Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)
strikte Anweisung, dass ihr getrennt werden solltet. Du kannst mir dafür dankbar sein.«
»Ich sehe das Gesicht seiner Lordschaft direkt vor mir«, sagte Turville.
»Aye!«
»Die Tochter eines Druckers! «
Sie lachten, und Eaton klopfte mir auf den Rücken. Ich sprang auf. Ich stieß meinen Stuhl gegen Turville und erwischte seinen fetten Wanst. Er keuchte und taumelte rückwärts in das Bücherregal. Von dort stürmte er los, um mich zu packen, doch aus dem obersten Regal fiel ihm ein dickes Buch auf den Kopf. Als er benommen schwankte, rannte ich an ihm vorbei, doch Eatons ausgestreckte Arme warteten nur darauf, mich festzuhalten. Ich sprang auf den Schreibtisch und trat nach ihm, als er versuchte, mich herunterzuziehen. Er grunzte vor Schmerz auf, während ich mit einem weiteren Sprung die Tür erreichte und sie krachend hinter mir ins Schloss warf.
»Gibson!«, brüllte er.
Schlank, drahtig und entspannt ließ Gibson mich nicht aus den Augen. Ich zögerte. Vielleicht ein Fenster. Es gab eines oberhalb des Treppenabsatzes, aber ich würde es niemals rechtzeitig öffnen können. Gibson sah mein Zögern und blickte grinsend zu mir hoch. Hinter mir riss Eaton fluchend die Tür zum Studierzimmer auf. Ich rannte die Treppe halb hinunter, schützte den Kopf mit den Armen und sprang wie eine Kanonenkugel auf Gibson zu. Alle beide fanden wir uns benommen auf dem Boden wieder. Eaton und Turville schauten auf uns hinunter. Am Ende des Korridors zur Hintertür stand Jane mit einem Krug in der Hand und sah erstaunt zu.
Ich befand mich in einem besseren Zustand als Gibson, der mit dem Schädel auf die steinernen Fliesen aufgeschlagen war, und rappelte mich auf, doch er packte mein Bein. Ein Augenblick länger, und ich wäre gestürzt, doch dann ertönte ein dumpfes Geräusch. Ein Stöhnen. Die Fliesen um mich herum waren mit Tonscherben übersäht. Ein Schwall Wasser traf mich. Mein Bein war wieder frei, und ich zog mich gerade rechtzeitig zurück, um Gibson auszuweichen, der mich irritiert mit verschwommenem Blick anstarrte. Hinter ihm, mit dem Ausdruck reiner Überraschung auf dem Gesicht über das, was sie getan hatte, stand Jane, mit dem Henkel des zerbrochenen Kruges in der Hand. Ich sah, wie Gibson langsam umkippte und in das Wasser und die Tonscherben fiel. Jane reagierte als Erste und winkte mir, ihr den Korridor entlang zu folgen. Nach rechts zweigte ein weiterer Gang ab. Die Tür am Ende öffnete sich zum Hof, von dem sie das Wasser geholt hatte.
Ich drehte mich um, um sie anzuflehen, mit mir zu kommen, aber als sie die anderen den Gang entlanghasten hörte, versetzte sie mir einen Stoß und bedeutete mir energisch, zu fliehen.
16. Kapitel
Blinde Wut lenkte meine Schritte. Der Zorn über meine eigene Dummheit verwandelte sich in Zorn auf Anne. Dass sie auch nur daran denken konnte, jemand anderen zu heiraten, war schon schlimm genug. Aber ausgerechnet meinen schlimmsten Feind George!
Ich wünschte, ich hätte George getötet, als ich ihn mit seinem Winkelhaken geschlagen hatte. Die Mordlust hatte man mir wohl angesehen, als ich nach Smithfield rannte, denn die Menschen pressten sich an die Hauswände, um mir auszuweichen.
Als ich am Half Moon Court vorbeikam, fiel mir etwas ein, dass Anne mir erzählt hatte, und ich wandte mich zum Haus. Ich hatte noch eine Chance. Die Tür war verschlossen, aber ich wusste, unter welchem Stein der Schlüssel versteckt war. Ich blieb stehen. Der Tisch war für das Hochzeitsmahl gedeckt: Wildpastete, ein ganzer Karpfen, eine Gans am Spieß, von der das Fett heruntertropfte, eingemachte Früchte und Fässer voll Bier und Wein. Ich rannte in die Druckerei.
»Sa…rah?«, rief Mr Black von oben. »Bist … du da?«
Er war also immer noch zu krank, um zur Kirche zu gehen. Schuldgefühle, weil ich ein Grund für seine Krankheit war, mischten sich mit der wachsenden Hoffnung, dass mein Plan funktionieren könnte.
Ich rannte in die Druckerei. Die Maschinen glänzten, Rahmen, Keile und Hammer lagen ordentlich auf dem polierten Stein, bereit für das nächste Ausschießen. Was immer sich über George sagen ließ, seine Arbeit genügte stets den höchsten Ansprüchen. Der Titel eines Stapels mit Flugschriften ließ mich wieder an Georges säuerliche, Unheil verkündende Stimme denken. Die sieben Schritte des Sünders zur Hölle. Der Sünder in mir wusste, dass er damit nicht viel Geld verdienen würde. Kaum, dass er das Papier damit würde bezahlen können. Gleichwohl
Weitere Kostenlose Bücher