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Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Titel: Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lötz , Peter Neururer
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Bauer. Sie wissen, sie müssen Kalla bringen, aber jeder von ihnen hat Zweifel. Bei Nürnberg spielt mit Sasa Ciric ein antrittsschneller, abgezockter, torgefahrlicher Stürmer. Die Sorge ist groß, dass Kalla untergeht, aber das tut Kalla nicht. Von Ciric ist nichts zu sehen, Kalla gewinnt jedes Kopfballduell, jeden Sprint. Und so entwickelt sich der Kameruner, der bei keinem Bezirksligisten das Probetraining überstanden hätte, zum Leistungsträger beim VfL Bochum.
    Die Atmosphäre in diesem VfL Bochum ist familiär. Natürlich isst man einmal in der Woche, dienstags mittags, im Trainerbüro Currywurst mit Pommes und Mayo. Ähnlichen Kultcharakter besitzt das darauffolgende nachmittägliche Weizenbier, das die Mitarbeiter des Profibereichs - Mannschaft exklusive - nach Feierabend in der Kabine zu sich nehmen. Was auf den ersten Blick unprofessionell klingt, sorgt indes dafür, dass die Profiabteilung zu einer geschlossenen und ungeheuer harmonischen Einheit zusammenwächst. Jeder Einzelne der Peter Neururer anvertrauten Spieler kommt plötzlich mit sportlichen Aufgaben klar, deren Bewältigung er sich zuvor gar nicht zugetraut hätte. Im gleichen Maße steigt auch die öffentliche Aufmerksamkeit am Verein: Der VfL Bochum verlässt seine ewige Nische, spielt Gastgeber Dortmund an die Wand, gewinnt zweimal beim FC Schalke. Das »kleine Bochum« verschwindet. Plötzlich spielt der VfL im Europapokal - Schalke und Dortmund nicht. Und doch wäre da fast wieder ein altes, längst geschlossen geglaubtes Fass aufgemacht worden: Neururers Vergangenheit als Trainer des ungeliebten Revierrivalen Schalke.
    Der VfL befindet sich auf einer Euphoriewelle, als am Geburtstag des Trainers das Spiel bei Schalke in der ausverkauften Arena stattfindet. Trotz der guten sportlichen Lage sieht man sich aufseiten des VfL in diesem Derby nicht als Favorit. Eher geht es darum, ein möglichst gutes Resultat mitzunehmen. Neururer will, zumal an seinem Geburtstag, zumindest nicht verlieren.
    Als der Trainer das Stadion betritt, beginnen die Schalke-Fans in der Nordkurve plötzlich, »Happy Birthday« zu singen, woraufhin Bochums Anhang nicht pfeift, sondern in das Ständchen mit einsteigt. Neururer steht mitten in der Arena und ist beeindruckt, damit hat er nun wirklich nicht gerechnet. Da kommt auf Höhe der Mittellinie Schalkes Präsident Josef »Jupp« Schnusenberg auf den Jubilar zu, beglückwünscht Neururer mittels Mikrofon und überreicht ihm ein eingerahmtes Schalke-Trikot mit Namen und Geburtsjahr Neururers aufgedruckt. Von den Rängen gibt es Applaus. Schnusenberg raunt Neururer zu: »Trainer, halt doch mal das Trikot hoch.« Neururer denkt gerade mehr an das bevorstehende Spiel. Okay, sagt er sich, kann man machen.
    Plötzlich ergeht ein irres Pfeifkonzert aus dem Bochumer Block. Was Neururer vergessen hat: Unter der Stadionkuppel hängt ein großer Würfel mit Displays, auf denen im kompletten Stadion wunderbar zu sehen ist, wie der Gästetrainer das Trikot des Erzfeindes grinsend in die Höhe hält. Sofort nimmt Neururer den Rahmen runter und raunt seinem Co-Trainer Heinemann zu: »Wenn wir die Nummer heute hier verlieren, ist der ganze Kredit, den ich mir bei den Fans aufgebaut habe, mit einem Mal weg.« Es kommt zum Glück für Neururer anders, seine Mannschaft siegt durch Tore von Thomas Christiansen und Delron Bucldey. Später wird er sagen: »Dieses Spiel werde ich nicht vergessen, auch wenn ich mal die Champions League gewinne.«
    In seine Zeit in Bochum fallt auch eine andere, recht unglaubliche Anekdote. Der VfL muss im November 2002 zum Auswärtsspiel in Kaiserslautern antreten. Das Spiel muss wegen Unwetters verschoben werden. Statt am Sonntag soll es am Mittwoch stattfinden. Neururer und die VfL-Ver-antwortlichen entscheiden, nicht wieder ins Ruhrgebiet zurückzureisen, sondern in der Pfalz zu bleiben. Mit dem FCK wird vereinbart, dass die Bochumer Mannschaft sich auf dem Trainingsgelände am Betzenberg auf das Spiel vorbereiten kann.
    Als die Bochumer zu ihrer ersten Einheit an der Kultstätte antreten, erhalten sie eine Umkleidekabine zugewiesen. Neu-rurer bemerkt, dass neben diesem Raum zwei weitere äußerst geräumige Umkleiden in dem Trakt vorhanden sind. Er spricht Lauterns Torwarttrainer Gerald Ehrmann darauf an.
    »Sag mal, Gerry, können wir nicht in eine der beiden größeren Kabinen rein?«
    »Keine Chance.«
    »Weshalb nicht?«
    »Die brauchen wir für unsere Mannschaft.«
    »Zwei Kabinen?«
    »Ja, in der

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