Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

einen sitzen die Spieler, die von Roger Wittmann gemanagt werden, in der anderen die von Berater Michael Becker.« '*
    Dass durch die Lauterer Mannschaft ein Riss geht, macht sich nicht nur bei der 0:2.-Niederlage gegen den VfL, sondern auch noch bis zum Saisonende bemerkbar: Der FCK entgeht als Tabellen-14. nur knapp dem Abstieg.
    In seiner zweiten Bundesliga-Saison beim VfL Bochum erlebt Neururer die persönlich größte Enttäuschung in all den Jahren im bezahlten Fußball. Den Spieler Sunday Oliseh hat der Trainer in der gemeinsamen Zeit in Köln kennen- und schätzengelernt. Als sich die Chance bietet, den Nigerianer nach dessen Stationen bei Ajax Amsterdam und Juventus Turin von Borussia Dortmund zur Saison 2003/04 auszuleihen, nimmt Neururer diese Möglichkeit sofort wahr. An den 2,5 Millionen Euro Jahresgehalt des defensiven Mittelfeldspielers beteiligt sich der BVB. Oliseh entpuppt sich schnell als die erwartete Verstärkung für den VfL, er ist ein freundlicher, intelligenter 28-Jähriger, der die Mannschaft nicht nur sportlich, sondern auch menschlich verstärkt.
    Am 28. Februar 2004 empfangt Bochum Hansa Rostock. Es steht 0:0, als Oliseh und der Iraner Vahid Hashemian nach der Halbzeitpause das Spielfeld betreten und Oliseh Hashemian die Anweisung erteilt, er solle nicht immer so viel dribbeln. Daraufhin antwortet Hashemian dem Kollegen Oliseh, dass der ihm keine Anweisungen zu geben habe. Oliseh, so Hashemian weiter, sei ja nicht der Kapitän oder Trainer der Mannschaft.
    Nachdem das Spiel 0:0 geendet ist, treffen Oliseh und Hashemian im Mittelkreis aufeinander, es kommt zu einem Handgemenge; Schlimmeres verhindert Kapitän Dariusz Wosz, der entschlossen zwischen die beiden geht. Dennoch eskalieren die Dinge.
    Der völlig aufgebrachte Oliseh verschwindet in den Katakomben des Ruhrstadions. Er wird dort, wie sich später herausstellt, in Eile sämtliche Türen in der Bochumer Kabine abschließen, und, nachdem Hashemian den Raum betreten hat, verriegelt er auch die Eingangstür. Daraufhin geht alles so schnell, dass keiner der anwesenden Spieler die Möglichkeit hat einzugreifen. Oliseh stürzt auf den Iraner zu und bricht ihm mit einem Kopfstoß gezielt das Nasenbein.
    Zunächst erklärt Oliseh, Hashemian habe ihn »mit Worten übel verletzt«. Im klärenden Gespräch mit Präsident Altegoer und Trainer Neururer, behauptet der Nigerianer, er sei von Hashemian rassistisch beleidigt worden, dann sei es mit ihm durchgegangen. Neururer kennt Vahid Hashemian als äußerst sensiblen, zurückhaltenden Spieler, dem Rassismus fremd ist. Zudem ist er vom geplanten, brutalen Vorgehen des ansonsten so charmant-friedfertigen Sunday Oliseh geschockt. Der
    Mannschaftsrat lässt die Verantwortlichen wissen, dass kein Spieler mehr mit Oliseh zusammenarbeiten wird. Altegoer teilt dem Nigerianer daraufhin mit, dass er wegen des Vorfalls mit sofortiger Wirkung freigestellt ist. Vahid Hashemian verzichtet auf eine Anklage wegen Körperverletzung.
    Kurz darauf, am 4. März 2004, wird Peter Neururers Vertrag mit dem VfL Bochum vorzeitig um zwei Jahre bis zum Sommer 2007 verlängert, am Ende der Spielzeit 2003/04 steht Bochum auf Rang fünf der Tabelle und hat sich damit zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte für den Europapokal qualifiziert. Doch im UEFA-Pokal kommt die Mannschaft nicht über die erste Runde hinaus, weil sich der eingewechselte Edu in der letzten Nachspielminute des Rückspiels zu Hause gegen Standard Lüttich einen folgenschweren Luftschlag leistet. Daraus resultiert der Treffer zum 1:1 für die Belgier, Bochum scheidet nach einem 0:0 im Hinspiel somit unglücklich und ungeschlagen aus. Auch in der Bundesliga läuft es schldfcht, man gerät in den Abstiegskampf.
    Da entscheidet Neururer, sich gegenüber Präsident Altegoer zu verpflichten, dass er im Falle eines Abstiegs von seinem Amt zurücktritt. Wieder mal will der Trainer ein Zeichen setzen: alles für den Verein. Tatsächlich glaubt Neururer nicht daran, dass es zum Äußersten kommen wird.
    Altegoer akzeptiert die Entscheidung des Trainers, auch wenn er sie als nicht richtig erachtet. Die beiden machen die Sache öffentlich.
    Der 30. April 2005 ist der Tag, an dem Bayern München in der Fußball-Bundesliga seine 19. Deutsche Meisterschaft feiert, und auch für den VfL Bochum ist es ein wichtiger Tag. Vor dem Heimspiel spricht Neururer seinen Kapitän Dariusz Wosz, der immer noch nicht glauben kann, dass der Trainer beim Abstieg seinen Stuhl räumen