Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
lautem Platschen im Wasser landete. Die Weide war halb über den Schacht gestürzt, und so nutzte der Navigator diesen Umstand. Er schlang ein Seil, welches unter seinem Umhang verborgen gewesen war, um den liegenden Stamm und warf das Ende in den dunklen Schacht hinunter.
Die Steine klapperten in seiner Tasche, als er sich über den Rand schwang und sich in die Dunkelheit hinabließ. Er brauchte kein Licht. Seine Augen zeigten auch bei völliger Dunkelheit ein gutes Bild, nur war es ohne andere Farben als Rot. Alles war rot, rot auf schwarzem Grund, wie Gemälde aus Blut.
Der Schacht endete an einer Wasserfläche. Der Navigator konnte erkennen, dass das Wasser strömte, aber nicht mit hoher Geschwindigkeit. Er glitt ins Wasser. Die Oberfläche schlug über ihm zusammen und er hörte auf zu atmen. Nach ein paar Fuß spürte er den Grund unter den Sohlen. Der Weg vor ihm war frei. Er musste nicht atmen, noch lange nicht. Es ging sogar ganz ohne, aber das war eine Erfahrung die er, einmal gemacht, nicht wiederholen wollte.
Das Gewicht der Steine in seinen Taschen hielt ihn auf dem Grund, und der Navigator schob sich vorwärts in Richtung der Burgmauer. Genau gegenüber der Einmündung des Kanals in den See befand sich ein Durchbruch in der Mauer der Burg, der in früheren Zeiten den Bewohnern der Burg im Belagerungsfall den Zugang zum Trinkwasser des Sees gewährleistete. Der Durchlass lag gut zehn Fuß tief unter Wasser und war nicht sehr breit, doch war der Navigator sicher, dass es ihm gelingen würde, dort Einlass zu finden.
Der Boden des Sees war kniehoch mit Schlamm bedeckt, der ihm das Vorwärtskommen erschwerte, aber endlich stand er vor der Burgmauer. Nun musste er den Durchlass finden. Das rot-schwarze Bild machte die Wahrnehmung zwar möglich, aber nicht eben einfach. Dort oben links nahm er einen Schatten wahr und er entfernte ein paar Steine aus den Taschen seines Umhanges und stieß sich vom Grund ab. Ja, das war der Durchlass! Er wurde von zwei unterarmdicken Eisenstangen gesichert, denen der Rost noch kaum etwas hatte anhaben können. Der Navigator lächelte. Er griff mit den Händen die Stangen, stemmte die Füße gegen die Mauer links und rechts des Einlasses und zog. Es sah fast spielerisch aus, wie die Stangen sich samt ihrer Ankersteine aus der Mauer lösten. Der Navigator vollführte unter Wasser eine Art Überschlag und schob sich in einer eleganten, fließenden Bewegung in den Schacht.
Es war eng. Seiner Schultern schabten an den Seitenwänden entlang und er war ein schmaler Mann. Ein breitschultriger Mensch wäre hier nie durchgekommen, geschweige mit Bewaffnung.
Über sich sah der Navigator die Wasseroberfläche. Es schien dunkel zu sein, doch trotzdem hob er nur sehr behutsam den Kopf aus dem Wasser, darauf bedacht, keinen auch noch so leisen Laut zu machen.
Der Schacht endete in einem Becken am Grunde einer Senke. Treppen liefen an drei Seiten um das Becken herum und gingen in einen leeren Raum über. An der Stirnseite verschloss eine niedrige Tür den Durchgang.
Der Navigator stieg aus dem Becken und blieb einen Moment stehen, bis das Wasser von ihm abgeflossen war. Dann zog er sich aus und schüttete die Reste des Sees aus seinen Stiefeln und Taschen. Er entfernte die restlichen Steine, die ihm als Ballast gedient hatten, und legte sie auf die zweite Stufe der Treppe. Vielleicht würde er sie für den Rückweg brauchen.
Nachdem er in die ausgewrungenen, aber immer noch nassen Sachen gestiegen war, untersuchte er die Tür. Sie war nicht verschlossen, nicht gesichert und löste auch keine Vorrichtung aus. Der Navigator stand in einem niedrigen Gang. Gerade eben so vermochte er aufrecht zu stehen, ohne sich den Kopf zu stoßen.
War da Licht am Ende des Tunnels? Ein heller Schein, der unter einer Tür durchfiel? Langsam schob er sich weiter. Das nasse Leder seiner Bekleidung quietschte bei jedem Schritt. Ein kaum wahrnehmbares Geräusch, selbst für seine Ohren, ließ ihn sich etwas entspannen. Das Geräusch war tiefes, lautes Schnarchen, gedämpft durch eine dicke Eichentür. Diese war nicht abgeschlossen und ein prüfender Blick zeigte dem Navigator, dass der einsame Betrunkene dort drin keine Gefahr darstellte. Einen kurzen Moment lang erwog er, ob er den Mann zur Sicherheit töten sollte, aber es widerstrebte ihm, ohne Notwendigkeit zu töten. Der Mann war sturzbetrunken, das konnte man riechen und hören. Er würde in den nächsten Stunden kaum etwas anderes tun als
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