Persilschein
ab.
»So habe ich das doch nicht gemeint.« Goldstein erhob sich, kam zu ihr und nahm sie in die Arme.
Lisbeth wusste, dass sie gewonnen hatte. »Dann gehen wir jetzt?«
»Na gut. Aber nur kurz. Ich habe morgen früh ein wichtiges Treffen.«
Sie drückte ihre Stirn an seine Schulter, sodass er ihren triumphierenden Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Schließlich löste sie sich von ihm. »Ich ziehe nur kurz den Kittel aus.«
Eine Dreiviertelstunde später stand Lisbeth endlich im Flur vor ihrem Mann. »Wie sehe ich aus?«
»Toll.«
Sie lächelte ihn an und reichte ihm den Arm. »Komm.«
»Und wohin?«
»Ins Karl der Große . Das ist nicht weit und man kann da auch etwas essen.«
»Aber wir haben doch gerade erst …«
»Es könnte ja sein, dass du noch einmal hungrig wirst«, unterbrach sie ihren Mann liebevoll.
Das Restaurant war fast leer. Das Ehepaar Goldstein suchte einen Tisch an einem der Fenster aus. Lisbeth setzte sich so, dass sie die Tür im Auge behalten konnte, während sie ihren Mann auf den Stuhl gegenüber dirigierte. Er sollte Marianne und ihren Verehrer erst zu Gesicht bekommen, wenn beide quasi vor ihnen standen. Lisbeth bestellte sich auch ein Bier, was Goldstein etwas überraschte. Normalerweise zog sie süße Weine vor.
Ihre Unterhaltung plätscherte dahin und Lisbeth sah immer wieder zur großen Standuhr, die neben dem Tresen aufgestellt war.
»Gefällt es dir hier nicht?«, fragte Peter Goldstein und zündete sich eine Zigarette an.
»Warum?«
»Du schaust ständig auf die Uhr. Möchtest du gehen?«
»O nein«, winkte sie ab. »Nur eine Marotte.« Sie wirkte seltsam angespannt.
Goldstein begann, misstrauisch zu werden. »Ist mir bisher noch nie aufgefallen.«
»Siehst du. Nach so vielen Ehejahren entdeckst du an mir etwas Neues. Ist das nicht herrlich?« Erneut der fahrige Blick Richtung Tresen.
Die Eingangstür wurde geöffnet. Ein frischer Windstoß vertrieb den Rauch.
Schlagartig erhellten sich Lisbeths Züge. Und Goldstein hörte hinter sich eine Stimme, die er nur zu gut kannte.
»Lisbeth! Peter! Was für eine Überraschung. Schön, dass wir uns gerade heute zufällig treffen.«
Goldstein entging der Verschwörerblick nicht, den die beiden Frauen sich zuwarfen. Von wegen Zufall.
»Darf ich euch meinen Bekannten vorstellen?«
Goldstein erhob sich, um Marianne und ihren Begleiter zu begrüßen.
»Peter, das ist Paul Krönert. Paul, Peter Goldstein. Und seine Frau Lisbeth.«
Goldsteins ausgestreckte Hand fror in der Bewegung ein. Auch Krönert war sichtlich überrascht. Fieberhaft dachte der Hauptkommissar nach. Er konnte nicht mit einem vermeintlichen Kriminellen an einem Tisch sitzen. Unmöglich! Was, wenn ihn jemand sah! Ein Gedanke drängte sich ihm auf. War Schönberger auch in einer solchen Situation gewesen? War er so an Bos geraten? Hatte er vielleicht doch die Wahrheit gesagt?
Der Polizist beschloss, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. »Angenehm«, sagte er deshalb und schüttelte die Hand Krönerts. Dann setzte er sich wieder und sah seine Ehefrau wütend an. In was für eine Lage hatten sie und ihre Busenfreundin ihn hier gebracht? Sie beachtete seinen Unmut nicht, in diesem Moment galt ihre ungeteilte Aufmerksamkeit Lisbeths Begleiter. Er kannte Lisbeth und diesen Blick: Sie taxierte diesen Krönert in Sekundenschnelle und wog ab, ob er zu ihrer Freundin passte. Ihre nächste Reaktion würde zeigen, welche Entscheidung sie getroffen hatte.
Lisbeth hielt Krönert ihre Hand hin und lächelte. »Nett, Sie kennenzulernen, Herr Krönert.«
Auch das noch. Sie akzeptierte diesen Mistkerl!
Ihr Zusammentreffen verlief in angespannter Atmosphäre. Das lag nicht zuletzt an den beiden Männern, die jegliche Versuche der Frauen, ein Gespräch in Gang zu halten und die Situation zu entkrampfen, unterliefen. Vor allem Goldstein sagte kaum etwas, antwortete nur einsilbig und stierte den Rest der Zeit in sein Bierglas.
Nach dem zweiten Bier flüsterte Marianne Paul Krönert etwas ins Ohr. Der nickte erleichtert. »Wir müssen leider gehen«, entschuldigte er sich. »Ich habe morgen früh einen wichtigen Geschäftstermin. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder.« Worauf du dich verlassen kannst, dachte Goldstein und schickte Marianne ein gequältes Lächeln.
Kaum war das Paar gegangen, legte Lisbeth los. »Was bist du nur für ein Stoffel! Man könnte meinen, jemand hätte dir den Mund zugenäht. Sagst den ganzen Abend kein Wort. Was ist bloß in dich
Weitere Kostenlose Bücher