Peter Nimble und seine magischen Augen
gewagte Flucht gelungen. »Ich verlange, dass ihr meinen Gefährten augenblicklich befreit! Und bei der Gelegenheit könnt ihr euch gleich bei mir entschuldigen, ihr verzogenen Gören!«
Peter hörte, wie seine vier Bewacher zusammenliefen. »Hol Peg!«, rief einer von ihnen. »Und ihr anderen – schnappt ihn euch!«
»Einmal reicht mir, besten Dank!« Mit furchteinflößendemKnurren stürzte sich Sir Tode auf seine Angreifer. Peter kämpfte mit seinen Fesseln, versuchte dabei aber, das Schlachtgetümmel zu verfolgen. Nach allem, was er ausmachen konnte, schien Sir Tode bestens allein zurechtzukommen. Der Ritter sprang wild hin und her und attackierte sie mit Hufen und Beleidigungen.
» En garde , Bösewicht!«
» Auuu! «
»Nimm das, du Rüpel!«
» Aaaah! «
»Und das ist für – «
» Erwischt! «, rief einer von den Jungen. Der Stimme nach musste es Scrape sein.
»Lass mich sofort los, du feiger Schwanzgreifer!« Peter schloss daraus, dass der Junge Sir Tode tatsächlich am Schwanz gepackt hatte. »Das ist ein schmutziger Trick!«
»Oh, ich kenne noch viel schmutzigere Tricks«, sagte Scrape. »Holt mir ein paar Steine und eine Lunte. Wir wollen doch mal sehen, wie groß deine Klappe mit einem Bauch voller – «
»WENN DU IHN ANFASST, BIST DU TOT!«
Alle fuhren herum, als Peter plötzlich hinter ihnen stand und die rostige Kette abschüttelte. Er hatte Scrapes Dolch in der Hand, den er dem Jungen in dem Getümmel abgeluchst hatte. Da er nicht wusste, wie er die Waffe halten sollte, warf er sie zwischen beiden Händen hin und her.
»Peter!«, keuchte der Ritter und verrenkte den Kopf. »Bin ich froh, dich zu sehen!«
Die vier Entführer starrten den Jungen an. »Äh, Jungs?«, sagte eines der Mädchen nervös. »Wie ist er aus der Kette rausgekommen?«
»Und wieso hat er immer noch den Sack überm Kopf?«
Scrape schnaubte und warf Sir Tode zur Seite. »Keine Angst. Der weiß ja noch nicht mal, wie man ein Messer hält.« Er schob sich die Ärmel hoch und stürzte sich auf Peter.
Scrape war stark und offensichtlich ein erfahrener Kämpfer. Aber was Peter an Stärke fehlte, machte er durch Schnelligkeit wett. Innerhalb von Sekunden hatte er seinen Angreifer überlistet und die ganze Bande mit ihrer eigenen Kette und den Handschellen gefesselt. Wie sich herausstellte, waren seine Bewacher – Trouble, Scrape, Giggle und Marbles; zwei Jungen und zwei Mädchen – nicht viel älter als er selbst.
Der große Dieb zog sich den Mehlsack vom Kopf und umkreiste seine jungen Gefangenen. »Jetzt sind wir dran mit Fragen. Und wir tun alles, um die Antworten zu kriegen.« Um zu unterstreichen, wie ernst es ihm war, trat er dem Jungen namens Scrape, der besonders gemein über Sir Tode gesprochen hatte, kräftig auf den Fuß. »Wenn ihr uns nicht antwortet, schlitzen mein Freund und ich euch die Kehle auf und … und trinken euer Blut!«
Bei dieser Drohung runzelte Sir Tode die Stirn. »Das ist aber ein bisschen hart, Peter, findest du nicht?«
In dem Moment geschah etwas Seltsames. Die vier Gefangenen fingen an zu weinen, einer nach dem anderen. Es waren nicht die kummervollen Tränen von Professor Cake, der die Toten betrauerte. Und ebenso wenig die jammervollen Tränen von Alter Scabbs, der um die Zitrone bettelte. Nein, es waren die einfachen, unverstellten Tränen kindlicher Angst. »B-B-Bitte, Fremder«, flehte Giggle schniefend, »trink nicht unser Blut!«
»Es war nicht so gemeint«, wimmerte der Junge namens Trouble. »Schick uns nicht zu den Ungeheuern!« Peter war verwirrt. Mit blutrünstigen Dieben und hinterhältigen Bettelkrämernkonnte er umgehen, aber nicht mit weinenden Kindern.
Bevor er wusste, was er darauf sagen sollte, kam noch jemand hereingelaufen. Peter fuhr herum, das Messer drohend erhoben. »Noch einen Schritt, und ich töte sie alle!« Er hoffte nur, dass seine Drohung nicht so leer klang, wie sie sich anfühlte.
»Kümmere dich nicht um uns!« Scrape kämpfte mit seinen Fesseln. »Lauf weg, Hoheit!«
Peter zögerte. » Hoheit ?«, wiederholte er. »Gehörst du zum König?«
»Wohl kaum«, erwiderte Hoheit. Jetzt war Peter sicher, dass die Stimme einem Mädchen gehörte. Sie wandte sich zu jemandem um, der hinter ihr stand. »Simon, entwaffne ihn.«
Bevor Peter darauf reagieren konnte, glitt Simon durch den Raum und packte ihn an der Kehle. Nach Luft ringend, fiel der Junge zu Boden, als sich acht scharfe Krallen in seine Haut bohrten. »Sei so gut und leg die Waffe weg«,
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