Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
danach.
„Benötigt Ihr Geld?“, fragte der Vampir und klopfte auf eine umgeschnallte Geldkatze, die er bei dem Holländer gefunden und mitgenommen hatte.
„Das wird nicht nötig sein“, lehnte der Freiherr ab. „Ich denke, dafür werden meine Mittel mehr als ausreichen. Doch auf der Insel mag uns Eure Weitsicht noch von Nutzen sein!“
Von Steinborn deutete eine Verbeugung an und kletterte dann zurück auf den Kutschbock, um die Kutsche und die Pferde gewinnbringend zu verkaufen. Sie würden sie nicht mehr benötigen.
Georgios zog Rebekka mit sich in die warme Gaststube, die der Freiherr ihnen empfohlen hatte, und kurz darauf saßen sie neben einem prasselnden Feuer. Georgios bestellte ein Bier für Rebekka und einen Port für sich selbst. Er liebte das volle, süße Aroma des schweren Weines mehr als das zungenprickelnde Bier.
Rebekka schwieg beharrlich, und wenn der Vampir sie etwas fragte oder gar eine Konversation zu beginnen versuchte, waren ihre Antworten knapp und kühl und sie vermied es, den Faden aufzunehmen und das Gespräch fortzuführen, obwohl etwas in ihr sie geradezu drängte, zu sprechen. So erstarrte jeder Ansatz zu einer Unterhaltung sofort im Keime. Georgios konnte das nur darauf zurückführen, dass die junge Frau ihm eben nicht verzeihen konnte. Er hatte ihre Schwester getötet, den letzten anverwandten Menschen, den Rebekka noch gehabt hatte. Wie könnte, wie sollte sie ihm das auch verzeihen können? Es war ihr gutes Recht, ihn zu verabscheuen. War es nicht so, dass er selbst eine Abscheu gegen sich hatte? Sie hatte sich zum gemeinsamen Kampf gegen den Drachen entschlossen, weil sie weder ihn töten und so ihre Schwester würde rächen können, noch eine Chance haben würde, gegen den Quell des Übels vorzugehen. Es war reiner Pragmatismus, dass sie ihn begleitete und mit ihm und dem Freiherren eine Allianz gegen den Drachen bildete. Sie war eine Entwurzelte, genau wie von Steinborn und auch er selbst, Georgios. Und er war es, der sie entwurzelt hatte.
Schweigend tranken sie und hingen ihren Gedanken nach, bis endlich der Freiherr zu ihnen stieß. Von Steinborn hatte einen Fischer gefunden, der keine Furcht hatte, den Kanal zu überqueren und sie an der englischen Küste abzusetzen. Für einen guten Aufpreis hatte er sich sogar dazu überreden lassen, die Fahrt noch in dieser Nacht anzutreten.
Sie zahlten ihre Rechnung und von Steinborn führte sie durch die verwinkelten Gassen zu einem abseits gelegenen Pier. In Dunkelheit und Regen war das kleine Fischerboot kaum auszumachen und Rebekka erkannte erst, als sie davor stand, den Laufsteg, der vom Pier auf das Boot führte. Der Steg war kaum mehr als eine breite Planke und sie musste achtgeben, auf dem nassen Holz nicht auszurutschen.
Von Steinborn trat mit festem Schritt an Bord, und wiederum bemerkte Rebekka, wie geschickt er sein steifes Bein einsetzte, sodass es ihm sogar von Vorteil war auf dem rutschigen Grund.
Der Vampir bewegte sich geschmeidig und wie auf trockenem Boden. Derlei Dinge wie Niederschlag oder feuchte Böden machten für ihn keinen Unterschied.
An Bord wartete der Fischer auf sie, ein erstaunlich dünner Mensch mit mehr Falten im Gesicht, als man für möglich halten konnte. Er trug Ölzeug und einen der breiten Seemannshüte, wie sie die bretonischen Fischer bevorzugen. Wie in einer Regentraufe rann der Regen an der Krempe ab und ergoss sich in zwei schmalen Rinnsalen über seine Schultern.
Von Steinborn nickte dem Mann zu und reichte ihm einen kleinen Beutel mit Münzen.
„Die Hälfte jetzt, wie vereinbart, den Rest, wenn wir England erreicht haben.“
Der Fischer nahm den Beutel entgegen und steckte ihn in seine Jacke. Er nickte dem Freiherren ebenfalls zu und löste die Taue, die das Boot am Poller hielten. Georgios zog die Laufplanke ein und legte sie längs der Bordwand ab. Das Boot driftete sofort vom Pier weg ins Fahrwasser. Sie hatten die einsetzende Ebbe erwischt und der Gezeitenstrom zog sie aufs offene Meer hinaus.
„Zu wenig Wind“, sagte der Fischer und legte die Riemen ein. Mit kraftvollen Zügen pullte er und das Boot bewegte sich schneller aus den Hafengewässern heraus.
„Habt Ihr noch ein zweites Paar Riemen?“
Erstaunt hielt der Mann in seinen Bewegungen inne und sah zu dem Vampir hinauf, der ihn freundlich anlächelte. Dann nickte er erneut und deutete auf ein von Leinwand bedecktes Bündel an Steuerbord. Kurz darauf tauchten vier Riemen ins kalte Wasser des Kanals und trieben
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