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Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Titel: Peter Hogart 1 - Schwarze Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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die lädierte Schulter. Er biss die Zähne zusammen und sah nach unten. Das Gerüst wankte gefährlich. Ivona war ihm dicht gefolgt; er bückte sich und zog sie zu sich herauf.
    Unmittelbar über ihren Köpfen wölbte sich die Glaskuppel. Hogart spürte die Kälte und den Luftzug, die mit dem Schnee durch die Löcher in der Verglasung hereindrangen. Der Wind verursachte ein schrilles Pfeifen, untermalt von den Streicherklängen aus den Lautsprechern an den Wänden. Hogart kam sich vor wie auf dem Schnürboden eines Theaters oberhalb der Bühne, nur dass sich anstelle von Seilen, Scheinwerfern und Flaschenzügen um ihn herum Eisenstangen, Holzbretter und Farbeimer befanden, die im Wind schaukelten.
    »Wir laufen direkt in eine Falle!«, rief Ivona dicht hinter ihm.
    »Haben Sie eine bessere Idee?« Hogart klammerte sich an das Gerüst und schritt über die Holzbretter. Das Gestänge knarrte. Rost blätterte von den Querverstrebungen und segelte in die Tiefe. Als er zu der Stelle gelangte, wo Micha durch die Mauer verschwunden war, sah er ein mit dem Vorschlaghammer in die Rückwand der Halle geschlagenes mannshohes Loch. Er leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Der Durchbruch mündete in einen etwas tiefergelegenen Korridor des Nebengebäudes, das unmittelbar an die Hinterseite der Halle anschloss. Dies war der Weg, der noch tiefer in Michas beunruhigendes Reich führte. Der Wahnsinnige musste im Lauf der Jahre alles so hergerichtet und arrangiert haben, dass es seinem mörderischen Plan nützte.
    »Halten Sie sich fest!« Hogart sprang durch die Maueröffnung. Als seine Sohlen festen Boden berührten, duckte er sich sofort, da er mit Michas Angriff rechnete, doch nichts passierte. In diesem Raum klang die Musik aus der Halle nur noch gedämpft und merkwürdig verzerrt, da das Echo die Töne verfremdete.
    Hogart ließ den Lichtkegel der Taschenlampe kreisen. Er befand sich in einer Art Vorraum, von dem ein Durchgang in ein Treppenhaus und drei Türen mit gesplittertem Milchglas in weitere Räume abgingen. Der Boden war schachbrettartig mit weißen und schwarzen Fliesen gekachelt, die unter einer uralten Staubschicht lagen. Sie zeigte Spuren aus Schuhabdrücken, deren Unregelmäßigkeit unschwer erkennen ließ, wer sie hinterlassen hatte. An der Wand stand ein Kopiergerät, dessen Deckel ebenfalls von Staub überzogen war. Offensichtlich handelte es sich um einen ehemaligen Bürotrakt. Neben den Türrahmen hingen leere Tafeln, in denen ehemals Schilder gesteckt hatten.
    Zwei der Türen waren geschlossen, eine stand offen. Durch den Türrahmen sah Hogart den Schatten einer Bewegung. Es war dieselbe Türöffnung, zu der die Spuren im Staub hinführten.
    »Was sehen Sie?«, rief Ivona, die hinter ihm durch das Mauerloch spähte.
    »Springen Sie!«
    Ivona landete neben ihm auf den staubigen Fliesen, in einer Hand die Taschenlampe, in der anderen die Waffe. »Wo ist er?«, flüsterte sie.
    Hogart erhob sich. Mit dem Pistolenlauf deutete er auf die Türöffnung. Er senkte den Lichtstrahl seiner Taschenlampe. Auf der Schwelle lag ein zerschlissener Mantel. Lomegs Mantel! Er hatte ihn bei Veselys Entführung getragen, aufgezeichnet von der Überwachungskamera des Geldautomaten. Neben dem Mantel stand ein Schallplattenspieler auf dem Boden, von dem sich ein langes Kabel über die Fliesen schlängelte und in der Dunkelheit verlor. Hogart trat näher heran und tauchte das Gerät in den Schein der Lampe. Es war ein deutsches Grammofon mit Holztorso aus den frühen 60er Jahren. Das Vinyl der verbogenen Schallplatte warf wechselnde Lichtreflexe, während sie ihre Runden drehte. Der Tonkopf hob und senkte sich wie von Wellen getragen, während der Saphir durch die Schallrillen glitt und die Musik mit einem lauten Knistern unterlegte. Ivona hob den Fuß, um die Anlage zum Schweigen zu bringen, doch Hogart war schneller. Er beugte sich nieder und liftete den Tonarm.
    Sogleich erstarb die Melodie. Nur das Heulen des Windes drang durch die Maueröffnung in den Raum.
    Hogart hielt dem Atem an. Auch Ivona gab keinen Laut von sich. Sie schlichen auf die offene Tür zu, hinter der raschelnde Geräusche und ein Flüstern erklangen. Mit vorgehaltener Waffe traten sie über die Schwelle. Schreibtische und Stühle waren zur Seite gerückt. Am gegenüberliegenden Ende des Raumes kauerte in Fötushaltung ein Mann. Er war in einen zerknitterten grauen Anzug gekleidet und wehrte sich gegen den Knebel in seinem Mund und die Fesseln um seinen

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