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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Großteil des Weges zurückgelegt hatten. Aber statt der veranschlagten vier Tage auf dem Fluss hatten sie fast sieben gebraucht, und aus den angedrohten weiteren drei Tagen Kamelritt waren ebenfalls vier geworden – und der fünfte neigte sich schon wieder dem Ende entgegen.
    »Also reisen wir erst morgen früh ab«, fragte Abu Dun.
    »Wir laufen mit der Flut aus«, bestätigte Hasan. »Eine Stunde vor Sonnenaufgang. Unsere Zeit wird allmählich knapp, ich weiß, und dein Freund kann es wohl kaum noch erwarten, sich endlich wieder den Seewind um die Ohren pfeifen zu lassen, aber wir haben eine anstrengende Reise hinter uns, und die Strecke, die vor uns liegt, wird nicht weniger strapaziös. Eine einzige weitere Nacht macht wohl keinen Unterschied mehr, und es wird uns allen guttun, wieder einmal in einem richtigen Bett zu schlafen.«
    »Du meinst wirklich ein richtiges Bett aus Decken und Kissen statt eines schwankenden Boots oder des nackten Erdbodens?«, erkundigte sich Abu Dun. »Und Essen, das nicht nach etwas schmeckt, das aus dem falschen Ende eines Kamels kommt?«
    »Aus welchem Ende müsste es denn kommen, damit es dir mundet, mein Freund?«, fragte Hasan amüsiert, bedeutete Abu Dun aber zu Andrejs Erleichterung zugleich, dass eine Antwort überflüssig war. »Schon gut. Für ein rauschendes Fest fehlt uns die Zeit, fürchte ich, aber ich werde eine kräftige Mahlzeit bringen lassen, und vielleicht einen halben Schlauch Wein für gewisse abtrünnige Brüder, die vergessen haben, was der Prophet über den Genuss von vergorenem Traubensaft gesagt hat.«
    Abu Dun sah ihn gespielt nachdenklich an. »Hat er so etwas wirklich gesagt?«, fragte er treuherzig. »Oder sagen die Leute nur, dass er es gesagt hat?«
    Hasan seufzte. »Ich muss aufpassen, was ich in deiner Gegenwart von mir gebe.«
    Andrej hörte nicht mehr auf Abu Duns Antwort. Nach annähernd zwei Wochen, in denen er den ohnehin nicht besonders komischen Wortgefechten zwischen Abu Dun und Hasan hatte lauschen müssen, schwand – um es freundlich zu sagen – ihre erheiternde Wirkung.
    Die Karawane kam immer langsamer voran, je mehr sie sich dem Stadtzentrum näherten, denn in den enger werdenden Straßen drängten sich Menschen aller Nationen und Hautfarben. Dann endlich erstreckte sich vor ihnen ein an drei Seiten von Häusern flankierter Platz, dessen gegenüberliegender Rand von den Mauern einer kleinen Burg gebildet wurde – die alte Zitadelle, in der sich damals die letzten Kreuzritter verschanzt hatten, um dem Ansturm der Sarazenen zu trotzen und um genau das Wunder zu beten, das dann auch geschah.
    Auf dem Platz fand gerade ein Basar statt – ein wildes Durcheinander aus Zelten, Wagen, Verkaufsständen oder auch einfach nur ausgerollten Teppichen und Bastmatten, auf denen Händler ihre Waren feilboten und sich mit mehr oder weniger Erfolg bemühten, ihre Nachbarn zu überbrüllen. Hände streckten sich nach ihnen aus, zerrten an ihren Kleidern und Gliedern oder hielten ihnen alle möglichen Dinge entgegen, die sie kaufen konnten. Mit einem knappen Wink schickte Hasan zwei seiner Assassinen ans Ende des Trupps zurück, um ein Auge auf ihre Packtiere (und vor allem deren Lasten) zu werfen.
    »Willst du eigentlich, dass wir auffallen?«, wandte sich Andrej irritiert an Hasan, während er zugleich eine vorwitzige Hand daran zu hindern versuchte, sich unauffällig unter seinen Mantel zu schieben – was ihm auch ebenso unauffällig gelang, doch der Besitzer der Hand würde sich wohl noch so lange daran erinnern, wie er brauchte, um seine Finger wieder ohne Schmerzen bewegen zu können. In ungefähr einer Woche, schätzte Andrej.
    »Einem Baum versteckt man am besten im Wald, oder nicht?«, philosophierte Hasan. »Es sind Händler, und die meisten von ihnen haben uns vergessen, noch bevor sie dem nächsten Dummkopf irgendetwas andrehen wollen.«
    »He!«, brüllte Abu Dun neben ihm. »Was fällt dir ein? Nimm die Hand da weg! Und gib das wieder her!«
    Andrej sah vorsichtshalber nicht genau hin, und auch Hasan fuhr fort, als wäre gar nichts geschehen: »Du solltest vielleicht etwas kaufen, damit sie dich nicht doch noch als großen Geizhals in Erinnerung behalten. Am besten etwas Unnützes.«
    »Aber das habe ich doch schon«, sagte Andrej, während er Hasan mit einem langen Blick von Kopf bis Fuß maß.
    »Dann solltest du vielleicht versuchen, dieses Unnütze gegen etwas Nützlicheres einzutauschen«, gab Hasan lächelnd zurück. »Ich fürchte

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