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Peter Hoeg

Peter Hoeg

Titel: Peter Hoeg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fräulein Smillas Gespür für Schnee
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Ledersitzen, Klappverdeck und Holzarmaturenbrett.
    »Ich kann nicht fahren«, sagt er.
    »Ich habe keinen Führerschein.«
    »Aber du bist schon mal gefahren?«
    »Mit Raupenfahrzeugen auf dem Inlandeis.«
    Das möchte er seinem Morris denn doch nicht antun. Er fährt also selbst. Sein großer Körper hat hinter dem Lenkrad kaum Platz. Das Verdeck hat Löcher, und wir frieren wie die jungen Hunde. Ich wünsche mir, daß es ihm schon längst gelungen wäre, den Wagen an ein Museum loszuwerden.
     
    Die Temperatur lag dicht unter dem Nullpunkt. Jetzt ist sie auf Frostniveau gesunken, und auf dem Heimweg fängt es an zu schneien. Qanik , feinkörnigen Pulverschnee.
    Die gefährlichsten Lawinen sind Pulverschneelawinen. Sie werden durch winzige Energieverschiebungen ausgelöst, beispielsweise durch ein kräftiges Geräusch. Sie haben eine sehr geringe Masse, bewegen sich jedoch mit 200 Stundenkilometern und ziehen ein tückisches Vakuum nach sich. In Pulverschneelawinen hat es Leuten schon die Lunge aus dem Körper gesogen.
    Im Kleinformat waren es diese Lawinen, die auf dem steilen, glatten Dach angerollt sind, von dem Jesaja heruntergefallen ist. Ich zwinge mich hochzusehen. Eines kann man unter anderem vom Schnee lernen: daß man die großen Kräfte und Katastrophen immer im Kleinformat im Alltag wiederfindet. Kein Tag in meinem Erwachsenenleben, an dem ich mich nicht darüber gewundert hätte, wie schlecht Dänen und Grönländer einander verstehen. Das ist natürlich am schlimmsten für die Grönländer. Es ist ungesund für den Seiltänzer, wenn er von dem, der das Seil hält, mißverstanden wird. Und das Leben der inuit ist in diesem Jahrhundert der reinste Seiltanz gewesen, auf einem Tau, das an einem Ende am schwerstbewohnbaren Land der Welt mit dem härtesten und wechselhaftesten Klima der Welt und auf der anderen Seite an der dänischen Verwaltung festgemacht war.
    Das ist die große Perspektive. Die kleine, alltägliche ist, daß ich bereits seit anderthalb Jahren über dem Mechaniker wohne und unzählige Male mit ihm geredet habe. Er hat meine Türklingel in Ordnung gebracht und mein Fahrrad geflickt, und ich habe ihm geholfen, einen Brief an die Wohnungsbaugesellschaft auf Schreibfehler durchzusehen. Auf etwa achtundzwanzig Wörter kommen bei ihm ungefähr zwanzig. Er ist Legastheniker.
    Eigentlich müßten wir jetzt duschen und den Staub, das Blut und die Dorschleber abspülen. Doch die letzten Ereignisse haben uns verbunden. Wir gehen also zusammen in seine Wohnung. Wo ich noch nie gewesen bin.
    Im Wohnzimmer herrscht Ordnung. Möbel aus sandgescheuertem und abgelaugtem hellem Holz, Polster und Bezüge aus festem Wollstoff. Halter mit Kerzen, ein Bücherregal mit Büchern, eine Pinnwand mit Fotografien und Zeichnungen, die Kinder von Bekannten gemacht haben. ›Für den großen Peter von Mara, fünf Jahre‹, steht auf einer. Rosensträucher mit roten Blüten in Porzellantöpfen. Sie sehen aus, als würde jemand sie gießen, mit ihnen reden und ihnen versprechen, daß sie nie zu mir in die Ferien geschickt werden, wo das Klima für Grünpflanzen aus irgendeinem Grund unerquicklich ist.
    »K-Kaffee?«
    Kaffee ist Gift. Trotzdem kriege ich plötzlich Lust, mich im im Morast zu wälzen, und sage ja, bitte.
    Ich stehe in der Tür und schaue zu, wie er den Kaffee macht. Die Küche ist ganz weiß. Er zentriert sich darin wie ein Badminton Spieler auf dem Platz, damit er sich sowenig wie möglich bewegen muß. Er hat eine kleine elektrische Mühle. Darin mahlt er erst mehrere helle Bohnen und danach welche, die klein, fast schwarz und so blank wie Glas sind. Er mischt sie in einem kleinen Metalltrichter, den er in eine Espressokanne montiert, die er auf eine Gasflamme stellt.
    In Grönland nimmt man häßliche Kaffeegewohnheiten an. Ich kippe heiße Milch direkt in den Nescafe. Ich bin keineswegs darüber erhaben, das Pulver einfach in dem Wasser aufzulösen, das direkt aus dem Heißwasserhahn kommt.
    Er gießt ein Drittel Rahm und zwei Drittel Vollmilch in zwei hohe Henkelgläser.
    Der Kaffee, den er aus der Maschine zapft, ist schwarz und dick wie Rohöl. Er schäumt die Milch mit dem Dampfrohr auf und verteilt den Kaffee auf die beiden Gläser.
    Wir nehmen ihn mit zum Sofa. Ich weiß es durchaus zu schätzen, wenn mir jemand etwas Gutes vorsetzt. Das Getränk in dem hohen Glas ist dunkel wie alte Eiche und hat einen überwältigenden, fast parfümierten tropischen Duft.
    »Ich bin dir gefolgt«, sagt er.
    Das

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