Peter Nimble und seine magischen Augen
beobachtet«, sagte er und stand auf.
»Jetzt!«, rief eine Stimme. Bevor Peter reagieren konnte, zog sich das Seil um seine Knöchel und riss ihn von den Füßen. Sein Kopf schlug mit einem ohrenbetäubenden Krachen auf den Stein, und erneut verlor er das Bewusstsein.
17. Kapitel
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SIMON UND DIE FEHLENDEN
A ls Peter zu sich kam, roch es nach Mehl. Das war im ersten Moment etwas seltsam, doch dann begriff er, dass jemand ihm einen alten Mehlsack über den Kopf gestülpt hatte. Als er die staubige Luft einatmete, musste er niesen. Das löste eine weitere Mehlwolke aus, die ihm direkt in die Nase stieg, und das Niesen wurde noch schlimmer. Bei jedem Niesen schoss ihm ein stechender Schmerz durch den Kopf. Anscheinend war bei dem Sturz seine Wunde wieder aufgeplatzt. Sein Schädel pochte, und er spürte, wie ihm auf der einen Seite Blut ins Ohr rann.
Der Junge versuchte sich zu bewegen, merkte jedoch, dass er von Kopf bis Fuß mit einer dicken Kette gefesselt war. Um sicherzugehen, dass er sich nicht befreien konnte,hatte ihm jemand zusätzlich eine ganze Sammlung von Hand- und Fußschellen angelegt. Nach allem, was er fühlen konnte, hatte Peter ungefähr zehn an jedem Arm, fünfzehn an jedem Bein und zwei besonders große um den Hals. Obendrein roch er, dass die Schlösser verrostet waren, was es nicht gerade leichter machen würde, sich davon zu befreien.
Durch den Mehlsack hörte Peter gedämpfte Schritte und Stimmen näher kommen. Er ließ den Kopf zu Boden sinken. Es war bestimmt klüger, so zu tun, als wäre er noch bewusstlos, bis er wusste, wer seine Entführer waren. Während er unauffällig den kleinen Finger in eines der Schlösser an seinen Fußgelenken schob, spitzte er die Ohren, um zu hören, was die Stimmen sagten.
»Was habt ihr mit ihm gemacht?«, fragte eine junge Stimme verärgert. »Wir hatten doch vereinbart, keine Ketten zu benutzen.«
»T-T-Tut mir leid, Hoheit! Wir haben versucht, ihn so zu fesseln, wie du wolltest, aber er hat sich immer wieder von den Seilen befreit!« Die zweite Stimme klang verkrampft, als ob der Sprecher mit den Tränen kämpfte. Peter war ziemlich sicher, dass beide Mädchen waren.
»Scrape«, sagte das erste Mädchen, »du hast doch gesagt, er wäre bewusstlos gewesen, als ihr ihn hier runtergebracht habt.«
»Das war er auch!«, erwiderte eine Jungenstimme. »Aber jedes Mal, wenn wir einen Knoten gemacht haben, hat er seinen Arm bewegt, und schon ging alles wieder auf. Als wenn er gar nicht anders könnte, als sich zu befreien. Das war richtig unheimlich.« Was der Junge da beobachtet hatte, war der sogenannte »Schlafschlüpfer«. Das ist ein alter Trick, den Peter von ein paar Meereszigeunern gelernt hatte,und er besteht darin, im Schlaf Knoten zu lösen und so seinen Fesseln zu entschlüpfen. Weil man zum Üben bewusstlos sein muss, ist er ungeheuer schwer zu erlernen. Peter grinste unter seinem Mehlsack – anscheinend war er ziemlich gut darin.
Der Junge namens Scrape fuhr fort: »Wir haben schließlich aufgegeben und unsere alten Fesseln genommen. Ich weiß, dass wir das eigentlich nicht sollten, Hoheit, aber wir hatten doch nichts anderes!«
Das Gespräch verwirrte Peter. Seine Entführer klangen alle sehr jung und ziemlich verängstigt. Und noch merkwürdiger war, dass eines der Mädchen mit »Hoheit« angeredet wurde.
»Ihr müsst uns glauben, Hoheit!«, sagte das Mädchen mit der weinerlichen Stimme. »Wir haben die Kette nur genommen, weil es nicht anders ging. Weißt du nicht mehr, Pickle hat doch gesagt, der Fremde hätte alle ihre Fesseln gelöst – er muss die Magie des Königs kennen.«
Scrape kam näher. »Wenn er zum König gehört, dann sollten wir ihn sofort töten!« Peter schnappte erschrocken nach Luft, als er hörte, wie ein Messer aus der Scheide gezogen wurde. »Er hat nichts Besseres verdient, dieser Verräter!«
»Tu ihm nichts, Scrape!«, befahl jemand und stellte sich zwischen sie. Diese Person hatte Peter vorher nicht bemerkt; ihre Stimme klang rau und alt. Er entspannte sich ein wenig, als er hörte, wie Scrape das Messer wieder wegsteckte. »Ich habe in meinem Leben eine Menge Verräter gesehen«, fuhr die alte Stimme fort, »und ich glaube nicht, dass dieser Junge einer ist.«
»Simon hat Recht«, sagte Hoheit. »Wir sollten ihn zumindest so lange am Leben lassen, bis wir wissen, was er hier will … und wie er zu der Nachricht gekommen ist.«
Die Nachricht . Das bedeutete, dass seine Entführer auch seinen
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