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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gemacht. Ohne ein Wort hob er es auf, band sich den Gürtel um und bedeutete Abu Dun mit einem Blick, vorauszugehen.
    Als sie aufs Deck traten, stellte Andrej fest, dass es zu dämmern begann. Im Osten kämpfte ein Streifen aus Grau mit dem Rot der noch unsichtbaren Sonne, und Kälte stieg rings um die Pestmond in grauen Schwaden vom Wasser auf. Abgesehen von Ayla schien er der Einzige zu sein, der noch unter Deck gewesen war, denn die gesamte Mannschaft – Hasan und sogar Kasim eingeschlossen – hatte sich an der Reling versammelt und blickte schweigend nach Südosten. Das Bild unterschied sich kaum von dem von gestern.
    »Also?«, fragte er – vielleicht eine Spur zu laut, denn ein paar Männer sahen über die Schulter zu ihnen zurück, Stirnen wurden gerunzelt und Mundwinkel missbilligend nach unten gezogen, sodass Andrej das Gefühl hatte, nicht willkommen zu sein. Nur Hasan hob nicht nur die Hand und winkte ihm, näher zu kommen, sondern lächelte auch, wenngleich bemüht. »Andrej! Komm! Jetzt werden wir sehen, ob Gott meine Gebete erhört hat!«
    Andrej sah Abu Dun fragend an, der jedoch nur verächtlich die Lippen verzog, und schob einen Mann beiseite, um neben Hasan an die Reling zu treten. Als Hasan ihm sein Fernrohr reichen wollte, lehnte Andrej mit einem wortlosen Kopfschütteln ab. Er brauchte kein Fernrohr, um den monströsen Umriss zu sehen, der sich lautlos aus dem Morgennebel heranschob und größer und größer zu werden schien, als hätte sich das Meer selbst aufgebäumt, um die winzige Pestmond zu verschlingen. Das Licht reichte noch nicht aus, um Einzelheiten zu erkennen, aber Andrej konnte trotzdem sehen, dass sich an Deck nichts rührte.
    Es hat etwas von einem Geisterschiff, dachte Andrej, und konnte sich eines eisigen Fröstelns nicht erwehren. Weder an Deck noch in der Takelage – nirgendwo – brannte Licht. Nirgends rührte sich etwas. Leinen und loses Tauwerk peitschten im Wind, eines der Segel hing schlaff von der Rahe und flatterte wie eine riesige Fahne, und auch die anderen sahen nicht aus wie eine Takelage die eine Mannschaft bediente. Wenn es an Bord des Schiffes noch ein lebendes Wesen gab, dann verbarg es sich sorgfältig vor ihren Blicken.
    »Wie es aussieht, hat euer Gott deine Gebete erhört, Hasan«, sagte Abu Dun. Andrej wünschte sich, er hätte es nicht gesagt. Die Stille war so vollkommen, dass der Klang einer menschlichen Stimme nur Übles zur Folge haben konnte.
    Hasan jedoch reagierte mit einem verzeihenden Lächeln. »Er ist nicht mein Gott, mein Freund«, sagte er sanft, »sondern unser aller – auch der deine, ob du es nun zugeben willst oder nicht.«
    »Und wenn ich nicht an ihn glaube?«
    »Dann macht das auch nichts, mein zweifelnder Freund«, sagte Hasan. »Er glaubt an dich, und das ist alles, worauf es ankommt.«
    Abu Dun seufzte demonstrativ, doch er beließ es bei einem Kopfschütteln und einem Lächeln, das nicht annähernd so spöttisch ausfiel, wie er wohl beabsichtigt hatte.
    Hasan tauschte einen raschen Blick mit Ali, der wiederum einem seiner Männer einen Wink gab. Der Assassine löste sich unauffällig aus der Gruppe. Andrej war nicht im Mindesten überrascht, als die Pestmond nur einen Atemzug später sacht unter seinen Füßen erzitterte und den Kurs zu ändern begann, nicht sehr stark, aber doch weit genug, um der riesigen Caravelle auszuweichen. Andrej überkam das unheimliche Gefühl, dass hier Kräfte am Werk waren, die sich dem menschlichen Begreifen entzogen. Mit einem Anflug von Panik schüttelte er den Gedanken ab.
    Die Caravelle kam näher und passierte sie in weniger als zweihundert Fuß Abstand, genau gegen die aufgehende Sonne, sodass sie zu einem schwarzen Scherenschnitt wurde, den so gleißend helles Licht einrahmte, dass es ihnen die Tränen in die Augen trieb.
    Er wechselte einen schnellen Blick mit Abu Dun. »Was geht hier vor?«, fragte Abu Dun leise.
    »Vielleicht … wahrscheinlich … haben sie mein Angebot angenommen«, antwortete Hasan. »Es war sehr großzügig.«
    Abu Dun sah ihn argwöhnisch an. »Hasan as Sabah, wisst Ihr, was ich noch weniger leiden kann als Leute, die mich umbringen wollen?«
    »Solche, die es schaffen könnten?«, fragte Ali. Seine Hand lag auf dem Schwert.
    »Leute, die mich für dumm halten und sich nicht einmal die Mühe machen, es zu verbergen«, sagte Abu Dun kühl. »Dafür, dass du behauptest, der legitime Erbe des Alten vom Berge zu sein, bist du ein erbärmlicher Lügner, Hasan. Auf diesem

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