Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
es ermöglichte ihr, das Gesicht auch vor ihren beiden Genossen versteckt zu halten. Zu oft, fand sie, entglitt ihr die Kontrolle über ihr Gesicht, wenn sie den Vampir heimlich betrachtete. Gerade vor dem Betreten des Hauses hatte sie sich dabei ertappt, wie sie gedankenverloren den Vampir angestarrt hatte.
Georgios reichte nun dem Freiherrn ein Paar seltsam aussehender Dolche oder Messer von einer Art, die Rebekka bedrohlicher fand als die schmale Giftklinge, die sie erhalten hatte.
Die sehr breiten Klingen dieser Dolche waren mit eingeätzten Mustern verziert, die Griffe dagegen waren völlig unverziert, sondern mit schwarzem Leder bezogen. Ein dicker Knauf zierte das Ende der Waffen und diente als Gegengewicht, um den Schwerpunkt etwas weiter nach hinten zu verlagern.
„Ochsenzungen nennen die Italiener diese Bauweise und so sehen sie ja auch beinahe aus, findet Ihr nicht?“, fragte der Vampir. Abrupt fuhr er herum, die Dolche wirbelten wie durchscheinende Spinnweben umher, und ehe von Steinborn oder Rebekka sich rühren konnten, saß die Spitze eines Dolches an ihrer Kehle. Doch sofort zog Georgios die Waffen zurück und schwenkte die gefährlichen Klingen nach hinten.
„Ich vermag damit ganz passabel umzugehen“, meinte er leichthin. Glaubt Ihr, dass sie Euch von Nutzen sein könnten? Ein Stich mit so einer breiten Klinge in den Hals, und Ihr trennt damit einen Kopf glatt vom Rumpf …“
Der Freiherr schluckte schwer. Die Geschwindigkeit und Präzision, mit der Georgios sich bewegte, hatte ihn denn doch erschreckt. War auch die Lady de Ville in der Lage, sich so schnell zu bewegen? Es war anzunehmen.
„Ich glaube nicht, dass ich mit diesen Waffen so gut umzugehen wüsste wie Ihr“, sagte von Steinborn. „Wenn Ihr gestattet, würde ich eine andere Bewaffnung wählen …“
„Nur zu!“, antwortete der Vampir und machte eine einladende Geste. „Nehmt, was Euch gut dünkt, es gehört Euch!“
Schon beim Betreten des kleinen Waffenraumes war von Steinborn ein Schwert ins Auge gefallen, eines, wie er es noch nie gesehen hatte. Eine schlichte, schmucklose Waffe, eine Waffe für den Gebrauch, ohne Schnörkel oder Beiwerk. Eine lange, leicht gebogene Kling, die ohne Parierstange in einen mit Silberdraht umwickelten Griff überging. Die Waffe eines Kriegers.
„Wenn Ihr mir die Wahl lasst, entscheide ich mich für diese Klinge hier.“ Von Steinborn nahm das schmale Schwert aus der Halterung, in der es aufbewahrt wurde. Darunter befand sich eine hölzerne, schlichte Scheide, deren Biegung genau der Waffe angepasst war. Der Freiherr prüfte die Schärfe der Klinge und balancierte das Schwert in der Hand.
„Erstaunlich! Woher stammt es?“
Georgios ließ die Ochsenzungen in ihre Scheiden gleiten und befestigte diese an seinem Gürtel, weit hinten, so dass die Waffen nicht gesehen werden konnten.
„Das ist ein böses Andenken, das mich an die Gefährlichkeit von fanatischen Menschen erinnern soll. Ich habe den Krieger zwar getötet, aber dies Schwert hat er mir durch mein rechtes Auge ins Hirn gerammt. Das Erwachen war die Hölle! Ich bin sicher über hundert Mal gestorben, bis ich das Schwert aus dem Schädel hatte und wieder genesen konnte!“
Der Vampir schüttelte sich bei der Erinnerung.
„Nehmt es immerhin! Ich trauere nicht darum! Aber ich beglückwünsche Euch zu Eurer Wahl! Eine hervorragende Klinge, die Ihr in der Hand haltet!“
Der Vampir nahm ein Stück Stoff, welches man zum Verdämmen der Kugel im Lauf einer Steinschlosspistole brauchte, und fuhr damit über die Schneide des Schwertes, das der Freiherr vor sich hoch hielt. Der Stoff wurde durchtrennt, als sei er aus Luft, und die Hälften fielen zu beiden Seiten der Klinge herab.
„Ich sah mit meinen eigenen Augen, wie der Krieger, dem sie gehörte, mit einem Streich fünf Männer in voller Rüstung enthauptet hat! Dies ist wahrhaftig eine mächtige Waffe, wenn man sie zu führen weiß.“
Der Freiherr lächelte schmal.
„Wenn ich mich in der Handhabung einige Stunden üben könnte, wäre das sicher von Vorteil!“
„Natürlich, werter Freiherr! Lasst uns morgen früh im Garten ein wenig exerzieren! Sofern uns Lady de Ville keinen Strich durch unsere Rechnung macht und noch in dieser Nacht zurückkehrt.“
Von Steinborn verbeugte sich leicht und stellte dabei einen Fuß vor, wie es am französischen Hof Mode war.
„Es wird mir eine Freude sein!“
In dieser Nacht blieb Lady de Ville jedoch ihrem Heim noch fern. Der
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