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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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um dem Nubier zu folgen. Vielmehr ging er zu Hasan, der in ein angeregtes Gespräch mit einem seiner Assassinen vertieft war und mit wenig Erfolg so zu tun versuchte, als hätte er seine Annäherung nicht bemerkt. Er war kein besonders guter Schauspieler.
    »Andrej. Du hast die Männer gut ausgebildet. Mein Kompliment.«
    »Das mag daran liegen, dass ich Schiffe immer noch nicht besonders mag.«
    »Das klingt nicht wirklich logisch.«
    »Je besser die Matrosen sind, desto schneller ist diese Reise vorbei, und ich kann wieder an Land gehen.« Andrej deutete mit dem Kopf nach Osten. »Abu Dun behauptet, er hätte ein Schiff gesehen.«
    »Wir sind hier auf dem Meer«, gab Hasan zu bedenken. »Da kann es schon einmal vorkommen, dass man ein Schiff sieht. Ich habe gehört, dass es Piraten in diesen Gewässern geben soll … und einen haben wir sogar an Bord.«
    Andrej blieb ernst. »Piraten?«
    »Sobald wir außer Sichtweite der Küste sind, lasse ich die alte Flagge der Haschischin setzen«, antwortete Hasan. »Kein Pirat im gesamten Mittelmeer würde es wagen, die Hand gegen uns zu heben. Und selbst wenn sie dumm genug wären, würden sie eine böse Überraschung erleben. Wir sind keine Perlentaucher oder Fischer.«
    Damit hatte er vermutlich recht. Ein Dutzend Assassinen, Abu Dun und er selbst waren mehr als genug, um es mit jedem Piratenschiff der Welt aufzunehmen. Er zog das Fernrohr auseinander, um noch einmal einen Blick zum Land zu werfen, doch Hasan nahm ihm das Messingrohr fast grob ab und schob es demonstrativ zusammen. »Das ist ein sehr wertvolles Instrument. Und nicht dazu gemacht, um damit herumzuspielen.«
    »Nutzt es sich rascher ab, wenn man zu oft hindurchsieht?«, fragte Andrej.
    Hasan schob das Fernrohr wieder unter seinen Mantel. »Wie gesagt: Wir sind hier auf hoher See. Da sollte man erwarten, dann und wann ein anderes Schiff zu sehen. Warum ruhst du dich nicht ein wenig aus, Andrej? Du hast gute Arbeit geleistet, und ich bin sicher, dass die Männer eine Weile ohne dich zurechtkommen, solange nichts Außergewöhnliches geschieht. Solltest du mit deiner Befürchtung recht haben und es sich wirklich um Piraten handeln, dann werden wir deine Kräfte noch dringend nötig haben.«
    Andrej bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick, dann streckte er wortlos die Hand aus, um unter Hasans Mantel zu greifen und das Fernrohr wieder hervorzuziehen. Er sah nicht hin, registrierte aber trotzdem aus den Augenwinkeln, wie sich der Mann anspannte, mit dem Hasan gerade gesprochen hatte, und auch der eine oder andere frischgebackene Matrose in seinem Tun innehielt und zu ihnen blickte.
    Um eine möglichst besänftigende Miene bemüht, zog Andrej das Messingrohr klickend auseinander. »Keine Sorge, ich gebe gut darauf acht. Ich werde es nur ganz kurz benutzen und auch nur dann, wenn es unbedingt nötig ist. Macht es einen Unterschied, ob ich mit dem rechten oder dem linken Auge hindurchsehe?«
    Hasans Lippen wurden zu einem dünnen Strich. Seinem Blick wich Andrej vorsichtshalber ganz aus, als er sich in Bewegung setzte, um wieder zum Achterkastell hochzusteigen, wo er sich einen Spaß daraus machte, den Mann am Ruder anzustarren und ihn nach Kräften nervös zu machen. Doch Hasans Leute kamen, wie von ihm angekündigt, mit der ungewohnten Arbeit gut klar.
    Bevor er sich wieder in die Kapitänskajüte zurückzog, trat er noch einmal an die Reling und setzte das Fernglas an, dieses Mal in der sicheren Erwartung, den Horizont leer vorzufinden – und nach dem, was Hasan gerade gesagt hatte, hoffte er es beinahe.
    Diese Hoffnung wurde enttäuscht, auch wenn es keine schnittige Caravelle war, die er ganz kurz in der Ferne zu erkennen glaubte, und sie ein gutes Stück weiter östlich auf dem Horizont balancierte, als Abu Dun behauptet hatte.
    Etwas an diesem Schiff … alarmierte ihn, aber er konnte nicht sagen, was. Und dann war es auch schon im Dunst der Entfernung verschwunden. War es eine schwarze Flagge gewesen, die über dem einzigen Mast geweht hatte?
    Ärgerlich auf sich selbst stieß er das Fernrohr mit einem Ruck zusammen, der Hasan vermutlich auf der Stelle um ein Jahrzehnt hätte altern lassen, ging abermals zum Bug und gab es dem Alten ohne ein weiteres Wort zurück, bevor er unter Deck ging, um nach Abu Dun zu suchen.
    Da der einzige abgetrennte Raum außer der Kapitänskajüte und dem mit Gewürzen beladenen Laderaum ein kleiner Bereich im Bug war, in dem Ayla und vermutlich auch Hasan hinter einer

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