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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einmal durchdringend in die Augen, aber sie hielt seinem Blick auch weiter trotzig stand. Schließlich nickte er, ließ den Arm des Mannes los und zerrte ihn derbe in die Höhe. »Bring uns hin!«
    »Aber ich habe die Kette nicht gestohlen!«, protestierte Ayla. »Das sagt er doch nur, weil er fliehen will.«
    Andrej riss den Mann herum und versetzte ihm einen Stoß zwischen die Schulterblätter, der ihn geradewegs in die Arme eines hochgewachsenen Burschen mit durchdringenden Augen stolpern ließ, der wie aus dem Nichts hinter ihm erschienen war, zusammen mit noch zwei weiteren Männern – Assassine, wie Andrej auch dann erkannt hätte, hätte er sie das erste Mal gesehen.
    »Was geht hier vor?«, fragte Ali scharf. Seine Stimme war eine einzige Drohung, ohne dass Andrej hätte sagen können, wem sie galt.
    »Dieser Mann hat mich verfolgt!« Ayla deutete anklagend mit dem Finger. »Und der andere auch!«
    »Das ist nicht …«, begann der Händler, doch Ali schlug ihm so hart mit dem Handrücken ins Gesicht, dass Blut spritzte und Andrej ihn auffangen musste. Ali musterte kühl den zweiten Mann, dem Abu Dun inzwischen immerhin das Atmen wieder erlaubte, und wandte sich an Andrej.
    »Waren es nicht drei?«
    »Der dritte ist fort«, bestätigte Andrej. »Aber keine Sorge. Abu Dun hat …«
    Ali wandte sich mit einer befehlenden Geste an seine beiden Begleiter. »Sucht ihn!«
    Die zwei Assassinen verschwanden wie Schatten in der Menge, und Ali drehte sich wieder zu Andrej um. »Solltest du nicht auf sie aufpassen?«
    »Ihr ist nichts passiert, oder?«
    Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, wies Ali mit der Hand auf den eingeschüchterten Händler. »Dein Stand!«
    Sie gingen den Weg zurück zu einem ärmlichen zweirädrigen Karren, auf dem sich billiger Schmuck und allerlei anderer Krimskrams stapelten. Nichts davon war von Wert, aber die Ähnlichkeit mit der Kette, die Andrej Ayla weggenommen hatte, war unübersehbar.
    »Da seht Ihr es, Herr!«, sagte der Händler. »Die Kette gehört mir! Ich wollte sie nur zurückhaben, das ist alles! Ich wollte dem Mädchen nicht …«
    Diesmal schlug Ali ihm die Faust in den Leib, so hart, dass er auf die Knie fiel und würgend nach Luft rang. Andrej griff nicht ein, doch wenn Ali den Mann ein drittes Mal zu schlagen versuchte, würde er nicht mehr stillhalten.
    Ali nahm dem Mann die Kette aus der Hand, betrachtete sie einen Moment lang und warf sie dann zu dem anderen Tand auf den Wagen zurück. »Das hättest du nicht tun sollen, Ayla. Es wird deinem Vater nicht gefallen.«
    »Ich habe die Kette nicht gestohlen!«, protestierte Ayla, jetzt mit weinerlicher Stimme. »Sie gehört mir! Ich hatte sie schon immer!«
    »Ganz abgesehen davon, dass du uns alle in Gefahr bringst mit so etwas, hat er dich nicht das Stehlen gelehrt.«
    »Aber ich habe nicht …«, begann Ayla, verstummte aber, als Ali seine kalten Augen wieder auf den Händler richtete, der immer noch mühsam nach Luft schnappte.
    »Ich lasse dich am Leben, weil du ihr nichts getan hast«, sagte er. »Komm heute Abend in die Zitadelle und bring eine Auswahl deiner besten Stücke mit! Frag nach Ali!«

Kapitel 9
    D ie Zitadelle bestand aus nicht viel mehr als einem wuchtigen Turm und drei Mauern, die einen winzigen Innenhof umgaben, der nicht einmal gepflastert war und kaum groß genug, um ihre Kamele aufzunehmen. Die Wächter, die Andrej vorhin gesehen hatte, waren nicht mehr da, als sie den Turm betraten. Die Räume waren klein und beengt, doch hier merkte man nicht, dass seit einem halben Jahrtausend die gnadenlose Wüstensonne auf das Gemäuer herunterbrannte – es war so kalt, dass Andrej nicht überrascht gewesen wäre, seinen eigenen Atem als Dampf vor dem Gesicht zu sehen.
    Immerhin hielt Hasan Wort und wies Abu Dun und ihm nicht nur ein eigenes Zimmer zu, sondern sorgte auch dafür, dass sie ein richtiges Bett bekamen, auch wenn das Abu Duns so bedrohlich unter seinem Gewicht ächzte, dass der Nubier verkündete, doch lieber auf dem Boden zu schlafen. Kurz danach ging er jedoch und kam mit etlichen groben Holzklötzen zurück. Schadenfroh sah Andrej ihm eine Weile dabei zu, wie er sich ungeschickt mit nur einer Hand abmühte, das Bettgestell damit zu stabilisieren, bis er schließlich Erbarmen hatte und ihm half.
    Statt sich zu bedanken, maß Abu Dun ihn nur mit einem finsteren Blick und ließ sich so wuchtig auf das Bett fallen, dass es trotz der Verstärkung schon wieder bedrohlich knirschte – vermutlich in

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