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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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jener Gelegenheit »ein anderer Mensch« geworden sind. Meist stimmt dies aber nicht mit der Einschätzung dieser Personen durch andere überein.
    Eine Ausnahme bilden allerdings die Fälle, in denen eine neue Partnerbeziehung eingegangen wurde. Natürlich muss man hier die anfängliche Phase der Verliebtheit ausklammern, in der man sich völlig verwandelt fühlt und manchmal tatsächlich Dinge tut, die man zuvor niemals getan hätte. Das aber legt sich schnell. Vielmehr geht es darum, dass man einen langsamen und schwierigen Anpassungsprozess der Gefühle, Motive, Ziele und Gewohnheiten vollzieht, der im Grunde nichts anderes ist als eine wechselseitige instrumentelle Konditionierung mit Bestrafung, Vermeidungslernen, Belohnungsentzug und (hoffentlich) Belohnungen verschiedenster Art. Hinzu kommt oft der Wille, es »diesmal besser zu machen«, der von starken Erinnerungen an frühere gescheiterte Partnerbeziehungen angetrieben wird.
    Menschen können sich unter derartigen Bedingungen durchaus ändern, aber die häufige Tatsache des Scheiterns solcher Vorgänge oder der Rückzug in die Resignation zeigt uns, dass es sich hier in der Regel ebenfalls um begrenzte Veränderbarkeit in höchst individuellem Ausmaß handelt. Die Lebensweisheit sagt uns, dass zwei Menschen von ihrer Persönlichkeit her schon vorher zueinander passen müssen, damit sie eine längerfristige harmonische Beziehung zueinander haben können, und dass die Möglichkeit, den anderen den eigenen Vorstellungen gemäß langfristig zu ändern, sehr begrenzt ist. Nach dem ersten Rausch der Gefühle, während dessen man sich besondere Mühe gibt, kehrt man in diejenigen Bahnen zurück, die einem die eigene Persönlichkeit vorschreibt. Diese Bahnen können allerdings weit oder eng gezogen sein, und entsprechend passt man sich dem Partner in einigen Dingen an, oder man tut es nicht, weil man es nicht kann. Der Partner kann beim anderen bisher schlummernde Veränderungsmöglichkeiten realisieren helfen, aber wirklich ändern kann er den anderen nicht.

Selbstmotivation
     
    Selbstmotivation ist dasjenige, was bleibt, wenn man von Erweckungs- und Erleuchtungserlebnissen, stark emotionalisierenden oder traumatisierenden Ereignissen und einer neuen, fordernden Partnerbeziehung absieht (all dies klappt ja nicht mit Sicherheit, wie wir gehört haben). Selbstmotivation ist nötig, wenn ich keinen Spaß mehr an meiner Tätigkeit habe, wenn ich den Sinn dieser Arbeit nicht mehr einsehe, wenn ich glaube, »das alles« nicht mehr zu schaffen.
    Hierbei erleben wir deutlich, dass wir in der Tat aus unterschiedlichen motivationalen Ebenen bestehen. Auf der einen Seite will ich etwas fertig bringen, zum Beispiel ein Buch zu Ende schreiben, aber es zieht sich hin, ich kann mich nicht konzentrieren, mir fehlt die nötige Ruhe, ich zweifle, um beim Beispiel zu bleiben, daran, dass es ein gutes Buch wird oder dass sich ein größerer Leserkreis dafür interessieren wird – oder dass es überhaupt sinnvoll ist, über dieses Thema zu schreiben (entweder weil es schon viele solcher Bücher gibt, oder weil es gar nichts Besonderes dazu zu sagen gibt). Meine beiden Bewusstseinsebenen sagen mir: »Streng dich an, du schaffst das schon!«, aber meine unbewussten limbischen Ebenen fürchten den Misserfolg, die Niederlage und üben sich in Vermeidungsverhalten. Dasselbe gilt für das Dasein als älterer Lehrer in einer durchschnittlichen deutschen Schule oder als Abteilungsleiter in einem Betrieb, in dem es mehr schlecht als recht läuft oder in dem das Betriebsklima miserabel ist.
    Der erste Schritt zur Selbstveränderung ist die Frage: Welche Alternativen habe ich? Konkret: Was passiert, wenn ich das Buch nicht fertig schreibe? Wird das überhaupt jemanden interessieren? Kann ich meinen Lehrerjob an den Nagel hängen? Wenn ja, mit welchen Risiken? Habe ich als Abteilungsleiter anderswo eine Chance? Sollte ich mich innerhalb meines Betriebs verändern? Das Gespräch mit meinem Chef suchen? Habe ich tatsächlich Alternativen, so muss ich mich eventuell zu solchen Schritten durchringen. Ob und wie ich das tue, hängt natürlich vornehmlich von meinem Temperament und meiner Persönlichkeitsstruktur ab. Wenn ich entmutigt bin, bin ich es meist auch in Bezug auf die Veränderung. Ich sitze dann in der Falle zwischen der Notwendigkeit zur Veränderung und der Furcht vor Veränderungen.
    Wenn ich diese Alternativen jeweils nicht habe und die äußeren Umstände nicht ändern kann, dann

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