Peter Nimble und seine magischen Augen
ich bin nicht der Junge, nach dem Sie suchen.«
Professor Cake erhob sich aus seinem Sessel. »Große Entscheidungen sind selten leicht. Es ist dein Schicksal und somit auch deine Wahl.« Er nahm die goldenen Augen aus der Kiste und drückte sie Peter in die Hand. »Ich habe dafür gesorgt, dass diese Augen dich wieder nach Hause bringen, zurück zu dem Leben, das du kennst. Dort kannst du dann wieder ungestört Abfälle essen und hart arbeitenden Leuten ihr Erspartes stehlen. Wenn du dich hingegen entschließt, die Aufgabe anzunehmen, kann ich dir nichts weiter versprechen als Gefahren, Opfer und möglicherweise den Tod. Und all das, um einem Fremden in Not zu helfen.« Schlurfend ging er zur Tür. »Ich wünschte, deine Wahlmöglichkeiten wären angenehmer«, sagte er, dann erklomm er die Treppe zu seiner Werkstatt.
Sir Tode blieb noch einen Moment sitzen. »Peter? Wenn wir beide uns auf den Weg machen würden – «
»Tut mir leid, dass ich Ihnen das Abenteuer kaputt mache«, murmelte der Junge.
»Schon gut. Es ist nur …« Er räusperte sich. »Es hätte mir gefallen … einen Freund zu haben.« Damit sprang der Ritter von seinem Stuhl, trabte hinaus und überließ Peter seinen Gedanken.
Professor Cake hatte Recht gehabt, was die Tageszeit auf der Insel anging. Die Morgenstunden glichen in keiner Weise dem dunstigen Tagesanbruch in Peters Hafenstadt. Stattdessen nahm eine brennende Sonne den gesamten Horizont ein wie ein riesiger glühender Kompass.
»Das wurde aber auch verdammt noch mal Zeit!«, sagte Sir Tode, als Peter zum Frühstück in die Küche geschlurft kam.
Der Junge antwortete auf den Rüffel nur mit einem ausgedehnten Gähnen. Er hatte die ganze Nacht wach gelegen, über das Angebot des Professors nachgedacht und versucht, eine Entscheidung zu treffen. Ihm blieb die Wahl zwischen vertrautem Elend und furchteinflößender Ungewissheit. Doch mehr als jedes Für und Wider hatte Peter vor allem eins davon überzeugt, zu bleiben: die Tatsache, dass Professor Cake ihm überhaupt, eine Wahl gelassen hatte. Dieses Geschenk hatte ihm noch nie jemand gemacht.
»Du hast eine mutige Entscheidung getroffen, mein Junge.« Der alte Mann führte ihn zu einem Stuhl am Frühstückstisch. »Und was noch viel klüger war, du hast dich dazu entschlossen, in den Genuss von Mr Pounds köstlichem Abschiedsmahl zu kommen!«
Vor Peters Platz türmte sich ein Berg von gefüllten Rumpasteten und Butterwürstchen auf. »Iss, so viel du kannst«, sagte Mr Pound und brachte ihm einen vorgewärmten Teller vom Ofen. »Das ist vielleicht für lange Zeit deine letzte warme Mahlzeit.«
»Bevor ich hierherkam«, sagte Peter und schlang ein gedünstetes Gurkenherz hinunter, »habe ich noch nie eine warme Mahlzeit gehabt.«
»Dann sieh zu, dass du deinen Teller leer kriegst, damit wir dir einen Nachschlag geben können!« Das ließ Peter sich nicht zweimal sagen. Er hatte schon die Hälfte der Würstchen und einen Laib Morcheltoast verputzt. Mr Pound stieß einen Pfiff aus. »Du hast einen ganz schönen Appetit, junger Mann! Da werde ich wohl besser mal den Proviant in der Scop aufstocken, bevor ihr losfahrt.«
»Schoff?«, sagte der Junge mit vollem Mund.
»Das ist der Name deines Schiffs, Captain Peter!«
Nach dem Frühstück führten die beiden Männer sie zu einem kleinen Anleger, wo die Scop auf sie wartete. Peter kletterte an Bord und begab sich auf Erkundungstour. Die dauerte nicht lange, denn das Boot war kaum größer als ein Bett. Es hatte einen dünnen Mast und ein einfaches Stoffsegel. Das Heck war vollgepackt mit Proviant und Ausrüstung für die Reise. Das Einzige, was fehlte, war eine Karte und ein Kompass. »Wenn das Königreich verschwunden ist«, sagte Peter und kletterte wieder auf den Anleger, »wie sollen wir dann den Weg dorthin finden?«
»Tja, gute Frage.« Der Professor schmunzelte. Er nahm die grüne Flasche aus Peters Sack und drückte ihm die Nachricht daraus in die Hand. Dann kniete er sich hin und band die leere Flasche mit einem Stück Schnur an den Bug. Sobald die Flasche an ihrem Platz war, hörte Peter ein leises Pfeifen, verursacht vom Wind, der über die Öffnung strich. »Das Lied wird dem Wind sagen, woher die Flasche kommt«, sagte Professor Cake und erhob sich mit Hilfe seines Stocks. »Es sollte euch nah genug heranbringen.«
»Unser eigenes Schiff, Peter! Ist sie nicht ein Prachtstück?!«Sir Tode kletterte auf den Mast, um das Ausschauhalten zu üben. »Abenteuer voraus!«, rief
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