Persilschein
Goldstein.
Sie signalisierte Zustimmung.
»Bitte gehen Sie zurück in Ihre Wohnung. Wir müssen in diesem Haus eine polizeiliche Aktion durchführen«, erklärte Goldstein leise. »Schließen Sie die Tür hinter sich und warten Sie. Ich komme später zu Ihnen. Haben Sie mich verstanden?«
Die Alte nickte mit vor Angst und Überraschung geweiteten Augen, verschwand aber wieder im Gebäudeinnern, den Griff des Eimers immer noch fest umklammernd.
Goldstein und seine Kollegen folgten ihr. Die Holzstufen knarrten, als die Ermittler in den ersten Stock huschten. Goldstein warf einen Blick auf das Türschild. Er hob den rechten Daumen, zog seine Dienstwaffe aus dem Holster und entsicherte sie. Dann gab er einem kräftigen Polizisten ein Zeichen und trat beiseite.
Der Uniformierte brachte sich in Position und hob seine Linke so, dass alle sie sehen konnten. Danach zählte er mit den Fingern ab: drei, zwei, eins.
Bei null nahm der Beamte Anlauf und warf seinen wuchtigen Körper gegen die Eingangstür. Mit einem Krachen sprang sie auf. Das Kommando stürmte in die Wohnung.
Goldstein rannte, unmittelbar gefolgt von Markowsky, zu dem Zimmer, in dem er Krönert vermutete. Er drückte die Tür auf. Und tatsächlich: Paul Krönert stand mit dem Rücken zu ihm am Fenster und war im Begriff hindurchzuklettern. Ein Bein hatte er bereits über die Brüstung geschoben. Mit einer Hand hielt er sich am Fensterrahmen fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»Halt! Polizei! Stehen bleiben!«, befahl der Kommissar. Für einen Moment sah es so aus, als ob Krönert der Aufforderung nicht folgen wollte. Dann besann er sich eines Besseren. Er zog das Bein zurück, drehte sich halb zu dem Hauptkommissar hin und ließ den Rahmen los. Schweiß perlte auf seiner Stirn, seine Gesichtszüge wirkten verkrampft. »Tja, das war es dann wohl«, meinte er mit gepresster Stimme.
Goldstein senkte die Schusswaffe. Es schien, als habe Krönert nur darauf gewartet. Mit seiner nicht sichtbaren Rechten zog er eine Pistole aus der Tasche, wirbelte blitzschnell nach links, riss den Schussarm hoch und feuerte noch aus der Drehung.
Noch ehe Goldstein reagieren konnte, fiel nur den Bruchteil einer Sekunde später ein zweiter Schuss.
Krönert stürzte gegen das Fenster, Glas klirrte. Die Waffe rutschte ihm aus den Fingern und polterte zu Boden. Langsam glitt Krönert tiefer, stürzte dann, ohne einen Laut von sich zu geben, nach vorne auf das Gesicht und blieb regungslos liegen.
Goldstein wandte sich mit bleichem Antlitz nach hinten. Dort stand Horst Markowsky in der Türöffnung, die Pistole immer noch auf Krönert gerichtet. »Ich habe dir doch geraten, den Kopf einzuziehen«, meinte der Kollege lapidar.
»Danke«, murmelte Goldstein. »Ich glaube, du hast mir das Leben gerettet.«
Zwei weitere Polizisten stürmten das Zimmer. Einer lief zu Krönert, beugte sich herunter und untersuchte, gesichert durch Markowsky, den Mann, der am Fußboden mittlerweile in einer Blutlache lag. Der Polizist erhob er sich wieder und schüttelte den Kopf. Erleichtert verstauten die Beamten ihre Dienstwaffen.
Goldstein nestelte nervös an seiner Zigarettenschachtel. Endlich brachte er es fertig, einen Glimmstängel herauszukramen und anzustecken. Er inhalierte tief und verließ den Raum.
Der Morgen graute bereits, als das Einsatzkommando zurück ins Präsidium fuhr. In der Wohnung Krönerts hatten sie zwar nicht die Schusswaffe gefunden, mit der das Attentat verübt worden war, aber einen Karton, der Interessantes enthielt. Anscheinend hatte Krönert vorgehabt, diese Indizien verschwinden zu lassen: einen Schlüssel, vermutlich für ein Bankschließfach, und einen Ausweis mit Krönerts Foto, aber mit den Personalien von Uwe Schmidt, dem Alias von Knut Lahmer. Erst der Fingerabdruck auf der Kassette, jetzt Schlüssel und Ausweis. Alles sprach dafür, dass Krönert das Schließfach leer geräumt hatte.
Dann fand sich ein Notizbuch, welches allerdings nur vier Ziffernfolgen enthielt. Telefonnummern? Goldstein würde sie am nächsten Tag überprüfen.
In einem Briefumschlag hatte Krönert größere Mengen Bargeld in der Pappschachtel deponiert – es handelte sich um etwa zehntausend Mark. Des Weiteren entdeckten die Ermittler in einem Schrank Zeitungsausschnitte über verschiedene lateinamerikanische Länder.
Aufschlussreich war die Aussage der alten Dame, die im Erdgeschoss wohnte. Krönert sei, sagte sie aus, sehr wortkarg gewesen. Auch Besuch habe er nur selten
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