Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
einig, was unsere gemeinsame Lebenseinstellung betraf. Dagegen hält nicht mal die beste Ehe stand.« Sie legte die Beine auf den Tisch. »Schließlich wuchs Matej bei Tomas auf, was wohl auch das Beste für den Jungen war.«
Sie schwiegen lange Zeit.
»Heute Abend endet mein Aufenthalt in Prag«, sagte Hogart, nur um irgendetwas zu sagen.
»Haben Sie schon Ihren Auftraggeber angerufen?«
»Nein.« Hogart starrte auf das Display seines Handys. Drei Anrufe in Abwesenheit - dreimal Kohlschmied. Er wusste, dass er keinen weiteren Aufschub erhalten würde, doch er brauchte nur noch einen einzigen Tag, bis alles überstanden war. Er wählte Kohlschmieds Nummer.
»Hogart!« Der Außendienstleiter klang gleichermaßen zynisch wie überrascht. »Was gibt es Neues?«
»Mittlerweile wissen wir, wer Alexandra Schelling getötet hat«, begann Hogart, nicht gerade euphorisch. Schließlich hatte er bezüglich der Ölgemälde keine wirklich bahnbrechenden Neuigkeiten vorzuweisen.
»Wie interessant, aber ihre Ermordung steht in keinem Zusammenhang mit dem Gemäldebetrug, richtig?«
»Richtig.«
»Fein.« Kohlschmied machte eine Pause. »Alles, was Sie in Prag treiben, Ihre gesamte Mörderjagd, hat nichts mehr mit dem Versicherungsfall zu tun. Der ist inzwischen abgeschlossen. Wir und auch die anderen Unternehmen mussten zahlen. Sieben Millionen Euro pro Gemälde! Sie können sich den Gesamtwert der Köhler-Serie ausrechnen. Im Moment interessieren Kommerzialrat Rast und mich nur drei Dinge: Konnten Sie die Originalgemälde, Alexandra Schellings persönliche Unterlagen oder die Reste ihres Leichnams finden?«
»Nein.«
»Dann haben Sie Ihre drei Tage umsonst verschwendet. Ihre Frist ist abgelaufen, der Auftrag ist beendet. Ich hoffe, Sie hatten einen schönen Aufenthalt. Kommen Sie zurück.«
Hogart versuchte, ruhig zu bleiben. »Übermorgen ist alles beendet, ich …«
»Was soll das jetzt wieder? Sie wollen Ihren Auftrag doch wohl nicht bis Sonntag verlängern?«
»Um einen Tag«, korrigierte Hogart ihn.
»Das kommt überhaupt nicht in Frage. Der Fall ist abgeschlossen, verstehen Sie das nicht? Abgeschlossen! Wenn Sie in Prag bleiben wollen, ist das Ihre Angelegenheit. Ihr Spesenkonto ist ab heute Mitternacht eingefroren. Die Schecks sind gesperrt. Ab morgen läuft der Leihwagen auf Ihre Kosten, ebenso der Heimflug.« Kohlschmied machte eine Pause. »Wie lautet Ihre Entscheidung?«
Hogarts Verstand sagte ihm, dass sein Auftrag dann zu Ende war, wenn es die Versicherungsleitung so entschied. Er wusste, wie die Sache ausging, wenn er sich in fremde Angelegenheiten mischte und Ermittlungen auf eigene Faust anstellte. Er konnte keinen zweiten Fall Salzmann brauchen. Außerdem wollte Novacek genauso wenig wie Kohlschmied, dass er in der Angelegenheit weiterarbeitete. Das war seine Chance, Prag auf elegante Weise zu verlassen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Die tschechische Kripo würde sich um alles Weitere kümmern.
Andererseits sah er Eugenie Vesely vor sich, die rundliche Frau im schwarzen Mantel mit dem Damenhut, die sich auf dem jüdischen Friedhof vor dem Mausoleum des Rabbi Low niederbeugte, um ihre Wünsche unter einem Stein zu deponieren. Was hatte sie sich wohl gewünscht? Ein langes Leben für sich und ihren Mann? Dass sich Hieronymus in den Händen des Killers befand, ging auf sein Konto. Falls Vesely wegen ihm ermordet wurde, lastete die Verantwortung für einen zweiten Toten auf seinem Gewissen.
»Ich kann nicht gehen«, sagte er.
»Ihre Entscheidung. Schicken Sie mir ein Fax, eine E-Mail oder eine SMS, damit ich es schriftlich habe, und nennen Sie uns den Bargeldbetrag, über den Sie jetzt noch verfügen. Für alles, was Sie danach tun, tragen wir keine Verantwortung. Wir werden uns von allem distanzieren, was Sie von nun an machen - nur damit das klar ist! Auf Wiederhören!«
Kohlschmied legte auf.
Einen ähnlichen Satz hatte Hogart vor zwei Jahren schon mal gehört, und alles war aus dem Ruder gelaufen. Doch diesmal musste es anders enden, allerdings hatte er noch keine Idee, wo er ansetzen sollte.
KAPITEL 14
Am nächsten Morgen erwachte Hogart mit grässlichen Kopfschmerzen, die sich wie Korkenzieher durch seinen Schädel schraubten. Bis fünf Uhr früh hatte er trotz der Wattekugeln in den Ohren den Fischen beim Knabbern an der Außenbordwand zugehört. Als die Viecher endlich aufhörten, ließ ihn das Schwanken des Bootes regelmäßig hochfahren. Um sieben Uhr quälte er sich mit einem
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