Pfad der Schatten reiter4
dachte, dass Estora in diesem Augenblick zusammenbrechen würde, aber die junge Frau versteifte sich und hielt sich aufrecht.
»Ich bin gekommen, um Zacharias zu sehen.«
»Natürlich.« Laren führte Estora an seine Seite und half ihr, sich in den Stuhl zu setzen. »Er ist kurz aufgewacht und hat gesprochen.« Sie versuchte, hoffnungsvoll zu klingen.
»Was hat er gesagt?«
Laren biss sich auf die Lippen. »Nicht viel. Meinen Namen. Eigentlich hat es keinen Sinn ergeben. Destarion hat vorgeschlagen, mit ihm zu reden, auch wenn es so scheint, als könnte er nichts hören.«
Darauf zog sie sich zurück und ließ Estora, die den Kopf tief gesenkt hatte, allein. Als Laren ins Vorzimmer trat, fand sie Colin und Spane mitten in einer hitzigen Diskussion.
»Ich will, dass sie auf der Stelle heiratet«, verlangte Spane lautstark. »Lord Coutre hätte das so gewünscht.«
Laren ging direkt auf ihn zu und stieß ihm ihren Zeigefinger in die Brust. »Ihr werdet Euren Streit anderswo führen. Dies ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort dafür.«
Spane blieb der Mund offen stehen, dann sagte er entrüstet: »Dies ist sehr wohl der richtige Zeitpunkt, und ich lasse mir von einer gewöhnlichen Botin nichts befehlen. Estora muss heiraten, bevor der Mann da drinnen stirbt.«
»Er ist nicht einmal bei Bewusstsein«, entgegnete Colin.
»Das spielt keine Rolle. Ich habe einen Mondpriester draußen bereitstehen und ich …«
»Genug.« Der befehlende Ton in Larens Stimme war unüberhörbar, und sowohl Colin, als auch Spane starrten sie an. »Der Mann da drinnen braucht Frieden, um gesund zu werden. Entweder Ihr seid still oder ich geleite Euch persönlich hinaus.«
»Sie werden nicht in diesem Ton mit mir sprechen. Sie haben mir nichts zu befehlen. Im Gegenteil, es verhält sich genau umgekehrt.«
Laren lächelte. »Ich nehme nur Befehle vom König entgegen. Ihr seid nicht der König.«
Bevor er den Mund öffnen konnte, packte sie sein Handgelenk, drehte ihm den Arm auf den Rücken und schob ihn zur Flurtür.
»Lassen Sie mich los!«, schrie Spane.
Niemand kam ihm zu Hilfe. Die Waffen schienen eher billigend zuzusehen, und Fastion öffnete die Tür zum Korridor, wobei er zu Larens Erleichterung sagte: »Ich übernehme das.«
Laren schloss die Tür hinter ihnen, aber sie konnte dennoch hören, wie Spane Gift und Galle spuckte. Sie hatte politisch unkorrekt gehandelt und sich einen mächtigen Feind gemacht, aber wenn sie Zacharias dadurch ein wenig Ruhe und Frieden verschafft hatte, war es den Preis wert. Zumindest hatte es sie sehr befriedigt.
Colin berührte ihren Arm. »Ich wünschte, ich hätte das getan.«
»Er hat es heraufbeschworen«, antwortete Laren. »Der Mann ist eine Giftnatter.« Sie stellte sich vor, wie sie ihm ihre Faust ins Gesicht hieb.
»Giftnatter oder nicht, er vertritt die Interessen des Klans von Coutre.«
»Wohl eher seine eigenen Interessen«, knurrte Laren.
»Trotzdem, er war Lord Coutres Vertrauter und Adjutant und Lady Estoras Beschützer. Er vertritt den Klan schon seit einigen Jahren hier und hat beträchtlichen Einfluss.«
»Er darf Zacharias nicht stören.«
»Dem stimme ich natürlich zu, aber wir sind im Moment alle ziemlich gereizt.« Colin machte eine Pause, als wollte er erspüren, ob er weitersprechen sollte oder nicht. Schließlich sagte er: »Lord Spane hat nicht so ganz unrecht.«
»Was?«
»Wir wissen nicht, ob Zacharias im königlichen Treuhanddokument einen Erben bestimmt hat, und wenn, dann wissen wir nicht, wer das ist. Lady Estora dagegen kennen wir bereits.«
»Zacharias ist umsichtig und historisch sehr gebildet. Ich bin sicher, dass er jemanden bestimmt hat … und dass er eine gute Wahl getroffen hat.«
»Ich erwarte nichts Geringeres von ihm«, sagte Colin. »Aber es wird trotzdem zu Hickhack und internen Kämpfen führen, was wir uns im Moment nicht leisten können.«
»Ich weiß«, antwortete Laren. »Aber glauben Sie wirklich, die Lordstatthalter werden eine Eheschließung auf dem Sterbebett eher anerkennen als einen von Zacharias bestimmten Erben? Glauben Sie, sie werden einer unerfahrenen Frau ohne Weiteres die Macht übertragen?«
»Unerfahren? Sie wurde ihr ganzes Leben lang zur Regentin ausgebildet, und wenn sie sich nicht verlobt hätte, wäre sie die nächste Statthalterin von Coutre geworden. Sie ist zum Herrschen geboren, und Zacharias hat sie klugerweise bereits in alle Belange des Reiches eingeführt. Wir würden das Ganze als
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