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Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Titel: Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lötz , Peter Neururer
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A4 großen Sammel-Kreuzworträtsel-biicher nebst Stift zückt und sich ans Lösen macht. Üblicherweise beschäftigen sich Spieler in der Zeit vor Smartphones und iPads auf Mannschaftsbusfahrten mit dem Hören von Musik, dem Kartenspielen mit Kollegen, andere lesen ein Buch, eine Zeitung oder sie dösen einfach vor sich hin. Aus Neururers Irritation wird Interesse, er beugt sich zu Glesius herüber:
    »Na, Arno. Läuft's?«, fragt der Trainer.
    »Ja«, sagt der Spieler. »Ich hab gerade den australischen Laufvogel mit drei Buchstaben rausgekriegt: Uhu.«
    Neururer muss sich spontan ein Lachen verkneifen, sagt dann:
    »Ich glaube, das ist nicht der Uhu, sondern der Emu, wenn ich das richtig weiß.«
    »Na, bravo«, sagt Glesius, »immerhin ein Buchstabe richtig.«
    Im Verlauf der Spielzeit kann die sportliche Leistung von Neururers Mannschaft dieses unterhaltsame Niveau leider nur zu selten auch auf dem Platz anbieten. Am 15. Mai, vier Spieltage vor Saisonschluss, muss derTabellen-15. und damit gerade soeben nicht auf einem Abstiegsplatz stehende FCS im Auswärtsspiel beim Hamburger SV antreten. Nach einer satten Heimniederlage von 0:4 gegen Borussia Mönchengladbach lässt die Ausgangslage für das Spiel an der Elbe wenig Interpretationsspielraum: Ein Sieg, mindestens ein Punkt muss her, denn bei einem sagenhaft schlechten Torverhältnis weisen die Saarländer mit 23 Punkten gerade mal einen Zähler Vorsprung auf den VfL Bochum auf Rang 16 und die mit Bochum punktgleichen Kölner auf. Zwei Punkte dahinter: das Schlusslicht Uerdingen, das am Vorabend mit 1:2 in Kaiserslautern verloren hat.
    Im alten Hamburger Volksparkstadion sind 13 200 Zuschauer erschienen, um sich das Kellerkind aus Saarbrücken anzusehen. Der Hamburger SV liegt auf einem gesicherten Mittelfeldplatz in der Tabelle und spielt unter dem brummigen Trainer Benno Möhlmann in diesem Jahr alles andere als Zauberfußball. Zu Hause hat man viele Punkte liegen lassen, es könnte also etwas gehen für die Gäste. Und tatsächlich zeigt Neururers Mannschaft in Hamburg guten Fußball, bestimmt das Geschehen, schießt aber kein Tor.
    Kurz nach der Pause - in Hamburg steht es immer noch 0:0 - geht Abstiegskonkurrent Köln in seinem zeitgleich stattfindenden Heimspiel gegen Karlsruhe, Arno Glesius' Ex-Club, mit 1:0 in Führung. In der 68. Minute - immer noch steht es im Volkspark 0:0 - vermeldet die Anzeigetafel im Stadion das 2:0 für Köln gegen Karlsruhe. Bei Dresden gegen Bochum steht es zu diesem Zeitpunkt 0:0. Damit ist der FCS auf einen Abstiegsplatz abgerutscht, die Spieler auf dem Rasen lassen die Köpfe hängen. Auf der Bank hingegen nervt Arno Glesius seinen Trainer:
    »Bringende mich, Trainer, ich mach auf jeden Fall ein Tor.«
    »Dann los«, sagt Neururer, »geh zum Linienrichter und sag ihm, dass du beim nächsten Aus eingewechselt wirst.«
    Glesius sprintet die Linie hinunter, doch ehe er den Unparteiischen erreicht hat, macht er kehrt und rennt zurück zur Trainerbank: »Trainer, was soll ich dem Linienrichter noch mal sagen?«
    Glesius kommt in der 71. Minute aufs Spielfeld für Juri Sawitschew. 13 Minuten später schießt Florian Weichert das 1:0, vier Minuten später Carsten Bäron das 2:0 für den HSV. Nach zwei üblen Heimklatschen gegen Bremen (0:4) und den VfB Stuttgart (1:4) steigt Saarbrücken ab. Von den letzten 16 Spielen hatte man keins gewinnen können. Arno Glesius kommt auf vier Saisoneinsätze und erzielt dabei kein Tor. Am 30. Juni 1993 endet Peter Neururers Vertrag, auf eine Verlängerung verzichtet der Trainer. In seinem letzten Spiel beim 1. FC Saarbrücken wird er Zeuge eines Vorfalls, der ihm in seinen bisher 25 Dienstjahren in dieser Form auch nur dies eine Mal widerfahrt. Verwickelt ist darin ein Kollege, der nach außen immer als Saubermann galt: der im Januar 2012 verstorbene Willi Entenmann.
    Es ergibt sich folgende Situation: Neururer ist mit seiner Mannschaft schon abgestiegen, muss am letzten Spieltag zum »Club« nach Nürnberg. Der FCN und sein Trainer Entenmann sind Tabellen-15., liegen einen Platz vor der Abstiegszone und müssen die Partie gegen Saarbrücken unbedingt gewinnen, um die Klasse noch zu halten. Verlieren die Club-berer oder spielen sie nur Unentschieden, kann der Tabellen-16. VfL Bochum an ihnen vorbeiziehen. Bochum hat das bessere Torverhältnis, muss allerdings zu Hause gegen Wattenscheid auch erst einmal gewinnen. Für den »Club« wäre es der vierte Bundesliga-Abstieg, noch dazu mit einem stark

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