Pfad der Schatten reiter4
Karigan zu Mara, als sie zum Reiterflügel aufbrachen.
Mara, das Gesicht rot vor Aufregung und Freude über die heutigen Übungsstunden und ihren neuen Kampfstab, konnte nur grinsen.
Verstauchte Finger und der Kampfstabunterricht hinderten Karigan keineswegs daran, weitere Trainingsstunden mit Schwertmeister Drent auf dem Übungsfeld zu absolvieren und ihren Pflichten hinsichtlich der Reiterkonten nachzukommen. Sie unterwies Daro, wie sie sie in ihrer Abwesenheit verwalten sollte. Daro erwies sich als sehr schnell von Begriff, und Karigan war sicher, dass sie bei ihrer Rückkehr kein Chaos vorfinden würde.
Es fanden weitere Treffen mit Hauptmann Mebstone und General Harborough statt, damit sichergestellt war, dass jeder einzelne Teilnehmer der Expedition genau wusste, was zu tun war. Karigan begann, sich fast wie ein fünftes Rad am Wagen zu fühlen, denn ihr wurde keine spezifische Aufgabe anvertraut. Ihr fehlte sowohl Lnyx’ Erfahrung in der Wildnis als auch Yates’ kartografisches Können. Es schien, als sei der einzige Grund für ihre Teilnahme die Tatsache, dass sie bereits im Schwarzschleierwald gewesen war, welchen Wert das auch immer für die anderen haben sollte.
Sie wurde im Lauf der Woche dermaßen durch die Mangel gedreht, dass sie keinen einzigen Gedanken an den Maskenball verschwendete. Er war tatsächlich so weit in den Hintergrund gedrängt worden, dass sie ihn fast völlig vergessen hatte.
Als ihr Ruhetag endlich anbrach, wachte sie erst am späteren Vormittag auf und entspannte sich im Gemeinschaftsraum der Reiter in einem Sessel vor dem Feuer, immer noch im Schlafanzug und in eine Decke gewickelt, und dachte, dass sie völlig zufrieden sein würde, den ganzen restlichen Tag so zu verbringen. Sie war erschöpft. Es blieb nur noch ein Tag für die Reisevorbereitungen, und am übernächsten Morgen würden sie aufbrechen.
»Na, da sieht ja eine aus, als hätte sie die ganze Nacht durchgezecht.«
Karigan blickte auf; vor ihr standen Connly und Hauptmann Mebstone, die sie eingehend betrachteten. Connly hatte sie angesprochen. Wahrscheinlich hätte sie zumindest einen Kamm durch ihre Haare ziehen sollen, bevor sie ihre Kammer verließ, aber das war ihr zu mühsam gewesen.
»Kein bisschen Zechen«, sagte Karigan. »Dazu hatte ich keine Zeit.«
Connly nickte und lächelte, um ihr zu zeigen, dass er nur gescherzt hatte.
»Es ist auch besser, dass du dir Ruhe gönnst, solange du noch kannst«, sagte Hauptmann Mebstone, »zumal du so bald abreist und heute eine große Nacht vor dir liegt.«
»Eine große Nacht?«, wiederholte Karigan verwirrt. Dann dämmerte es ihr allmählich.
Hauptmann Mebstone hob eine Augenbraue. »Du hast doch nicht etwa vergessen, dass heute Abend der Maskenball stattfindet, oder?«
»Oh Götter!« Karigan stöhnte und versank tiefer in ihrem Sessel. Der Maskenball. Das hatte sie tatsächlich vergessen. Sie zog sich die Decke über den Kopf. Vielleicht würde alles einfach verschwinden, wenn sie sich versteckte.
Einige Zeit später saß sie immer noch vor dem Feuer, unfähig,
sich zum Aufstehen zu zwingen. Blöder Ball, dachte sie. Ich habe nicht einmal eine Maske.
Maske? Hatte sie überhaupt etwas anzuziehen? Eine Maske war ihr kleinstes Problem. Sie warf die Decke zur Seite, eilte in ihre Kammer, riss ihre Schranktüren auf und betrachtete das ganze Grün, das darin hing. Grüne Uniformen, einzelne grobe Kleidungsstücke, und ein ausgeleiertes, zerrissenes, dreckiges blaues Kleid. Auch wenn sie es sich noch so sehr wünschte, es erschien kein passendes Kostüm auf magische Weise vor ihren Augen.
Auf ihren erbärmlichen Verzweiflungsschrei eilten Mara und Tegan in ihre Kammer.
»Was ist los?«, fragte Mara.
Karigan hielt das Kleid über dem Arm. Ihr Vater hatte es ihr im Herbst geschickt, um Braymer Coyle damit zu beeindrucken, aber nach ihrer katastrophalen Begegnung mit der Rabenmaske im Kriegsmuseum von Sacor-Stadt hatte sie das Kleid dazu benutzt, den Schwertkampf in Abendgarderobe zu erlernen. Danach hatte sie es versäumt, das Kleid reparieren und reinigen zu lassen.
»Der Maskenball«, sagte Karigan. »Ich muss heute Abend zum Maskenball gehen und habe nichts anzuziehen.«
Mara und Tegan sahen einander an und traten dann in den Korridor hinaus, um sich zu beraten. Karigan sank auf ihr Bett, das zerknitterte Kleid immer noch in den Armen. Vielleicht würde sie doch nicht auf den Ball gehen, aber Hauptmann Mebstones Worte, dass sie ihren König
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