Persilschein
gefahren?«
»Von einem Abend kann ja nicht die Rede sein«, murmelte Goldstein und griff in seine Jacke, um das saubere Taschentuch, mit dem Lisbeth ihn immer versorgte, hervorzuholen. »Die beiden waren höchstens eine Stunde hier.«
»Kein Wunder, so wie du dich benommen hast«, giftete sie. »Was machst du da eigentlich?« Mit wachsender Verwunderung beobachtete sie ihren Mann, wie er das Glas, aus dem Paul Krönert getrunken hatte, sorgfältig in das Tuch einschlug.
»Ich sichere ein Beweisstück«, erwiderte Goldstein trocken. Er stand auf und ging zur Theke, um dem Wirt eine Entschädigung zu bezahlen.
»Bist du jetzt völlig verrückt geworden?«, blaffte ihn Lisbeth an, als er wieder zum Tisch zurückgekehrt war. »Leidest du unter Paranoia? Die Berufskrankheit eines Kriminalpolizisten?«
»Ich glaube, dass dieser Krönert Dreck am Stecken hat«, erwiderte Goldstein ungerührt.
»Wie meinst du das?«
»Ich darf noch nicht darüber sprechen, solange der Fall nicht abgeschlossen ist. Vielleicht irre ich mich ja auch.«
Lisbeth sah ihn entgeistert an. »Du kannst mit deiner Frau nicht darüber sprechen? Denkst du etwa, ich bin nicht vertrauenswürdig?«
Goldstein verzichtete auf eine Antwort und sagte stattdessen: »Ich habe schon gezahlt. Sollen wir dann?«
Auf dem Heimweg wechselte das Ehepaar kein Wort.
54
Freitag, 20. Oktober 1950
Bevor Hauptkommissar Goldstein zu seinem Treffen mit Hinterhuber und dem Zeugen aufbrach, lieferte er das Glas mit den Fingerabdrücken Krönerts bei Markowsky ab.
Eine Viertelstunde zu früh erreichte er den wuchtigen Bau mit seinem Wassergraben. Goldstein sah sich um. Von Hinterhuber keine Spur. Und wie der Informant aussah, war ihm unbekannt. Also nahm er auf einer Bank zwischen Schlosskapelle und Bahnhofstraße Platz und steckte sich eine Zigarette an. Entspannt lehnte er sich zurück und genoss die immer noch milde Herbstsonne. Von seinem Sitzplatz konnte er den Weg, der am Schlosseingang vorbei zum Fußballstadion führte, gut überblicken. Und auch Richtung Norden hatte er freie Sicht. Nur hinter ihm lag eine kleine Brache, die er nicht einsehen konnte, mit mannshohen Bäumen und Büschen. Hohes Gras. Dichtes Unterholz. Wildwuchs. Aus diesem kämen Hinterhuber oder der Zeuge bestimmt nicht.
Lange musste der Hauptkommissar nicht warten. Von der Bahnhofsstraße näherte sich der Journalist. Ihm folgte in geringem Abstand ein junger Mann, der sich häufig suchend umblickte. Das musste der Zeuge sein.
Der Polizist ging Hinterhuber einige Schritte entgegen.
»Guten Morgen, Herr Goldstein«, grüßte der Reporter und hielt dem Kommissar die Hand hin.
Der schlug ein. »Den Grund für unser Treffen haben Sie auch mitgebracht.«
Hinterhuber drehte sich um und musterte den Mann neugierig. Der Informant war jung, schlaksig und groß gewachsen. Er trug einen an den Ärmeln leicht verschlissenen, etwas zu weiten Mantel. Die Schuhe waren abgewetzt und auch die braune Hose schien schon lange getragen.
»Ich bin Franz Hinterhuber«, sprach der Journalist ihn an. »Haben wir miteinander telefoniert?«
Konrad Müller wirkte schüchtern. »Ja.«
»Prima.« Hinterhuber zeigte auf Goldstein. »Das ist der Polizist, von dem wir sprachen. Er heißt Peter Goldstein. Sie sollten ihm vertrauen.«
Müller nickte nur.
Goldstein trat näher. »Vielleicht setzen wir uns auf die Bank da vorne«, schlug er vor. »Da können wir uns in Ruhe unterhalten. Einverstanden?«
Erneut das zögerliche Nicken.
Der Hauptkommissar führte die kleine Gruppe an. Als sie die Bank erreichten, sorgte er dafür, dass Müller zwischen ihm und Hinterhuber saß.
»Sagen Sie mir zunächst bitte Ihren Namen und Adresse«, begann Goldstein das Gespräch und zückte seinen Notizblock. Als er den verunsicherten Blick Müllers bemerkte, setzte er schnell hinzu: »Keine Angst. Was ich mir hier aufschreibe, dient lediglich zur Gedächtnisstütze. Niemand bekommt diese Notizen zu sehen.« Er griff wieder zur Zigarettenschachtel und hielt sie Müller hin. »Rauchen Sie auch?«
Der bejahte. Hinterhuber dagegen lehnte das Angebot mit einem Kopfschütteln ab.
Als die Zigaretten glimmten, bat Goldstein um den Vornamen des Mannes. Dieses Mal kam Müller der Aufforderung nach. »Und Sie werden mir nichts anhängen?«
»Warum sollten wir? Oder haben Sie etwas ausgefressen?«
Müller schaute hilfesuchend zu dem Journalisten. Jetzt hat er mich doch am Wickel, schien dieser Blick zu sagen. »Na ja.
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