Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
inoffiziell rückverfolgen lassen, was ihre Klienten stets eine hübsche Stange Geld kostete. Diesmal würde Hogart den Betrag aus seiner eigenen Tasche zahlen: zweitausend Kronen, wenn sie das Ergebnis innerhalb einer Woche wollten - fünftausend Kronen, falls sie es sofort brauchten. Doch konnten sie Ivonas Kontaktmann zunächst nicht erreichen. Erst nach mehreren Zigaretten und einigen Tassen starken Kaffees hatten sie ihn endlich am Apparat. Ivona nannte ihm Veselys Handynummer und die Uhrzeit des gestrigen Anrufs.
Eine Stunde später wussten sie, dass sich Veselys Handy am Vortag um 14.35 Uhr in den Handymast eingeloggt hatte, der sich auf dem nördlichen Ende des Wenzelsplatzes befand, an der Kreuzung zur Rytirska, wo die Sankt-Gallus-Kirche lag. Die nächsten Telefonmasten standen im Umkreis von einem halben bis einen Kilometer. Durch die Schnittmenge der Radien ergab sich ein bestimmtes Stadtgebiet.
Hogart kreiste den in Frage kommenden Bereich auf dem Stadtplan ein. »Hier wurde Vesely entführt - auf dem Wenzelsplatz oder in der näheren Umgebung.«
»Nicht gerade berauschend für fünftausend Kronen«, sagte Ivona. »Und weiter?«
»Wir brauchen Ihren Freund noch einmal, diesmal für eine Handypeilung, um herauszufinden, wo sich das Telefon in diesem Augeblick befindet.«
»Der Killer ist nicht dumm. Er hat das Handy nach dem Telefonat doch sicherlich weggeworfen, statt es mitzunehmen.«
»Bestimmt sogar, aber ich möchte wissen, wo er es weggeworfen hat.«
»Dann beten Sie mal, dass das Handy noch immer eingeschaltet ist.« Ivona tippte erneut die Nummer ihres Bekannten.
Nach dem Gespräch strahlte sie ihn an. »Glückwunsch, Sie sind soeben um weitere fünftausend Kronen ärmer geworden.«
»Und?«
»Wie wir vermutet haben: Veselys Telefon ist immer noch über denselben Masten eingeloggt. Ich frage mich, warum es der Killer nicht ausgeschaltet hat.«
Hogart dachte nach. »Wozu? Es liegt vermutlich nur in einem Mülleimer oder hinter einer Hecke.«
»Was nützt uns das?« Ivona war immer noch skeptisch.
Hogart griff nach dem Autoschlüssel und seinem Mantel. »Das sage ich Ihnen, sobald wir es gefunden haben.«
Sie gingen von dem Kaffeehaus, in dem sie gestern nach ihrem Besuch im Filmstudio gesessen hatten, zur Sankt-Gallus-Kirche hinunter. Ihr Weg führte durch die Fußgängerzone des Wenzelsplatzes. Im Grunde genommen war das Areal überschaubar. Nur eine Straße, auf der kaum Autos fuhren, querte die Mitte des lang gezogenen Platzes. Wegen des grässlichen Nieselregens war in der Fußgängerzone kaum etwas los. Die meisten Souvenirläden und Imbissbuden hatten die Rollos heruntergezogen. Nur ein paar Hunde liefen über den Platz. Hin und wieder holperte eine altmodische Straßenbahn an ihnen vorbei, die schon allein wegen des Knirschens der Gleise nicht zu überhören war. Möglicherweise lag es auch am feuchten Wetter, dass von der Oberleitung grelle Funken absprangen.
Während Hogart die eingekreisten Gassen auf seinem Stadtplan studierte, wählte Ivona permanent Veselys Nummer. Sobald die Mailbox aktiviert wurde, legte sie auf und drückte auf die Wiederwahltaste.
»Das bringt doch nichts«, sagte sie nach einer Weile.
»Machen Sie weiter, irgendwo muss das verdammte Handy ja liegen.«
Die Kälte kroch Hogart unter die Kleider. Trotzdem marschierten sie in Schlangenlinien den Platz hinunter, wobei sie einige Schritte in jede Seitengasse machten. Hinter den meisten Hauseingängen lagen Innenhöfe, von wo schmale Treppen zu Theaterbühnen oder Ausstellungsräumen führten. Reste abgerissener Plakate warben für ein Masken- und Puppenmuseum. Hässliche aufgequollene nackte Körper aus Holz und Plastik hingen an Seilen in den Schaufenstern. In einer anderen Gasse befand sich ein Kafka-Museum - wieder einmal. Der Eintritt war frei, allerdings durfte nicht fotografiert werden. An einer Häuserecke weiter unten, zu der Hogart unter normalen Umständen nie gekommen wäre, warb eine Tafel sogar für eine Ausstellung mittelalterlicher Folterinstrumente. Anscheinend lief die Galerie nicht besonders gut, da niemand im Kassenhäuschen saß und ein Papierstreifen mit der Aufschrift Canceled auf dem Fenster klebte. Zum Glück drang der Autolärm vom Platz nur gedämpft in die engen Gässchen. Hogart hoffte, dass er das Handyläuten gerade noch hören würde.
Unermüdlich wählte Ivona Veselys Nummer. Ihre Miene sagte deutlich, dass sie die ganze Aktion für Zeitverschwendung hielt. Am Ende
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