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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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21. Oktober 1950
     
    Marianne Berger betrat das Central Café . Sie hatte sich mit Paul Krönert verabredet, um ihn zur Rede zu stellen, sie musste Gewissheit erlangen. War er wirklich derjenige, für den ihn Peter Goldstein hielt?
    Sie waren für sieben Uhr verabredet gewesen. Jetzt war es halb acht. Die Straßenbahn, mit der sie von Sodingen gekommen war, musste wegen einer blockierten Weiche einen außerplanmäßigen Halt einlegen. Sie hatte ihre Fahrt erst fortsetzen können, nachdem der Schaden am Gleis behoben war. Deshalb ihre Verspätung.
    Sie sah sich um. Ihr Verehrer war nicht zu sehen. Vermutlich hatte er angenommen, dass sie nicht mehr kommen würde und war bereits gegangen. Sie war enttäuscht, ein wenig länger hätte er schon auf sie warten können.
    Marianne Berger ging zurück zur zweiflügeligen Schwenktür, die das Café vom Treppenhaus trennte. Einer der Kellner folgte ihr und hielt die Tür auf. Sie dankte mit einem Nicken und trat hindurch.
    Aus der ersten Etage drangen Stimmen herab. Zwei Männer unterhielten sich – war nicht einer von ihnen Paul?
    Zögernd betrat sie die Treppe, die zum Tanzsaal im oberen Stockwerk und den Separees führte. Die Stimmen wurden leiser. Eine Tür schlug.
    Als Marianne Berger den ersten Stock erreicht hatte, war niemand zu sehen. Wo sich sonst an einem Samstagabend die Menschen drängten, war heute alles ruhig. Sie war allein. Heute fand keine Tanzveranstaltung statt, ein Schaden der Elektrik, hieß es auf Plakaten, die sie neben dem Eingang und im Treppenaufgang gesehen hatte. Und tatsächlich brannte im Flur auch die Deckenbeleuchtung nicht. Nur durch die schweren Gardinen eines großen Fensters an der Stirnseite fiel diffuses Licht. Das ganze Geschoss lag im Halbdunkel.
    Ihr schien, als ob weiter hinten eine Tür offen stand. War Paul in diesem Raum? Der dicke Teppich, mit dem der Gang ausgelegt war, dämpfte ihre Schritte.
    Marianne Berger hatte das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Sie kam sich wie ein Eindringling vor. Jemand, der die Stille störte. Eine seltsame Unruhe beschlich sie.
    Sie blieb einige Meter vor der Tür stehen. Wortfetzen waren zu vernehmen. Sie konnte nicht verstehen, um was es dort ging. Noch ein paar Schritte, dann wurden die Stimmen deutlicher. Ja, das war Paul.
    »Warum ich?«, fragte er.
    »Du hast es ja schließlich vermasselt.«
    Marianne Berger stand nun vor der Tür und wollte die Klinke greifen, anklopfen, eintreten. Dann zögerte sie. Plötzlich kamen Schritte aus dem Raum näher. Reflexartig drückten sie sich hinter das Türblatt an die Wand. Keine Sekunde zu spät, denn die Tür wurde weit aufgestoßen, fast bis an ihren Körper.
    »Und wie soll ich das anstellen? In einem Krankenhaus? Da sind jede Menge Zeugen.« Wieder Pauls Stimme.
    »Dein Problem. Bring die Sache zu Ende. Dieser Müller kennt Pauly. Vielleicht auch andere von uns. Das ist gefährlich.«
    »In welche Klinik haben sie ihn gebracht?«
    »Das weiß ich nicht. Saborski wird es mir sagen. Schließlich bekommt er Goldsteins Bericht.«
    »Und wenn nicht?«
    Der Fremde lachte auf. »Mach dir keine Sorgen. Der Chef hat Saborski in der Hand. Im Zweifel erinnern wir den Herrn Kriminalrat daran, womit er im Krieg sein Vermögen gemacht hat. Er wird reden, ganz sicher. Ansonsten werde ich mich darum kümmern, so viele Notfallkrankenhäuser haben wir ja nicht in Herne. Aber ich möchte nur sehr ungern dort anrufen. Jemand könnte sich später an mein Interesse erinnern.«
    »Und wann soll ich es tun?«
    Marianne Bergers Herz schlug bis zum Hals.
    »Anfang der Woche. Zurzeit liegt Müller im Koma und ist nicht vernehmungsfähig. Vielleicht segnet er ja auch das Zeitliche. Dann hättest du deinen Auftrag doch noch erfüllt. Nur wenn er redet …«
    Marianne Berger erstarrte. Von was sprachen die beiden da? Sie presste eine Handfläche auf den Mund, um sich nicht durch ihre heftigen Atemzüge zu verraten.
    Einige Sekunden herrschte Schweigen. Dann meldete sich wieder Paul zu Wort: »Bos will aber am Montag auf Tour. Er meint, das könne bis Freitag dauern.«
    »Vergiss Bos. Soll er sich um seine Fotoapparate und Goldkettchen selber kümmern. Ein kleiner Hehler und Hochstapler ist er, mehr nicht. Macht einen auf dicken Max und ist nur eine winzige Nummer. Du tust, was ich dir sage. Verstanden?«
    »Klar.« Paul klang eingeschüchtert.
    »Dann ist ja alles in Ordnung. Ach, was ich dich noch fragen wollte: Hat dich Goldstein erkannt?«
    »Ich glaube

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