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Peter Hoeg

Peter Hoeg

Titel: Peter Hoeg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fräulein Smillas Gespür für Schnee
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Grad.«
    Sie dreht einen Knopf, und im Raum steigt ein Signalton an, als hätten sie meinen Wecker geholt.
    »Peilsignal zehn vier.«
    Sie macht aus, schaltet dann auch die Gegensprechanlage aus. Der Mann vor ihr richtet sich vom Log auf. Eine Spannung hat sich gelöst. Sonne kommt in den Raum und schließt die Tür. Lukas steht direkt neben mir.
    »Sie können schlafen gehen.«
    Ich mache eine Handbewegung zum Kaffee hin. Er schüttelt den Kopf. Sie wollen ihn nicht einmal eingeschenkt haben. Man hat mich nur geweckt, um mich ein Tablett sechs Meter vom Küchenaufzug zur Brücke tragen zu lassen. Das macht keinen Sinn. Es sei denn, er wollte mich sehen lassen, was ich gerade gesehen habe.
    Ich nehme das Tablett. Die Frau vor mir streckt die Hand aus und streichelt den Mann. Sie sieht ihn nicht an. Ihre Hand ruht einen Moment lang auf seinem Nacken. Dann wickelt sie ein kleines Büschel seiner Haare um die Finger und reißt es aus. Sie haben mich nicht bemerkt. Ich warte darauf, daß er auf den Schmerz reagiert. Aber er steht vollkommen reglos und aufrecht da.
     
    Das Gesicht von Urs glänzt vor Schweiß. Er versucht zu gestikulieren und gleichzeitig den großen Zehnlitertopf zu balancieren.
    »Feodora. Die einzige mit sechzig Prozent Kakao. Und der Rahm muaß a chli gefrora si. Zehn Minuta im Tüfgfrürar.«
    Es sind alle elf da. Und keine Fragen in der Luft. Als sei ich die einzige, die nicht begriffen hat, was da vor sich gegangen ist. Oder als hätten sie nicht das Bedürfnis, etwas zu begreifen.
    Ich schlürfe die kochende Schokolade durch die leicht gefrorene Schlagsahne. Die Wirkung ist wie ein augenblicklicher Rausch, der im Magen beginnt und heiß und pulsierend bis unter die Kopfhaut steigt. Ich überlege mir, was ein Zauberer wie Urs an Bord der Kronos zu suchen hat.
    Verlaine sieht mich nachdenklich an. Doch ich meide seinen Blick.
    Ich gehe als vorletzte. In einer Ecke brütet Jakkelsen über einer Tasse schwarzem Kaffee.
     
    Maria steht in der Toilette vor dem Spiegel. Erst glaube ich, es sei eine Art Prothese, doch dann sehe ich, daß es kleine, hohle Aluminiumkegel sind. Sie hat einen an jeder Fingerspitze und nimmt sie jetzt vorsichtig ab. Darunter sind ihre Nägel, rot, vier Zentimeter lang, perfekt.
    »Ich ernähre meine Familie«, sagt sie. »In Phuket. Mit meiner Heuer. Ich bin als Nutte nach Dänemark gekommen. In Thailand bist du entweder Jungfrau oder Hure.«
    Ihr Dänisch ist dunkler als das von Verlaine, undeutlicher.
    »Manchmal hatte ich dreißig Kunden am Tag. Ich habe mich da herausgearbeitet.«
    Sie macht den Zeigefinger gerade, führt den Nagel an meine Wange und läßt ihn auf meiner Haut ruhen.
    »Ich habe mal einem Polizisten die Augen ausgekratzt.«
    Ich bleibe stehen und lehne mich gegen den Nagel. Sie sieht mich prüfend an. Dann läßt sie die Hand sinken.
     
    Ich warte in meiner Kajüte, die Tür ist angelehnt. Jakkelsen kommt einen Augenblick später. Seine Kajüte liegt etwas weiter den Flur hinunter. Er schließt die Tür hinter sich ab. Barfuß gehe ich zu seiner Tür. Drinnen arbeitet er an etwas. Ein schwaches Scharren, die Klinke wird hochgedrückt. Er schiebt seinen Schreibtischstuhl an die Tür und klemmt ihn unter der Klinke fest.
    Er verbarrikadiert sich. Vielleicht fürchtet er, einige der Frauen, die sich nach ihm sehnen, könnten die Tür aufbrechen.
    Ich schleiche zu meiner Kajüte zurück. Ich ziehe mich aus, hole meinen rosa Frotteemorgenrock und meinen Hanfhandschuh aus dem Karton und gehe dann demonstrativ unter die Dusche, pfeife und schrubbe mich mit dem Handschuh ab, trockne mich ab, creme mich ein und klatsche in Badesandalen durch den Korridor. Von dort aus krieche ich zu Jakkelsens Tür zurück.
    Dahinter ist es still. Möglich, daß er seine Nägel manikürt oder seine zarten Hände sonstwie pflegt. Aber ich glaube es nicht.
    Ich klopfe an die Tür. Keine Antwort. Ich klopfe stärker. Das Schweigen ist total. In meiner Bademanteltasche habe ich meinen Schlüssel. Ich schließe damit seine Tür auf. Doch sie läßt sich immer noch nicht öffnen. Ich rüttele vorsichtig an der Klinke. Nach einer Minute fällt der Stuhl zu Boden. Ich warte, bis sich die Panik gelegt hat. Dann schiebe ich die Tür auf. Doch erst, nachdem ich einen langen Blick nach beiden Seiten geworfen habe. Die Situation könnte mißverständlich sein.
    Ich bleibe im Dunkeln stehen. Es ist nichts zu hören. Ich sage mir, daß die Kajüte leer sein muß. Dann mache ich das Licht

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