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Peter Nimble und seine magischen Augen

Peter Nimble und seine magischen Augen

Titel: Peter Nimble und seine magischen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Auxier
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ziemlicher Sicherheit dort in der Wüste erstickt. Doch diesmal war es anders. Die Augen schienen ihn zu rufen. Und obwohl er vor Angst wie gelähmt war, wusste Peter tief in seinem Innern, dass er antworten musste.
    Er nahm das schwarze Paar aus den Eierschalen und schloss den Deckel. »Also gut, ihr zwei«, sagte er. »Ich gebe euch noch eine Chance – aber nur wenn ihr mir versprecht, dass ihr mich nicht umbringt.« Doch die Augen schwiegen beharrlich. Peter versteckte die Kiste hinter einem Vorsprung und stellte sich vor das Tor. Er nahm die Augenbinde ab und holte tief Luft. Dann schob er die Augen in ihre Höhlen und blinzelte.
    Diesmal hörte Peter nicht auf zu atmen. Und er hörte auch nicht das Gurgeln von Wasser. Stattdessen spürte er, als er die Augen öffnete, wie seine Hände und Füße starr wurden. Der Boden unter ihm verwandelte sich und öffnete sich zu einer breiten zerklüfteten Schlucht. »Was passiert mit mir?!«, rief er, doch seine Stimme klang ganz schwach und leise. Sehen konnte Peter noch immer nichts – er war genauso blind wie eh und je –, aber sein ganzer Körperfühlte sich irgendwie anders an. Seine Finger waren vollkommen nutzlos, er merkte nicht einmal, was sie berührten. Und er hatte einen grässlichen Geschmack im Mund. Was war das? Leckte er etwa den Boden ab? Nein, Moment, das war gar nicht sein Mund – es waren seine Füße! Er konnte mit seinen Füßen den Boden schmecken!
    Peter lief hin und her und versuchte, sich zu orientieren, aber der Gang war plötzlich riesengroß. Ganz gleich, wie weit er lief, die Mauer schien einfach nicht näher zu kommen. »Was haben die Augen mit mir gemacht?«, rief er und streckte seine Fühler aus. » Ahhh! «, schrie er, als er merkte, dass er tatsächlich Fühler besaß. Denn der junge Meisterdieb hatte sich in einen glänzenden schwarzen Käfer verwandelt.
    Ein Käfer zu sein war ein ziemlich merkwürdiges Gefühl. Peter war es nicht gewohnt, für eine kleine Entfernung so weit laufen zu müssen. Obendrein stellte ihn seine Blindheit nun vor noch größere Schwierigkeiten: Er musste sich an lauter neue Sinne gewöhnen – anderen Geschmackssinn, anderen Tastsinn, anderes Gehör –, und riechen konnte er überhaupt nicht mehr. Doch er lernte schnell, wie er sich mit seinen Füßen vorwärtstasten konnte und was seine Fühler ihm vermittelten.
    In Anbetracht seiner neuen Größe stellte das Tor nun kein Problem mehr dar. Peter krabbelte einfach unter den Eisenstangen hindurch und war alsbald auf der anderen Seite. Er lief in eine dunkle Ecke und zog die magischen Augen mit seinen Vorderbeinen heraus.
    Innerhalb weniger Sekunden war Peter Nimble wieder ein kleiner Junge. Er legte sich die Augenbinde um, ließ die schwarzen Augen in seine Hosentasche gleiten und dachte über diese neue Erfahrung nach. Das goldene Paar trans portierte ihn; dieses Paar trans formierte ihn. Aber warumin einen Käfer? Warum um alles in der Welt sollte Professor Cake ihnen eine so merkwürdige Fähigkeit geben? Er dachte daran zurück, wie er das schwarze Paar in der Bußwüste ausprobiert hatte. Sir Tode hatte gesagt, Peters Körper hätte sich damals auch verwandelt, aber auf andere Weise: Seine Haut war ganz klamm geworden, und er hatte keine Luft mehr bekommen. Was auch immer die Antwort darauf war, der Junge wusste, dass diese Augen mehr konnten, als auf den ersten Blick zu erkennen war.
    Als Peter den Speisesaal betrat, sah er, dass dieser sich ebenfalls verwandelt hatte. Der Raum war ein einziges Durcheinander. Überall lagen Teller, Besteck und Essensreste. Soßen und Fleischpasteten waren bereits schlecht geworden. Mit gerümpfter Nase balancierte er zwischen geronnenen Sahnebällchen und Pfützen aus Cheddarschaum hindurch. Das Bittere, was er beim Essen bemerkt hatte, war stärker geworden; es schlug ihm jetzt von jedem umgestürzten Teller entgegen. »Wer hat nur dieses Durcheinander angerichtet?«, fragte er sich leise. Dann erinnerte er sich an die Panik, die beim Klang der großen Glocke ausgebrochen war. Er neigte den Kopf und lauschte auf das Ticken, doch er hörte nur ein gleichförmiges Knirschen.
    Vorsichtig bewegte sich der Meisterdieb durch den Raum, bis er zu einem kleinen Vogel kam, der auf einer Steinsäule saß und schlief. Wenn das Ungeheuer Sir Tode durch diesen Saal geschleppt hatte, konnten die Vögel ihm vielleicht sagen, wohin sie verschwunden waren. Er erinnerte sich an das leise Klirren, das den Gesang der Vögel begleitet

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