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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte, sondern fuhr in schärferem und lauterem Ton fort: »Ich möchte dich bitten, diese Art von Scherzen zu unterlassen, bis ihr euren Auftrag beendet habt, Abu Dun.«
    »Weil du gerade deine Liebe zum Christentum entdeckt hast«, sagte Abu Dun mit einem heftigen Nicken. »Ich verstehe.«
    »Weil niemand gezwungen sein sollte, den Glauben eines anderen zu teilen«, antwortete Hasan ernst. »Aber man sollte sich auch nicht darüber lustig machen. Ich teile nicht deinen Glauben, schwarzer Mann. Aber ich respektiere dennoch, dass er dir etwas bedeutet, und würde mich niemals darüber erheben.«
    »Jetzt schäme ich mich«, sagte Abu Dun mit treuherzigem Augenaufschlag.
    »Das solltest du auch«, antwortete Hasan ernst. »Dabei solltest du nicht vergessen, dass wir in wenigen Tagen in Rom sein werden, einer Stadt, in der ein Mann deiner äußeren Erscheinung ohnehin auffällt: auch wenn er keine Dinge sagt, für die man ihn noch vor einem Jahrhundert auf den Scheiterhaufen geworfen hätte!« Damit drehte er sich herum und stürmte mit jugendlichem Elan die Treppe zum Deck hinab.
    Abu Dun räusperte sich laut. »Gut. Wo waren wir noch einmal unterbrochen worden? Ach ja, bei dem Versprechen auf unsere Freundschaft, das ich dir …«
    »Es ist gut«, unterbrach ihn Andrej. »Ich habe verstanden, was du meinst.«
    »Hast du das?«, fragte Abu Dun, und mit einem Male klang auch er sehr ernst.
    »Ja«, sagte Andrej. »Verzeih! Es war dumm von mir, dich überhaupt um eine solche Selbstverständlichkeit zu bitten.«
    »Du willst mir den Spaß verderben«, sagte Abu Dun und kniff drohend das linke Auge zu. »Wenn ich deine Erlaubnis dafür habe, dich umzubringen, dann macht es keinen Spaß, und außerdem …« Er brach ab, legte die Stirn in Falten, die so tief waren, dass Hasan vermutlich den kleinen Finger hätte hineinlegen können, und sah konzentriert an Andrej vorbei nach Osten. »Was ist das denn?«
    Als Andrej seinem Blick folgte, sah er nichts als den ständig auf und ab hüpfenden Horizont, der erneut seinen Magen zum Revoltieren brachte. »Was hast du?«
    Abu Dun starrte weiter konzentriert nach Osten und schwieg beharrlich weiter. Andrej zog Hasans Fernglas wieder auseinander und setzte es an. Doch so sorgfältig er den Horizont auch absuchte, er sah nichts außer türkisgrauen Wellen unter einer gewaltigen, schwindelerregenden Leere.
    »Was hast du gesehen?«
    Dieses Mal antwortete Abu Dun, wenn auch ohne den Blick dabei vom Horizont zu lösen. »Ein Schiff. Da war ein Schiff.«
    Andrej warf noch einen Blick durch das Fernglas, wieder vergeblich. »Da ist nichts.«
    »Ich habe ein Schiff gesehen«, beharrte Abu Dun. »Ich glaube, ich sehe es immer noch … irgendwie.«
    Andrej fragte sich, wie man ein Schiff irgendwie sehen konnte. Er schob das Fernrohr mit einem demonstrativen Ruck zusammen. »Du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass du mit bloßen Augen mehr siehst als ich mit einem Fernglas.«
    »Ich bin jünger als du«, gab Abu Dun zu bedenken, »also habe ich auch jüngere Augen.«
    »Aber nur ein paar Dutzend Jahre.«
    »Nichtigkeit.« Abu Dun machte eine wegwerfende Geste mit seiner eisernen Hand, starrte sie einen ganz kurzen Moment lang stirnrunzelnd an und richtete den Blick dann wieder gen Osten. »Da war ein Schiff. Eine Caravelle.«
    Andrej setzte zu einem entschiedenen Widerspruch an, beließ es dann aber nur bei einem Seufzen. Er kannte Abu Dun lange genug, um zu wissen, dass sie diese Diskussion noch Stunden fortsetzen konnten, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen. Oder auch Tage. Oder Wochen. Also wandte er mit einem Schulterzucken der vermeintlichen Caravelle den Rücken zu. Das verstand Abu Dun.
    Nichtsdestoweniger wirkte er leicht enttäuscht, ging aber auch nicht weiter auf dieses Thema ein, sondern hob wieder seine eiserne Hand vor das Gesicht und betrachtete missmutig den abstehenden Finger. Er versuchte ihn mit der anderen Hand gerade zu biegen, doch mit zweifelhaftem Erfolg. »Ich muss mit Kasim reden.«
    Andrej nickte. »Hoffentlich hat er seinen Schmiedehammer dabei.«
    Das brachte ihm zwar einen zornigen Blick Abu Duns ein, hielt den Nubier aber immerhin davon ab, weiter von seinem eingebildeten Schiff zu reden. Stattdessen schob er trotzig die Unterlippe vor, drehte sich auf dem Absatz herum und stampfte so zornig die Treppe hinab, dass das Schiff unter seinen Schritten erzitterte.
    Er wartete, bis Abu Dun verschwunden war und begab sich dann ebenfalls aufs Deck, allerdings nicht,

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