Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
von Motiven und Zielen. Motive entwickeln sich – wir haben es gerade gehört – unbewusst oder zumindest sind sie in ihrer primären Entstehung nicht erinnerungsfähig. Ziele dagegen entwickeln sich bewusst oder werden uns bewusst vermittelt. Es kann nun zwischen Motiven und Zielen kleinere oder größere Diskrepanzen geben, die unterschiedliche Ursachen haben können. Nehmen wir an, ich bin recht intelligent und begabt, von meinen Genen her eher ein ruhiger, ja in mich gekehrter Typ, und ich habe als Säugling und Kleinkind eine eher problematische Bindungserfahrung mit meiner leicht depressiven Mutter erlebt. Ich bin deshalb eher verschlossen und kontaktscheu und habe trotz meiner Intelligenz und meinen Begabungen ein geringes Zutrauen zu mir selbst und meinen Fähigkeiten. Dies ist die Kernpersönlichkeit , die auf der unteren und mittleren limbischen Ebene angesiedelt ist. Ich erlebe aber als Schulkind und Jugendlicher, dass meine Lehrer oder sonstige Erwachsene auf meine Intelligenz und meine Begabungen aufmerksam werden und mich nach Kräften fördern. Dies tun sie (für mich glücklicherweise!) entgegen meiner Kernpersönlichkeit. Ich mache erfolgreich mein Abitur, absolviere ebenso erfolgreich mein Studium und ergreife wiederum erfolgreich einen bestimmten Beruf. Ich werde aber trotz all dieser Erfolge erheblich unter der Nähe von Menschen leiden, auch wenn diese das Beste für mich wollen. Ich werde große Angst vor Vorträgen und öffentlichen Auftritten haben, ich werde wichtige Entscheidungen, die von mir besonderen Einsatz verlangen, so lange wie möglich hinausschieben, ich werde jeden Karriereschritt nur unwillig tun usw. Ich bin irgendwie unzufrieden mit meinem Leben.
Das Gegenteil kann auch passieren: Ich bin von meinem Temperament her extravertiert, risikofreudig, neugierig, und habe eine positive Bindungserfahrung und frühkindliche Sozialisation erfahren. Danach gerate ich aber in die üblichen Ausbildungs- und Berufszwänge, die von mir verlangen, zurückhaltend, vorsichtig, risikovermeidend zu sein. Gerade wenn ich später einen verantwortungsvollen Posten innehabe, wird mir diese Tätigkeit zur Qual werden, weil alles zu langsam, zu unkreativ geht, weil ich die Möglichkeiten, die in mir stecken, nicht ausleben kann usw. Ich werde ebenfalls unzufrieden mit meinem Leben sein.
In beiden Fällen gibt es eine Inkongruenz zwischen meinen unbewussten personalen Motiven und meinen bewussten Zielen. Von dieser Inkongruenz merke ich eventuell gar nichts, außer dass ich unzufrieden mit meinem Leben bin. Mir geht es schlecht, ich werde krank, ohne dass die Ärzte irgendetwas Ernsthaftes finden (was die Sache nur noch schlimmer macht), ich gehe zu anderen Ärzten, die auch nichts finden, ich werde depressiv bis hin zu Selbstmordgedanken. Aus all dem folgt, dass ein Leben nur dann subjektiv befriedigend verläuft, wenn meine bewussten Ziele motiv-kongruent sind, wenn ich also das bewusst und aus vollem Herzen tun kann, was mein unbewusstes Selbst, meine unbewusste Persönlichkeit auch will, und umgekehrt.
Kongruenz von Motiven und Zielen ist die Voraussetzung für das, was der kanadisch-amerikanische Psychologe Bandura Selbstwirksamkeit genannt hat, nämlich die subjektive Einschätzung, dass die Verwirklichung von Zielen durch das eigene Verhalten beeinflusst werden kann (Bandura, 1997). Selbstwirksame Menschen zeigen Persistenz , d. h. eine Hartnäckigkeit bei der Verfolgung von Zielen. Das Gegenteil sind die Vermeider : Sie sehen Hindernisse nicht als Herausforderung, sondern als Bedrohung und Gefahr eines Scheiterns an. Persistenz ist aber nicht die einzige Voraussetzung für Selbstwirksamkeit, die andere ist Realitätsorientierung . Man kann nämlich sehr hartnäckig ein bestimmtes Ziel verfolgen, ohne zu sehen, dass man dieses Ziel nie erreichen wird oder dass dieses Ziel gar nicht so lohnend ist, wie es schien. Realitätsorientierung bedeutet, abschätzen zu können, welcher Aufwand sich für welches Ziel lohnt.
Es kommt also bei der Motivation immer auf die Kongruenz der unbewussten Motive und der bewussten Ziele an, dann sind wir zufrieden und leistungsfähig. Wir machen dann (neben der Liebe) die wichtigste Erfahrung in unserem Leben, nämlich dass das Verfolgen selbstbestimmter Ziele , das Meistern einer Herausforderung, eine Belohnung in sich trägt und keine Belohnung von außen nötig hat.
Merksätze zur Belohnung
ERSTER MERKSATZ:
Die Art der Belohnung muss an die individuelle
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