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Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Probst
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Auf was willst du raus, Abaddon? Wir reden hier über Cobain.
    Abaddon
: Okay, ich weiß nicht, ob der Junge bekennender Neonazi war, aber spätestens durch seinen Suizid ist er meiner Meinung nach einer geworden.
    Henriette
: Das ist doch Scheiße! Novalis, greif doch mal ein!
    Aber Novalis dachte nicht daran.
    Abaddon
: Dieser Suizid war nämlich das Gegenteil einer Kurzschlusshandlung. Er hat sich über Monate angebahnt und war minutiös geplant. Zuletzt hat Sass minutenlang hinter einem Stützpfeiler gewartet, bis der Zug kommt. Er hat genau gewusst, was er tut, und sogar, wer die Lok fährt. Er hat diesen Unschuldigen zum Töten gezwungen und ist damit zum Mörder an dessen Seele geworden. Er war kein bisschen besser als jeder Scheiß Nazi. Und wenn ihr ihn hier glorifiziert, seid ihr nicht viel besser als er.
    Eine Weile passierte gar nichts. Die Community war verstummt. Als Henriette sich als Erste wieder zu Wort meldete, schaltete Novalis den Monitor aus.
    Er musste in Ruhe nachdenken. Eigentlich sprach nichts dafür, dass sich hinter diesem Abaddon Amok versteckte. Sein Stil war völlig anders und er hatte sich offenbar nur angemeldet, um seiner Wut über die Selbstmörder im Allgemeinen und Cobain im Besonderen Luft zu verschaffen.
    Aber es gab da etwas, das Novalis irritierte. Woher wusste Abaddon, dass Matthias sich hinter einem Stützpfeiler versteckt hatte und die Identität des Lokführers kannte?
    Novalis griff zum Handy, um Schwarz anzurufen. – Mailbox. Er legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.

31.
    Anton Schwarz hatte das Klingeln gehört, aber sein Fahrrad war beim Versuch, es gegen den Gartenzaun von Luisas Haus zu lehnen, umgefallen. Als er sich bückte, war ihm das Handy aus der Brusttasche gerutscht und ein Stück über den Asphalt geschlittert. Der letzte Klingelton war verstummt, als er es aufhob. Wird schon nicht so wichtig gewesen sein, dachte Schwarz.
    »Papa, du bist ja betrunken.« Luisa umarmte ihn kichernd.
    Er schüttelte entschieden den Kopf, realisierte bei dieser Bewegung aber, dass an ihrer Feststellung womöglich etwas dran war. »Du kannst mir ja einen deiner Tees machen, dann bin ich gleich wieder nüchtern. Nimm doch den, der nach Kuhmist riecht.«
    »Ich habe Champagner aufs Eis gelegt.«
    Wieso Champagner, dachte Schwarz irritiert, während erseiner Tochter durch hohes Gras zu einer alten Hollywoodschaukel folgte. »Wie findest du die? Hat Gregory organisiert.«
    Schwarz nickte anerkennend, obwohl ihm wegen der psychedelischen Farben die Augen tränten. Er verzichtete auch darauf, sich zu erkundigen, ob Gregory ein neues W G-Mit glied oder Luisas aktueller Freund war.
    »Ich hole nur schnell das Zitronensorbet.«
    Champagner, Sorbet, dachte Schwarz, ist das die Henkersmahlzeit? Er ließ sich in die Schaukel fallen und entschied rasch, dass dies kein geeignetes Möbel für seinen aktuellen Zustand war. Kaum war er auf einen windschiefen Stuhl gewechselt, kehrte seine Tochter strahlend mit einem Tablett zurück.
    Er hasste Sekt, auch wenn er Champagner genannt wurde. Aber als ehemaliger Verhörprofi wusste er, wie wichtig ein angenehmes Gesprächsklima war. Nur deshalb nippte er brav an der Flöte und löffelte das klebrige, in Wodka schwimmende Eis.
    »Du machst dir so viel Mühe, Luisa«, sagte er.
    Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln. »Ich habe oft ein schlechtes Gewissen gehabt, Papa.«
    Er blickte von seinem Eisschälchen auf. Was für ein cleverer Einstieg in eine Generalabrechnung.
    »Sicher hättest du es lieber gesehen, wenn ich in den letzten Jahren versucht hätte, Mama und dich wieder zusammenzubringen.«
    Stimmt, er hatte sich sogar gefragt, ob Luisa überhaupt seine Tochter war. Andere Kinder lagen bei Ehekrisen vor ihren Eltern auf den Knien und flehten, dass sie sich wieder versöhnten.
    »Stattdessen habe ich dich immer wieder mal aufgefordert, endlich für klare Verhältnisse zu sorgen.«
    Aber das, was du Mama jetzt angetan hast, hätte ich nie von dir erwartet,
nahm Schwarz in Gedanken ihren nächsten Satz vorweg.
    »Aber das«, sagte seine Tochter, »hätte ich nie von dir erwartet.«
    Er holte tief Luft. »Luisa, ich bin jetzt fünfzig.«
    »Eben. In diesem Alter wird bekanntlich das Testosteron weniger und der Mann konservativ. Er erträgt, egal wie unglücklich er mit seinem Leben ist, lieber alles, um sich nicht auf etwas Neues einstellen zu müssen.«
    Verdammt, ich verstehe sie nicht, dachte Schwarz, ich bin zu betrunken. Jetzt umarmte

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