Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
hatte glattes schwarzes Haar gehabt.
Ein Schauer durchzuckte mich. Hatte das Auge mich angestarrt? Ich richtete mich abrupt auf und sprang aus den blutigen Trümmern heraus. Unsinn, schalt ich mich, du Narr! Was so zerquetscht, zerdrückt, aufgeplatzt und zerfetzt wurde, das schaut nicht mehr. Ein Reflex, vielleicht, wenn da überhaupt etwas war und nicht nur das Licht der Fackel dich täuschte!
Ich wickelte die Hand mit dem Ring in ein Stück Tuch aus den Räumen des Jungen. Van Strout stand noch immer mit hängenden Armen da. Was hätte ich sagen sollen? Was hätte ich sagen können!
Ich legte die Hand auf die Mauer, die den Gang begrenzte, und legte Van Strout meine Hand auf die Schulter.
„Lasst uns diesen furchtbaren Ort verlassen, lieber Freund! Ihr tragt keine Schuld! Die Technik hat versagt!“ Der Holländer sah mich traurig an.
„Ich danke für den Versuch, Freiherr, aber ich weiß nur zu genau, auf wessen Konto der Tod des Jungen verbucht werden muss! Ich weiß es!“
Van Strout ließ sich von mir in sein Studierzimmer bringen, wo die Dienerschaft schon den Kamin befeuert hatte. Der Holländer hockte lange zusammengesunken da und starrte vor sich hin, bevor er zu sprechen begann.
„Masud, mein Junge, wie oft hast du mir gesagt, der Druck wäre zu stark! Aber ich war stur und habe dir nicht richtig zugehört. Ich wollte nur mehr Kraft! Ich wollte die stärkste Falle, die es je gegeben hatte! Und du musstest den Preis zahlen …! Warum du? Mich hätte es treffen müssen, mich …“
Er hatte sicher nicht unrecht, doch half ihm das nicht weiter. Wie alle Menschen, die versuchen, einem anderen beizustehen, der einen solchen Verlust erlitten hatte, musste auch ich einsehen, dass es nichts gab, das Trost hätte sein können, das man sagen konnte.
„Immerhin, der Vampir ist vernichtet! Dieser Teil war ein Erfolg!“ Ich ging zu dem Regal unter das Van Strout die Drachenartefakte geschoben hatte. Vielleicht würde ihn das etwas ablenken. Rätsel haben ihre eigene Magie.
Ich zog den Pappkarton hervor und brachte ihn zum Tisch. Hatte ich den Deckel nicht anders auf den Kasten gesetzt? Ich hob den Deckel ab und mir wurde heiß und kalt zugleich. Der Silberstab war fort!
Der Vampir musste ihn genommen haben, was bedeutete, dass er hier gewesen sein musste. Er hatte es also an der Falle vorbeigeschafft, ohne diese auszulösen, hatte den Silberstab gefunden und entwendet. Die anderen Teile hatte er liegen lassen. Sie schienen für ihn ohne Wert zu sein. Warum aber war er auf dem Rückweg in die Falle gegangen? Ich überlegte, was ich mit den vorhandenen Beweisen und Annahmen für eine Szene konstruieren konnte, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Natürlich! Der Junge musste den Vampir auf dem Rückweg erwischt haben und ihn in die Falle gezogen haben!
Ich beschloss, ein kleines Schauspiel aufzuführen. Ich tat erschrocken und zeigte Van Strout den Kasten, in dem der Silberstab fehlte.
„Verdammt! Der Vampir muss hier gewesen sein! Der Stab wurde gestohlen! Aber …“ Ich spielte den Nachdenklichen und fuhr nach einem Moment fort: „Dann war er auf dem Rückweg, als er in die Falle ging … doch halt! Wenn er auf dem Hinweg nicht hineingegangen war, weshalb dann auf dem Rückweg, da ihm die Falle doch bekannt war? Und der Junge mit ihm? Das lässt nur einen Schluss zu: Der Junge hat den Vampir in die Falle befördert und starb als Märtyrer! Er starb, um den Tod des Vampirs wahr werden zu lassen!“
Van Strout starrte mich an wie einen Geist.
„Der dumme Junge …“, sagte der Holländer und dann kam schlagartig wieder Leben in seinen Blick. „Der Stab!“
„Nun, da er nicht hier ist, nehme ich an, dass der Vampir ihn …“
„Ja, natürlich, ich glaube Euch!“, unterbrach der Holländer mich. „Ich denke, Ihr habt Recht, er hat den Silberstab geholt. Und das bedeutet, dass der Stab unten in den Trümmern der Maschine liegt. Möglicherweise wurde er auch vernichtet! Ihr habt gesehen, was die Falle angerichtet hat!“
Richtig. Wenn meine Annahme der Wahrheit entsprach, müsste der Silberstab oder seine Überbleibsel sich in den Trümmern befinden! Ich hielt es nicht für eine gute Idee, dass der Holländer sich dem Anblick noch einmal aussetzte. Selbst ich empfand es als abscheulich, doch es musste sein und ich hatte schon Schlimmeres gesehen. Was war das Blut von zwei Leichen gegen das Grauen, das der Anblick von hundert Männern bietet, in deren Mitte eine Kartätsche explodiert
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