt hast, muss das ja ein richtig toller Hecht sein.«
51
Dienstag, 17. Oktober
Kriminalrat Saborski starrte seit einigen Minuten auf die Visitenkarte, die er zwischen seinen Fingern drehte. Sollte er Ministerialdirektor Olsberg anrufen oder nicht?
Gestern Nachmittag hatte ihn Goldstein darüber informiert, dass es einen Informanten in der Sache Müller gäbe und er mit ihm verabredet sei.
Verdammt! Saborski ärgerte sich über sich selbst. Er hätte wissen müssen, dass der Hauptkommissar sich nicht so ohne Weiteres mit der Suizidthese zufriedengeben würde. Und untersagen konnte er dieses Treffen erst recht nicht. Mit welcher Begründung?
Er konnte Olsberg diese neue Entwicklung nicht verschweigen, also gab er sich einen Ruck und wählte die Nummer. Es dauerte etwas, bis er bis zu Olsberg durchgedrungen war.
»Olsberg«, meldete sich der Beamte knapp.
»Kriminalrat Saborski. Kripo Bochum.«
»Ich weiß, wo sie beschäftigt sind, Herr Kriminalrat. Was gibt es?«
»Einer meiner Mitarbeiter meint, einen neuen Anhaltspunkt in der Mordsache Müller gefunden zu haben.«
»Haben Sie die Ermittlungen nicht für abgeschlossen erklärt?«
»Ja.«
»Und Ihre Untergebenen halten sich nicht an Ihre Verfügungen?«
Saborski biss sich auf die Lippe, blieb aber stumm.
»Sie haben Ihren Laden anscheinend nicht richtig im Griff, Saborski.«
Die Höflichkeitsfloskeln waren vorbei, jetzt redete Olsberg Klartext. »Wer ist es denn, der meint, diese Spur ausgegraben zu haben?«
»Hauptkommissar Goldstein.«
»Ich
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