Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers
Mönchengladbach gegen Dortmund. Neururer hat den FC zu Europapokal-Spielen begleitet, das Geld für die Flugtickets hat er sich durch Kellnern dazuverdient. Und noch heute ertönt manchmal ein seltsames Geräusch aus Neuru-rers Mobiltelefon: ein Geißbock-Meckern, Zeichen für eine aktuelle Info-SMS des Clubs.
Im Frühjahr 1996 ist es um den FC alles andere als gut bestellt, der dänische Trainer Morten Olsen ist nach einem 1:1 bei Fortuna Düsseldorf bereits am 2. Saisonspieltag beurlaubt worden und seinem Nachfolger, dem Ex-FC-Nationalspieler Stephan Engels, traut man im Club mittlerweile nicht wirklich mehr zu, das Ruder herumreißen zu können. Der FC trudelt seinem ersten Abstieg seit Bestehen der Bundesliga entgegen.
In dieser Situation erweisen sich Peter Neururers Kontakte zur »Bild«-Zeitung wieder einmal als nützlich. Aus seiner Zeit in Hannover kennt Neururer den »Bild«-Redakteur Bernd Stubmann, der unter anderem der »Ghostwriter« der bissigen
Kolumnen von Max Merkel ist. Stubmann kennt seinerseits Karl-Erich Jäger, den Sportchef der Kölner »Bild«-Ausgabe. Und Karl-Erich Jäger kennt sie alle beim 1. FC Köln. Er spricht mit dem Manager, Ex-Nationalspieler Bernd Cullmann, über Neururer.
Doch nicht Cullmann meldet sich am Telefon, sondern zunächst ein alter Bekannter Neururers: Wolfgang Loos. Die beiden haben gemeinsam beim ASC Schöppingen in der Oberliga Westfalen gespielt und dabei im Trainingslager sogar einmal das Zimmer geteilt. In der Zwischenzeit hat Loos beim 1. FC Köln eine Anstellung als Geschäftsstellenleiter erhalten, er kümmert sich um das Operative im Club.
Ob Neururer sich vorstellen könne, den FC zu retten, fragt Loos, der nicht wirklich weiß, dass er gerade mit einem der größten Anhänger des Clubs verbunden ist. Die Vertragsverhandlungen, bei Peter Neururer ohnehin nie eine langwierige Veranstaltung, gestalten sich in diesem Fall noch kürzer: Nach der o:i-Heirrfepielniederlage gegen den Mitabstiegskandidaten aus Kaiserslautern übernimmt Neururer den Tabellen-17. Sein erstes Spiel ist gleich ein Derby gegen Leverkusen. Der Traum ist wahr geworden: Peter Neururer ist Trainer seines Lieblingsvereins.
Schon bald trifft er in Köln nach Wolfgang Loos auf einen weiteren alten Bekannten: Rolf Herings. Das kölsche Urgestein kümmert sich um das Torwarttraining und die Kondition der FC-Lizenzspielermannschaft. Neururer kennt Herings von seiner Ausbildung an der Sporthochschule, wo Herings sein Dozent für Leichtathletik und später in der Fußballlehrerausbildung war. Herings spricht die Studenten mit Vornamen und »Sie« an, die Studenten sagen »Herr Herings«.
Neururer erscheint also zu seiner ersten Trainingseinheit am Kölner Geißbockheim. Er öffnet die Tür zu jenem Trakt, in dem sich Umkleiden und Büros befinden und geht in sein Trainerzimmer, in dem er bereits vom Noch-Trainerduo Stephan Engels und Heinz Flohe erwartet wird. Kurz darauf öffnet sich die Tür, und im Raum steht Rolf Herings.
»Hürens, Pitter, do häs et ja jetz jeschaff«, sagt Herings.
»Hör mal zu, Rolf, da haste Recht. Jetzt hab ich mein Lebensziel erreicht.«
Rolf?
Herings, seit heute Neururers Mitarbeiter und nicht mehr dessen Dozent, zuckt merklich, das Duzen hat er augenscheinlich nicht erwartet. Der neue Trainer eröffnet Herings, dass er seinen Torwarttrainerjob behalten kann. Für den Posten des Co-Trainers und den des Konditionstrainers habe er, Neururer, eine andere Lösung parat. Herings schluckt kurz, dann sagt er im Stile eines Mafia-Paten: »Hürens, Pitter, dat eine sach ich dir. Ich han hä beim FC zig Trainer üwerläv. Und dich, dich üwerläv ich ens och noch.«
Als Peter Neururer nach Köln kommt, nimmt er einen Imagewechsel vor. Wenn er sich jetzt an Spieltagen auf die Bank setzt, trägt er keine Blouson-Trainingsanzüge mehr. Beim 1. FC Köln, dem »feinen Club«, wie Toni Schumachers Mutter es einst so formuliert hat, trägt Neururer Anzug -darunter ein Hemd mit einem Werbeaufnäher am Kragen, weil dieser Sponsor einen Teil seiner Gehaltszahlungen übernimmt. Über dem Hemd allerdings baumeln stets komische Krawatten. Die sucht ihm seine kleine Tochter Kristin aus. Die Kölner Medien machen sich aus den bunt-gemusterten Bindern einen Spaß. Neururer ist es egal, zumal die ersten Wochen erfolgreich verlaufen.
Nach einem unerwarteten 2:i-Sieg im Derby in Leverkusen holt Neururer aus den folgenden fünf Spielen zehn Punkte und auch bei Bayern München verliert
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