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Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Titel: Peter Hogart 1 - Schwarze Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Der Keilriemen begann zu surren, die Schwungscheibe rotierte, die Sägewelle trat in Betrieb. Der Rolltisch, auf dem Vesely noch immer festgekettet lag, setzte sich in Bewegung.
    Ivona schrie entsetzt auf.
    Hogart sah für einen Sekundenbruchteil zur Seite und hatte die Gelegenheit, Micha mit seiner Glock auszuschalten, auch schon verpasst. Der Junge war über das Gerüst davongehumpelt und verschwand soeben durch eine Öffnung in der Wand.
    Ein Lärminferno erfüllte die Halle. Zu dem Kreischen der Säge kam jetzt das Detonieren der Schüsse, die Ivona in rascher Folge auf die Ketten abfeuerte. Zugleich begann Hogart, den Schaltschrank unter Beschuss zu nehmen. Die Projektile schlugen Dellen und Löcher ins Blech, Funken stoben davon. Währenddessen näherte sich der Rolltisch Zentimeter für Zentimeter dem gierigen Sägeblatt. Wie hypnotisiert starrte Vesely auf die wirbelnde unscharfe Scheibe.
    Aus dem aufgeschossenen Schaltkasten drang der Geruch verschmorter Kabel. Hogart nahm den Keilriemen ins Visier und schoss ohne Pause weiter. Wie Blitze sprangen die Patronenhülsen aus dem Auswurf. Endlich riss der Riemen und flog als heißer Gummifetzen über die Antriebsscheibe davon. Aber es war zu spät - das Sägeblatt besaß noch genug Schwung, um sekundenlang weiter zu rotieren. Veselys Kehle, nur noch einen Fingerbreit von den verwischenden Zähnen entfernt, würde zerfleischt werden.
    Da hörte Hogart, wie die Kettenglieder zu Boden rasselten. Sogleich packte Ondrej Veselys Oberkörper und zog ihn hoch. Das Sägeblatt erfasste Veselys Hemdsstoff und riss ihn von der Schulter. Einige Atemzüge später erlahmte der Schwung des Sägeblattes, kurz darauf stand es still. Erschöpft sank Vesely mit dem Rücken gegen die Stahlscheibe.
    Hogart ließ die Waffe sinken. Sein Magazin war leer, nur in der Patronenkammer befand sich noch ein letzter Schuss.
    Er blickte Ivona an. »Wie viele Schüsse haben Sie noch übrig?«
    »Drei - falls ich richtig mitgezählt habe. Aber wir sollten Vesely so schnell wie möglich von hier rausschaffen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, schoss sie Veselys Hand- und Fußfesseln mit je einer Kugel entzwei.
    Zwei Schüsse in zwei Pistolen waren verdammt wenig, um es mit einem irren Killer aufzunehmen. Hogart steckte seine Waffe in den Hosenbund. Er und Ondrej halfen Vesely von der Werkbank herunter. »Können Sie stehen?«
    Vesely nickte unmerklich. »Es tut mir leid«, sagte er schwach. »Ich habe es verpatzt…«
    »Gar nichts haben Sie …«, beruhigte Ivona ihn. »Sie waren großartig.«
    Hogart sah zu dem Gerüst empor. »Wir sollten Micha folgen.«
    Jiri deutete zu einer angelehnten Tür am anderen Ende der Halle, die nach draußen in eine schmale Gasse führte. Durch den Spalt sahen sie, dass immer noch Schnee fiel. »Ich bringe Vesely in Sicherheit«, sagte er auf Tschechisch.
    Hogart reichte ihm den Autoschlüssel für den Mietwagen. »Warten Sie mit Vesely im Auto. Verständigen Sie die Kripo und einen Krankenwagen.« Er wandte sich an Ivona. »Kommen Sie, wir müssen uns beeilen, bevor uns der Mistkerl entwischt.«
    Jiri stützte Vesely, dessen Beine nachgaben. Arm in Arm humpelten sie durch die Halle. Hogart und Ivona rannten zum Gerüst, doch Ondrej rührte sich nicht von der Stelle.
    Ivona blickte sich um. »Worauf wartest du?« Im gleichen Augenblick hörte Hogart in der angrenzenden Halle das Knirschen des Blechtors. Auch er blieb stehen. »Wer ist das?«, flüsterte Ivona. Ondrejs Körper versteifte sich. »Dimitri!«
    »Micha entwischt uns!«, drängte Hogart.
    Ondrej zog seinen schweren Ledermantel aus. Darunter trug er ein eng anliegendes Rippshirt. Trotz der Kälte war sein Oberkörper schweißgebadet.
    »Was tust du?«, rief Ivona panisch.
    Ondrej massierte seinen Nacken. »Kümmert euch um Micha, ich halte euch Dimitri vom Leib.«
    »Er wird dich töten!«, zischte Ivona.
    »Ich bin kein Anfänger.« Ondrej wandte sich ab und verschwand in die Nebenhalle.
    Hogart und Ivona standen allein vor der schwankenden Leiter, die auf das Gerüst führte. Immer noch segelten Schneeflocken durch die beschädigte Glaskuppel. Sie sanken wie fallende Sterne im Zwielicht herab. Plötzlich erklang die Musik Dutzender Geigen in der Halle.

KAPITEL 18
     
    Während Hogart die Leiter emporkletterte, wurde ihm klar, dass es Landsberger Symphonie zu Der Golem war, die die Luft erfüllte. Er erreichte die letzte Metallsprosse. Als er sich auf den Bretterboden schwang, fuhr ihm der Schmerz durch

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