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Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Titel: Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lötz , Peter Neururer
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Neururer, »ist einzigartig.« Genauer: War einzigartig, seiner Meinung nach. Denn mit dem Abgang von Altegoer im Jahre 2010 - die Mitglieder verweigern dem Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender Altegoer war, die Entlastung -, so empfindet Neururer das, geht in Bochum nichts mehr. »Ein Altegoer kann gehen, das ist nicht das Problem. Aber an seine Stelle hätte in Bochum jemand von ähnlichem Typus treten müssen.«
    Als Peter Neururer Altegoer im Sommer 2002 beispielsweise berichtet, er wolle Raymond Kalla verpflichten, ist der Präsident skeptisch und bleibt es auch, als der Trainer den Innenverteidiger als große Verstärkung anpreist. Und obwohl ihn weiter Zweifel an dem Nationalspieler aus Kamerun plagen, erklärt Altegoer Journalisten gegenüber: »Wir haben uns entschieden, Kalla zu verpflichten.« Wir. Nicht der Trainer. Wir.
    Kalla hatte Neururer vor zig Jahren in einem Spiel der Copa del Rey, dem spanischen Pokal, im Team von Extremadura gesehen. Als sie beim VfL dann einen möglichst erfahrenen Innenverteidiger suchen, erinnert Neururer sich an Kalla, der mit der Nationalmannschaft Kameruns bei der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea spielen wird. »Die unbezähmbaren Löwen« werden von dem Deutschen »Winnie« Schäfer trainiert.
    Nachdem Neururer das Olcay von Altegoer erhält, ruft er Schäfer an und erkundigt sich, wie der Kalla einschätzt und wann die Mannschaft in Japan trainiert. Dann fliegt er los: über Tokio nach Ibaraki, eine mehrstündige, fürchterlich anstrengende Anreise. Als Neururer beim Training in Ibaraki ankommt, erwartet ihn eine kleine Überraschung - denn Raymond Kalla trainiert gar nicht mit. Neururer wendet sich genervt an Schäfer:
    »Sag mal, Winnie, das kann doch wohl nicht sein, dass ich hier Tausende von Kilometern fliege, und dann trainiert mein Mann hier gar nicht!«
    »Peter, bist du bescheuert?«, pfeift ihn Schäfer an. »Der hat doch mittrainiert!«
    »Was? Ich hab hier keinen Raymond Kalla gesehen«, blafft Neururer zurück.
    »Da vorn ist er doch«, sagt Schäfer und deutet auf den Trainingsplatz, auf dem die Spieler nach dem Ende der Einheit nun die Hütdhen aufsammeln und aus den Wasserflaschen trinken.
    »Oh, stimmt«, gesteht Neururer kleinlaut ein. Kalla war ihm einfach nicht aufgefallen, und so richtig gut erinnert er sich an die äußere Erscheinung des 1,90-Meter-Mannes nun auch nicht mehr.
    Im WM-Vorrunden-Spiel gegen Deutschland (0:2) zeigt Kalla eine sehr gute Leistung. Bochums Präsident Altegoer hat das Spiel im Fernsehen verfolgt und ist mit Neururer einer Meinung: ein starker Spieler. Weiterbeobachten.
    Beim nächsten Training fallt Kalla Neururer wieder nicht auf, für den Trainer aber überwiegt der Eindruck aus dem Spiel. Man verhandelt lange und wird sich einig. Der VfL Bochum hat einen neuen Innenverteidiger, einen WM-Teilnehmer noch dazu.
    Vor der ersten Trainingseinheit zur neuen Spielzeit fahrt vor der Geschäftsstelle in Bochum ein schwarzer Mercedes vor. Aus dem Font der Limousine klettert Raymond Kalla heraus, die mit jeder Menge Vorschusslorbeeren überhäufte Neuverpflichtung kann sich augenscheinlich kaum bewegen. Die sportärztliche Untersuchung ergibt, dass die Knie des Kameruners kaputt sind - nicht ganz unnormal in diesem Alter. Alter? Welches Alter? Auf der offiziellen FIFA-Liste ist das Alter von Kalla mit 28 Jahren angegeben, einige in Bochum sind sich hingegen sicher, dass der Mann die 30 locker schon überschritten hat.
    Im ersten Training fällt Kallas unglaubliche Ausstrahlung auf, und es ist kein Problem, dass er ausschließlich Französisch sprechen kann. Man spielt 5 gegen 2. Binnen Minuten kassiert Kalla mehrere Beinschüsse - das soll also der neue, erstklassige Innenverteidiger sein?
    Denkt sich auch Peter Neururer, der danebensteht und erschüttert ist. Was ist da falsch gelaufen, fragt er sich. Beim anschließenden Schusstraining wird es noch dramatischer, Kalla ist nicht in der Lage, einen Ball von der Strafraumkante einigermaßen stramm aufs Tor zu bringen. Die folgenden Einheiten laufen ähnlich ab. Im ersten Vorbereitungsspiel zeigt Kalla dann eine gute Leistung, doch schon beim Schnelligkeitstraining zum Abschluss der Vorbereitung kommt der nächste Rückschlag: Kalla ist der langsamste Spieler im Kader-mit Abstand. Selbst Neururer kann schneller laufen.
    Vor dem Bundesliga-Auftakt beim 1. FC Nürnberg tagt das Bochumer Trainerteam: Neururer, seine Co-Trainer »Funny« Heinemann und Nico Michaty, Mannschaftsarzt

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