Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Strout, sein Leibdiener und der deutsche Gast waren abwesend, sonst hätte die Zahl fünfzehn erreicht.
Die meisten Räume waren leer oder die Möbel in ihnen mit Staub bedeckt, wurden also nicht oder sehr wenig genutzt. Der Navigator schloss die Augen und zog die Luft langsam und tief durch seine Nase. Ein Hauch von Weihrauch und Myrrhe … er folgte dem Geruch, der ihn leitete. Wo edle Kräuter zum Räuchern benutzt werden, liegen meist auch die Wohnräume. Eine geschnitzte Tür versperrte das Weiterkommen. Hinter ihr lag die Quelle des Duftes. Der Navigator griff in die unergründlichen Tiefen seiner Kleidung und brachte einen Sperrhaken zum Vorschein, ein einfaches Stück dicken Drahtes, vorn umgebogen. Das Schloss der Tür war lächerlich einfach, und eine Minute später stand der Navigator im Studierzimmer des Holländers. Die Nachmittagssonne fiel durch die Fenster und gab dem Ganzen mit einem goldenen Licht ein fast unwirkliches Aussehen. In dem Raum gab es Hunderte oder sogar Tausende von Verstecken, die der Holländer nutzen konnte. Wo konnte er die Drachenartefakte verborgen haben?
Der Navigator schloss die Augen. Es war wenig wahrscheinlich, dass der Holländer alle Teile einzeln verwahrte. Er würde sie zusammen in einem Versteck verwahrt haben und das gab dem Navigator die Möglichkeit, sie finden zu können. Wieder begann er zu riechen, nach einem Geruch zu fahnden. Er suchte einen ganz bestimmten Geruch, der wohl nur schwach, aber unverkennbar sein würde, einen Gestank, dünn und zugleich ekelhaft wie sonst nichts auf dieser und allen anderen Welten. Er suchte nach dem Gestank von Drachenblut. Eines der Artefakte war ein Zahn, doch der wurde abgesägt, das Zweite aber war eine Klaue, die dem Drachen mit einem Schwert abgeschlagen worden war. Und an ihr haftete noch immer der Gestank des Dracheblutes. Der Navigator wünschte sich, er hätte nie diesen Gestank in der Nase gehabt! Aber jetzt konnte er ihm weiterhelfen!
Da! Der Navigator drehte sich zur Seite, den Regalen zu. Der Gestank wurde intensiver. Weiter an den Büchern entlang, weiter unten, noch tiefer …
Der blasse Mann kniete sich hin und musste unwillkürlich lachen. Der Holländer hatte Humor! Die Drachenartefakte lagen in einer Pappschachtel unter einem Regal. Der Navigator hatte fest mit einem gesicherten und verschlossenen Versteck gerechnet. Ohne seinen Geruchssinn hätte er das Versteck nie gefunden, denn dort hätte er wohl kaum gesucht.
Der Geruch sagte ihm, dass die Klaue in dem Pappkasten lag und somit sicher auch die anderen Artefakte. Doch sicher konnte er erst sein, wenn er sie sah, sie in den Händen hielt. Er hob den Deckel ab, und erleichtert seufzte er auf. Da war das Drachenherz! Er schloss seine Finger um das silberne Röhrchen und Erleichterung überschwemmte ihn. Sofort rief er sich zur Ordnung. Noch hatte er nicht gewonnen, erst musste er hiermit aus der Burg kommen und dann den richtigen Zeitpunkt abwarten. Aber das war nun kein Wunschdenken mehr, es war greifbare Realität geworden.
Der Navigator ließ das Röhrchen in den Weiten seiner Kleidung verschwinden und machte sich auf den Rückweg. Er hatte vor, so ungesehen zu gehen, wie er gekommen war. Niemand war zu Schaden gekommen und die beiden Vampirjäger würden mit der Enttäuschung schon fertig werden.
Die Nachmittagssonne stand nun tief am Himmel, bald würde die Dunkelheit einsetzen. Der Navigator nahm an, dass die beiden Herren um diese Zeit von ihrer Täuschungsfahrt zurückkehren würden, und wollte die Burg dann schon wieder verlassen haben. Er eilte durch die Gänge zurück zur Treppe und hinunter in die Verliese. Unten musste er nur noch in den Brunnenschacht und über den Seegrund zurückgehen und er hätte es geschafft!
Masud brummte der Schädel und der Geschmack nach Erbrochenem lag schwer auf seiner Zunge. Sein rebellierender Magen hatte ihn geweckt und er hatte dessen Inhalt in hohem Bogen von sich gegeben. Ihm war kotzübel und immer wieder würgte ihn der Brechreiz. Es half nichts: Wenn er nicht in dem Gestank des Erbrochenen seinen restlichen Rausch ausschlafen wollte, musste er das Malheur erst entfernen. Also schleppte er sich mit pochendem Schädel in den Nebenraum, Eimer und Lappen zu holen. Die bewahrte er mit den anderen Putzmitteln und dem Maschinenfett zusammen auf. Beim Aufwischen wurde ihm gleich noch einmal übel und er entleerte auch den Rest seines Magens in den Eimer. Er hätte nicht so viel essen sollen!
Dann schleppte
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