Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
völlig Recht, Antwerpen!“
Der Brite drängte sich an den Soldaten vorbei, die nicht recht wussten, worum es ging, aber sie waren die unerklärt bleibenden Entscheidungen von Vorgesetzten gewohnt und folgten ihrem Anführer ohne Nachdenken den Gang entlang und die Stiegen hinauf bis in den Burghof.
Der Engländer ließ das Fuhrwerk wieder anspannen und entschuldigte sich bei der verdutzten Dienerschaft für die erlittene Unbill.
„Euer Herr ließ sein Leben im Kampf gegen übelste Mächte, so viel solltet ihr wissen, denke ich“, fügte er, an den Majordomus gewandt, noch hinzu. „Begrabt ihn in Ehren und mit Respekt!“
„Das werden wir, Herr!“, versicherte der Mann, der kaum glauben konnte, dass es nun doch nicht mit seinem Leben zu Ende gehen würde. Er hatte fest damit gerechnet, füsiliert oder wie ein Schwein abgestochen zu werden.
„Und Ihr seid sicher, dass die Herrschaften in der Kutsche nach Antwerpen wollten?“ Der Engländer sah dabei den Alten nicht an, sondern tat, als schaue er nach dem Fuhrwerk, das eben unter dem Fallgatter durchrumpelte.
„Ja, Herr, nach Antwerpen!“, bestätigte dieser. „Bei meinem Ehrenwort als Soldat!“
Courtyard musste schmunzeln.
„Ihr wart beim Militär?“
Der Alte nickte ernst.
„Dreiundzwanzig Jahre beim königlichen Regiment als Sergeant, Herr General!“ Und er streckte seinen Rücken durch und salutierte in der alten Art seines ehemaligen Regimentes. „Die drei Herren wollen nach Antwerpen. Auf ein Schiff und dann über den Kanal. Ich habe den Freiherren von der Stadt London reden hören. Ich glaube, er fühlte sich unbeobachtet. Man nimmt uns Dienerschaft ja nicht wahr …“
Der General nahm Haltung an und salutierte seinerseits. Er musste dem Alten recht geben. Die sogenannten höheren Stände hatten sich teilweise so sehr von der wirklichen Welt entfernt, dass sie ihr eigenes Gesinde nicht als Personen wahrnahmen. Er warf einen schnellen Seitenblick auf den wartenden Wimmer. Er würde diesen Fehler nicht machen.
„Sergeant, ich danke Euch und entbiete meinen Gruß!“
Dann machte der Brite auf dem Absatz kehrt, winkte Wimmer zu, sich ihm anzuschließen, und folgte seinen Männern, die die Brücke schon hinter sich gelassen hatten. Nach ein paar Schritten hatte der Regen seinen Schatten verschluckt. Sein Herz klopfte freudig. Eben noch schien es, als sei die Spur dünn, und nun stand der Weg in leuchtendem Rot auf der Karte! London!
„Auf nach England!“
Der Hafen von Antwerpen war zu fast allen Zeiten ein quirliger Topf, ein Kessel, in dem es brodelte. Schiffe liefen ein, wurden entladen und fuhren neu beladen weiter, Fuhrleute brachten die Waren dann in alle Teile des Kontinentes und manchmal noch weiter. Händler und Höker, Kaufleute und Reisende, Zivile und Militärs drängten sich in den Gassen des Hafenviertels. Doch dies waren keine normalen Zeiten, keine guten Zeiten. Die Pest hielt Ernte und die Bürger hatten Angst. Kaum ein Schiff lief den Hafen an und die Menschen begegneten einander mit Misstrauen.
Georgios hielt wachsam ein Auge auf die Straße gerichtet, das andere aber ruhte auf der Gestalt Rebekkas. Letztlich hatte sie doch ihren Hut abgenommen und gestattete es sich damit freier zu atmen. Ruhig atmend lehnte sie an den Polstern der Rückbank und schlief. Sie hatte lange versucht wach zu bleiben, doch das Rütteln der Kutsche war so eintönig und einschläfernd, dass sie dann doch in Morpheus’ Arme gesunken war.
Während der Fahrt hatte der Vampir für eine Weile die Zügel übernommen und der Freiherr hatte sich in der Kutsche ausruhen können, aber nun saß von Steinborn wieder auf dem Kutschbock und lenkte sie durch die ihm wohlbekannten Gassen Antwerpens.
Die Kutsche wurde langsamer und hielt dann ganz. Sie hatten den Hafen erreicht. Rebekka schlug ihre Augen auf. Das Fehlen des Ruckelns hatte sie geweckt. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass sie in der Stadt angekommen waren, und schnell stülpte sie sich ihre Maskierung über.
Von Steinborn öffnete von außen den Schlag und ein Schwall Hafenluft drang ins Innere, eine Mischung aus Meeresfeuchtigkeit, totem Fisch und Kotgestank, über der der Brandgeruch der zahllosen Herdfeuer und Kamine lag.
„Wir sind am Hafen, meine Herren. Gegenüber befindet sich ein Gasthof, dessen Wirt mir persönlich bekannt ist als honoriger Mann. Wartet dort auf mich. Ich will mich nach einer Passage für uns umsehen.“
Rebekka stieg aus der Kutsche, Georgios gleich
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