Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers
vertraut ist. Zum einen kennt er weder den Termin der Auslosung für die erste Runde des Wettbewerbs, noch weiß er, dass das verlorene Halbfinale - nach einem 2:1 im Hinspiel scheidet der FC durch ein 0:1 im Rückspiel bei HSC Montpellier aus - eine große Bedeutung hat. Hätte Köln diese Auseinandersetzung mit den Franzosen überstanden, wäre man für den UEFA-Pokal qualifiziert gewesen.
Nach drei sieglosen Spielen gewinnt der FC am 5. Spieltag der Saison 1997/98 mit 5:3 gegen den VfL Wolfsburg. Neururers Mannschaft verbessert sich von Tabellenplatz 14 auf 9. Der Trainer gibt seinen Spielern für den folgenden Montag frei, er selbst geht abends in Gelsenkirchen essen. Da die Besitzer ihres Stammlokals »La Scala« sich vor Kurzem entschlossen haben, den Montag zum Ruhetag zu erklären, besucht Familie Neururer einen anderen Italiener. Weil die Kinder noch klein sind, trifft man bereits um 18 Uhr in dem neu ausgewählten Restaurant ein. Man setzt sich, bestellt Vorspeisen, die nicht so recht den Geschmack treffen, man lässt sie zurückgehen. Die Hauptspeise erfüllt die Erwartungen ebenfalls nicht - aber das ist kein Drama, Peter Neururer zahlt und schlägt seiner Frau Antje vor, dass er zu Hause noch Spaghetti all'arrabbiata für alle kocht. Abfahrt. Neururer kocht, die Familie isst. Um acht Uhr klingelt das Telefon.
»Neururer?«
»Calli Rühl hier. Du, Trainer, wenn es dir so schlecht geht, dann sag Bescheid, dann machst du mal 14 Tage Pause.«
»Wie bitte, mir soll es schlecht gehen?«, fragt Neururer. »Ich habe keine Probleme.«
»Wieso, du bist doch ins Krankenhaus eingeliefert worden?«
»Bitte, was? Ich soll ins Krankenhaus eingeliefert worden sein? Ich bin topfit und stehe hier zu Hause am Telefon, da, wo du auch angerufen hast.«
Am Tag danach vermeldet der »Express«, Neururer habe während eines Abendessens mit seiner Familie in einem Gelsenkirchener Restaurant einen Kreislaufkollaps erlitten. Einen weiteren Tag später, am 24. September 1997, titelt das Blatt: »Bewußtlos kippte Neururer von seinem Stuhl - statt Cognac-Soße kam der Notarzt«.
Neururer ahnt, was da vor sich geht. Er greift sich den Spielplan, die Reihenfolge der Spiele lautet: auswärts beim Hamburger SV, zu Hause gegen die Bayern, dann bei Hertha BSC. Der Trainer sagt zu seiner Frau. »Nach dem Spiel gegen Hertha Ende September kannst du für uns ein Ferienhaus buchen, irgendwo in Portugal. Da fliegen wir mit den Kindern hin.«
»Wie, Urlaub buchen?«, sagt Antje Neururer. »Die schmeißen dich doch im Leben nicht raus. Du bist in Köln doch der Publikumsliebling, es läuft doch alles.«
Doch ihr Mann ist sich sicher: »Nach dem Spiel bin ich entlassen«, sagt er - und so kommt es auch.
Der für den 1. FC Köln beim »Express« verantwortliche Redakteur ist Hans-Jürgen Schäfer. In seiner Zeit als FC-Reporter zeichnet Schäfer immer eine sehr große Nähe zur Mannschaft aus, er ist sehr gut informiert. Als der FC vor der Saison 1996/97 ein Trainingslager auf Norderney abhält, ist Schäfer dabei und erhält dort zunächst Kenntnis von Peter Neururers Hundeallergie. Immer, wenn der Terrier des Hotelbesitzers durch den Speisesaal flitzt, bekommt Neururer Atemnot.
Schäfer hat den Weg von Köln auf die Nordseeinsel in seinem italienischen Cabrio zurückgelegt und fallt vor Ort dadurch auf, dass er dem Mannschaftsbus ständig hinterherfährt, was Spielern und Trainer auf die Nerven geht.
Der Reporter parkt seinen Wagen mit geöffnetem Verdeck in der Nähe des Teamhotels. Als die Mannschaft eines Morgens das Hotel verlässt, ist von Schäfer nichts zu sehen, nur sein Auto steht da. Da kommen eine Handvoll Spieler auf die Idee, einen nah bei Schäfers Auto liegenden Findling ins Wageninnere auf den Fahrersitz zu wuchten. Den schweren Stein allein herauszubekommen - für Schäfer unmöglich.
Als die Mannschaft vom Training wieder zurück zum Hotel kommt, begegnet sie einem aufgebrachten »Express«-Re-porter: »Wer war das?«, schreit Schäfer. Außer grinsenden Gesichtern erhält er keine Antwort.
Oft ist Neururer von Schäfer genervt, aber der Trainer hat durchaus Respekt vor der Arbeit, die der Reporter leistet. Denn Schäfer recherchiert in der Regel gründlich und setzt nicht nur irgendwelche Behauptungen in die Welt. So treffen sich der Trainer und der Journalist zusammen mit Geschäftsführer Loos, einer wertvollen Informationsquelle Schäfers, zum Skat im Mannschaftshotel. Es geht um ein wenig Geld, am Ende des
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