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Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Probst
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harmlos.«
    »Zu harmlos?«
    »Ja, er wollte Engler anders fertigmachen. ›Wir quälen ihn besser ganz langsam zu Tode‹, hat er gesagt.«
    »Klingt ziemlich durchgeknallt.«
    »Das ist der auch. Total. Wir haben echt Schiss bekommen.«
    »Wie hat er reagiert, als ihr ausgestiegen seid?«
    »Er hat gesagt, er sprengt uns die Eier weg, wenn wir was ausplaudern.«
    »Das habt ihr gerade.«
    »Schon klar, aber der findet uns nicht. Wir haben keine Adresse von ihm und er keine von uns.«
    »An die Gleise gehen wir nicht mehr, und mein Handy, auf dem er immer angerufen hat, ist mir leider geklaut worden.«
    »Die Kameraden   …«, sagte Patrick.
    »Kollegen«, korrigierte sein Bruder ihn wieder.
    »Ja. Die sehen wir auch nicht mehr. Weil wir nämlich ganz von der Politik weg sind.«
    »Aha. Und was macht ihr jetzt?«
    »Kampfsport.«
    »Da bin ich ja erleichtert«, sagte Schwarz.
     
    Der Geistesblitz kam ihm, als er im Baustellenstau des Richard-Strauss-Rings das Gespräch noch einmal Stück für Stück rekapitulierte. Er war an der Stelle angelangt, wo Marco Klaus Engler als Kommunistenschwein bezeichnet hatte.
    Da war ja schon der Vater ein Roter
.
    Er stutzte. Bisher war er davon ausgegangen, dass Amok Klaus Engler nur wegen des Artikels in der ›Süddeutschen‹ bei dessen Vater aufstöbern konnte. Doch jetzt drängte sich ihm plötzlich der Gedanke auf, dass es vielleicht eine persönliche Beziehung zwischen Amok und den Englers gab.
    Schwarz rief sofort Kolbinger an. »Ich habe gerade mit den Woltermann-Brüdern gesprochen. An deiner Stelle würde ich sie weiter im Auge behalten, falls es mit dem Kampfsport doch nicht so klappt.«
    »Verstehe. Noch was?«
    »Ja. Kannst du für mich überprüfen, ob Klaus Engler irgendwelche Einträge hat?«
    »Vorstrafen?«
    »Vorstrafen, Anzeigen, alles.«
    »Mache ich. Nur nicht gleich. Wir haben Lagebesprechung und dann hat mich der Präsident zum Essen eingeladen.«
    »Kolbinger, der Präsident. Ist das wahr?«
    Der Ex-Kollege überhörte die Ironie und gab sich bescheiden. »Das ist so üblich nach einer Beförderung, Anton. Nichts Besonderes.«
    »Trotzdem guten Appetit. Ich warte auf deinen Anruf.«

33.
    »Ich bin wieder da«, sagte seine Mutter.
    Schwarz erhob sich von seinem Deckchair, in dem er es sich gerade für einen Fünfminutenschlaf bequem gemacht hatte. »Du hast mir fast ein bisschen gefehlt, Mama.« Er wollte sie umarmen, aber sie ließ es nicht zu und holte stattdessen mit finsterer Miene einen Laib Bauernbrot, die obligatorische Eierlikörflasche und einige Gläser selbstgemachter Marmelade aus ihrer Tasche.
    »Was ist denn passiert?«
    »Nichts, das ist es ja.« Sie streifte die Schuhe von den Füßen und ließ sich in ihren Polstersessel sinken. »Warum ist immer alles so kompliziert, Tonele?«
    »Was denn?«
    »Ach, vergiss es.«
    Schwarz zuckte die Achseln und roch an der Marmelade.
    »Marille«, knurrte sie.
    »Aprikose?«
    »Sag ich doch.«
    Er griff zu dem frischen Brot und setzte das Messer an.
    »Immer vom Körper weg schneiden.«
    »Mama, bitte.«
    »Ja, ist ja gut.« Sie starrte wütend durch das Fenster auf die Landsberger Straße. »Die Autos werden auch immer kleiner. Lächerlich.«
    Schwarz musste lachen. So übellaunig hatte er sie selten erlebt. Er machte aber nicht den Fehler, noch einmal nach dem Grund zu fragen. Seine Mutter würde ihren Ärger bald selbst loswerden wollen.
    Das Marmeladenbrot schmeckte köstlich. Schwarz fiel ein, wie seine Mutter einmal mit einer Schubkarre voller Aprikosen heimgekommen war. Er war damals höchstens zehn gewesen. Sie hatten die Früchte stundenlang entkernen müssen, bevor sie eingekocht werden konnten, aber den intensiven Geruch hatte er nie mehr vergessen.
    »Das Problem ist das Haus«, sagte seine Mutter unvermittelt.
    »Ist die Nachbarin nicht mehr interessiert?«
    »Doch, die ist ganz wild drauf, es zu kaufen.«
    »Aber?«
    Sie seufzte tief. »Wir haben damals ein bisschen gemauschelt.«
    »Gemauschelt?«
    »Na ja, nachdem die katholische Kirche das Lagergelände gekauft hatte, wollte sie die verbliebenen Juden natürlich so schnell wie möglich loswerden. Immerhin haben wir ihrenHeiland umgebracht. Die Häuschen durften nur von anständigen christlichen Flüchtlingen erworben werden, keinesfalls von K Z-Überlebenden .«
    »Und damit wäre dein ganzer Schwindel aufgeflogen?«
    Sie nickte. »Aber dem Hermann aus Tachau war es zum Glück egal, ob ich eine Jüdin oder eine Christin bin. Er hat das

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