Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers
seiner Mannschaft, im letzten Saisonspiel den Abstieg zu verhindern. Durch ein Tor von Stürmer Holger Gaißmayer gewinnt der FC mit 1:0 in Rostock, unmittelbar danach erhält der »Retter« Peter Neururer eine Anfrage, ob er am Abend als Gast ins ZDF-Sportstudio nach Mainz kommen wolle. Dorthin sind Trainer und Protagonisten eines spannenden letzten Spieltags eingeladen worden: neben dem Iiölner Trainer auch Rudi Völler, der im Trikot von Leverkusen gegen Kaiserslautern zittern musste. Das ZDF scheut keine ICosten und Mühen, Neururer wird mit einem Privatflieger in Rostock abgeholt. Eigentlich passt ihm das alles nicht, denn er will lieber mit seiner Mannschaft auf der Rückfahrt nach Köln feiern, als jetzt noch einen Pressetermin wahrnehmen zu müssen. Aber das Sportstudio ist die erste Adresse für Leute aus dem deutschen Fußballgeschäft, also nimmt man das mit.
Der Privatflieger ist eine einmotorige Maschine, im Cockpit sitzen Pilot und Co-Pilot. Letzterer übernimmt auch den Job des Stewards. Schon beim Besteigen des engen Passagierraums hat der 1,88 Meter große Neururer Schwierigkeiten. Ihm ist nicht besonders wohl angesichts des bevorstehenden Trips in dem kleinen Flieger. Vor seinem Sitz befindet sich ein Kasten. »Herr Neururer, das ist Ihre Bar«, sagt der Co-Pilot/ Steward, »bedienen Sie sich bitte.« In der »Bar« findet sich ausschließlich Rotwein. Gegessen hat der Trainer an diesem ereignisreichen Tag eine ganze Weile schon nichts mehr, der Wein trifft auf keine Grundlage. Neururer bedient sich.
Als er später am ZDF-Sendezentrum auf dem Mainzer Lerchenberg ankommt, wird er von der Redaktion mit einem Getränk in den Farben seines Arbeitgebers empfangen: Rot-Weiß ist nicht wirklich im Angebot, also gibt es einen Rose. Auch davon trinkt Neururer mehr als ein Glas.
Weil ihm inzwischen im Magen ein wenig flau ist, lässt sich der Trainer des 1. FC Köln eine Pizza und Cola bestellen. Doch der Bote vom Lieferservice trifft erst zu jenem Zeitpunkt ein, als Neururer auf die Torwand schießen darf. Links hinter der Torwand erkennt Neururer den jungen Mann aufgrund des obligatorischen Transportkartons in den Händen. Aber jetzt muss er erst mal schießen. Neururer zieht ab, trifft den Ball nicht richtig, dafür aber den Pizzaboten. Das Studio brüllt vor Lachen, die Zuschauer am Bildschirm sehen nicht, wie hinter den Kulissen die Pizzen durch die Luft fliegen.
... als der Sportdirektor kommt
Im Sommer 1996 geht der Trainer Peter Neururer mit dem 1. FC Köln in seine erste Spielzeit von Beginn an. Der Start mutet nach dem Fast-Abstieg geradezu unwirklich an. Nach Siegen gegen Fortuna Düsseldorf, 1860 München und den SC Freiburg ist der FC Tabellenzweiter. In Köln träumt schon wieder jeder von der Teilnahme am internationalen Wettbewerb, die ganz großen Optimisten trauen der Mannschaft sogar zu, ein Wörtchen bei der Vergabe des Meistertitels mitzusprechen. Nach einem Zweitrundenaus im Pokal beim FSV Zwickau ist es mit der Euphorie für zwei Wochen dahin, ehe der FC zu Hause gegen den Erzrivalen aus Mönchengladbach mit 4:0 gewinnt - es ist der höchste Kölner Sieg gegen eine »Elf vom Niederrhein« in der Bundesliga-Geschichte. Danach allerdings verfällt Neururers Mannschaft in eine Mittelmäßigkeit, aus der sie bis zum Ende der Saison auf Platz zehn landend nicht mehr herauskommt.
Zu Beginn der folgenden Saison ist Präsident Klaus Hartmann, zu dem Neururer ein ausgesprochen gutes Verhältnis entwickelt hat, entschlossen, die Position eines Sportdirektors zu schaffen und angemessen zu besetzen. Auch Neururer findet diese Idee gut. Ein weiterer Ansprechpartner im sportlichen Bereich, sagt er sich, kann nicht schaden. Hartmann fragt den Trainer, ob er jemanden für den Job wüsste. Neururer schlägt drei Personen vor: Heribert Bruchhagen, den er aus gemeinsamen Zeiten bei Schalke kennt, Rolf Rüssmann, auch ein ehemaliger Schalker, der sich als Manager bei Borussia Mönchengladbach einen Namen gemacht hat. Der dritte Vorschlag Neururers ist Karl-Heinz Thielen, ehemaliger Nationalspieler des FC und in den 1970er- und ig8oer-Jahren in verschiedenen administrativen Positionen für den Club tätig gewesen. Knapp zwei Wochen nach dieser Anfrage, Peter Neu-rurer hat gerade seinen Vertrag verlängert, informiert Klaus Hartmann den Trainer, dass man Carl-Heinz Rühl, einen ehemaligen Spieler des FC, als neuen Sportdirektor verpflichtet habe.
Rühl hat acht, überwiegend erfolgreiche Jahre als
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