Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
sofort mit Novacek. Ich hoffe nur, dass ihn die Kripo vor Greco findet.«
»Und falls nicht? Wir wissen doch beide, was das bedeutet!«, brauste Hogart auf. »Der Junge ist innerhalb der nächsten Stunde tot. Abgesehen davon, dass es eiskalter Mord wäre, würden wir damit die zurzeit heißeste Spur zu dem zweiten Killer verlieren. Ich bezweifle zwar, dass die Kripobeamten noch rechtzeitig vor dem nächsten Mord die Identität des anderen Killers rausfinden, selbst wenn sie Micha ordentlich in die Mangel nehmen, aber es besteht zumindest eine Chance. Rufen Sie Greco nicht an!«
»Unmöglich. In Wien handhaben Sie das vielleicht anders, aber hier ist es besser, wenn man sich an die Abmachungen hält, die man getroffen hat, glauben Sie mir.« Ivonas Stimme zitterte. Sie öffnete das Telefonverzeichnis, doch bevor sie Grecos Nummer wählen konnte, läutete ihr Handy.
Eine Nummer erschien auf dem Display. »Vesely!«, entfuhr es ihr. »Vielleicht ist ihm noch etwas eingefallen.«
Sie hielt das Handy ans Ohr. »Hieronymus?«
Im nächsten Augenblick wurde sie blass. Hastig winkte sie Hogart näher zu sich und hielt das Handy so, dass auch er etwas verstehen konnte.
Veselys Stimme zitterte, sie war voller Angst. »… und er sagt, ich soll Ihnen ausrichten, ich sei die letzte Figur, der weiße Läufer …« Er versuchte, noch etwas hinzuzufügen, wurde aber abgewürgt. Das Handy verstummte.
Ivona ließ den Arm kraftlos sinken. »Vesely wurde entführt. Er wird sterben«, sagte sie tonlos. »Aber warum lässt ihn der Killer anrufen? Will er ein Spiel mit uns spielen? Glaubt er, intelligenter zu sein als wir? Aber wir wissen doch, dass Micha der Mörder ist!«
Hogart runzelte zweifelnd die Stirn. »Vesely begann seine Botschaft doch mit den Worten: Er sagt, ich soll Ihnen ausrichten …«, murmelte er. »Aber Micha kann nicht sprechen.«
Ivona biss sich auf die Lippe. »Das bedeutet, Vesely wurde von dem anderen Mörder entfährt. Ich rufe Greco an. Dimitri und seine Leute sollen sich Micha schnappen und ihn bearbeiten, denn im Moment ist er unsere einzige Spur.«
»Halt, halt, halt.« Hogart legte Ivona die Hände auf die Schultern, um sie zu beruhigen. »Wir dürfen ihn nicht an Greco ausliefern, eben weil er unsere einzige Spur ist.« Nachdrücklich sprach er auf sie ein. »Wir sind verdammt nahe dran. Lassen Sie uns in Ruhe überlegen. Nur eine Minute.«
Stumm starrte Ivona ihn an.
»Wir können also mit gewisser Sicherheit sagen, dass Micha der erste der beiden Killer ist, der die Frauen tötet, denn er ist Linkshänder und wir haben seinen Schuhabdruck auf dem schwarzen Tuch. Zweitens können wir davon ausgehen, dass er den anderen Killer kennt, der die Männer tötet, denn immerhin müssen sie sich auf diese Vorgehensweise geeinigt haben. Jetzt wird nur noch dieser Komplize ein einziges Mal töten und Vesely wird sein letztes Opfer sein.«
»Dieser Hurensohn hat uns die ganze Zeit beobachtet, auf der Burg, auf dem Friedhof und bestimmt auch hier. Jetzt hat er Vesely!« Ivona standen Tränen in den Augen. »Verdammt noch mal, was sagen wir Veselys Frau und seinem Sohn? Es tut uns leid, dass Ihr Mann wegen uns sterben musste?« Ivona wischte sich die Tränenspur von der Wange. »Mein Bruder wird die Wahrheit aus Micha herausprügeln!«
»So funktioniert das nicht! Micha ist verrückt. Ondrej wird ihn nie zum Sprechen bringen können, auch wenn er ihm alle Finger bricht oder ihm die Scheiße aus dem Hirn prügelt.«
Ivona sah ihn an. »Sie haben keine Ahnung, wozu Ondrej fähig ist.«
Aus ihrem Blick sprach nicht nur die panische Angst um Vesely, sondern auch der Zorn auf sich selbst.
Mit einem Mal hatte sie kein Verständnis mehr für Michas gequälte Seele. Hogart merkte, dass sie von ihren Emotionen hin und her gerissen wurde. Desto wichtiger war, dass er selbst einen kühlen Kopf bewahrte, bevor die Sache durch eine winzige Fehlentscheidung komplett aus dem Ruder lief.
Hogart atmete tief durch. »Micha hat nichts zu verlieren. Sein Werk ist bereits vollendet, seine Schachzüge abgeschlossen. Für seine geschlagenen Figuren hat er symbolisch fünf Morde begangen. Er ist in jedem Fall der Sieger. Er wird uns nichts verraten.«
»Dann wird sich die Kripo darum kümmern.« Ivonas Finger schwebten über den Tasten des Handys. Sie war knapp davor, Novacek anzurufen. Auf dem Display erschien bereits seine gespeicherte Nummer.
»Machen Sie jetzt nichts Unüberlegtes!«, drängte Hogart. »Wir dürfen den
Weitere Kostenlose Bücher