Pfad der Schatten reiter4
die Wahrheit über Zacharias’ Zustand aus erster Hand zu erfahren. Waffen hielten sie von den privaten Gemächern fern. Adjutanten kamen und gingen.
Connly berichtete ihr, dass Ben immer noch bewusstlos war und im Lazarettflügel lag.
»Die anderen Heiler glauben, dass er sich schon beim Heilen von Sperrens Hüfte zu sehr verausgabt hat«, sagte Connly. »Als er dann auch noch versucht hat, den König zu heilen, war das endgültig zu viel für ihn.«
Laren nickte. »Genau das habe ich mir gedacht.«
»Sie halten ihn unter strikter Beobachtung«, beruhigte er sie.
Spekulationen und Gerüchte über einen Erben und all die negativen Auswirkungen, die der Tod des Königs haben würde, spukten durch die Menge – all die Dinge, an die Laren ebenfalls gedacht hatte, die sie aber nicht hatte aussprechen können. Es tat ihr weh zu hören, wie sie über Zacharias sprachen, als wäre er bereits tot, in die Geschichte eingegangen, ad acta gelegt. Vielleicht war er das tatsächlich, und sie fürchtete, dass Sacoridien nie wieder einen so guten König haben würde.
Stunden vergingen; Diener brachten den versammelten Menschen Wein und Speisen. Es war eine Totenwache, obwohl einige Leute in den Ecken sich unterhielten und lachten, als wären sie auf einer Party. Andere gingen wie Laren auf und ab, während die Sorge ihnen die Eingeweide zusammenzog.
Die Tür zu Zacharias’ Privatgemächern öffnete sich einen Spalt. Einer von Destarions Gehilfen steckte den Kopf heraus und sprach mit Fastion. Fastion nickte kurz und bahnte sich dann einen Weg durch die Menge zu Laren.
»Hauptmann, würden Sie mit mir kommen?«
Laren taumelte. Würde man sie zu Zacharias bringen? Würde sie bezeugen müssen, dass er tot war? Colin wurde ebenfalls durch die Tür gezerrt, und man führte sie beide einen langen Flur hinab in Zacharias’ Boudoir. Destarion trat aus dem Schlafgemach und schloss die Tür leise hinter sich. Er sah grimmig und erschöpft aus.
»Ich habe den Todeschirurgen befohlen, den Vorbereitungsraum bereit zu machen«, sagte Colin. »Wie lautet Ihre Diagnose?«
»Es steht auf Messers Schneide«, sagte Destarion. »Die nächsten beiden Tage werden entscheidend sein. Er ist noch am Leben, weil er stark ist und weil Ben Simeon ihm mit seiner Heilfähigkeit beigestanden hat. Die Wunde ist sieht böse aus; die Pfeilspitze hatte Widerhaken. Sie hat ihm innere Verwundungen beigebracht, aber Ben konnte die durchbohrte Lunge
heilen und hatte bereits begonnen, das umliegende Gewebe ebenfalls zu reparieren.«
»Also besteht die Chance, dass er überlebt?«, fragte Laren, überwältigt von Hoffnung.
Destarion blieb ernst. »Die Wunde ist trotzdem sehr gefährlich. Anscheinend war die Pfeilspitze mit Gift getränkt, zweifellos dasselbe Gift, mit dem sich der Attentäter selbst das Leben nahm. Es bleibt abzuwarten, ob es meinen Heilern gelingt, ein Gegengift herzustellen.«
»Ich habe einige Waffen ausgeschickt, um den Kräuterkundigen zu befragen, der das Gift verkauft hat«, sagte Colin. »Falls es ein Gegengift gibt, werden wir es finden.«
»Ich habe einen Heiltrank zusammengestellt, der dem Gift vielleicht entgegenwirkt«, sagte Destarion, »aber es ist bereits in sein Blut gedrungen. Es liegt an ihm, dagegen anzukämpfen.«
Erschöpft von all den Ereignissen ließ sich Laren in den nächsten Sessel sinken. Er lebte noch, er hatte noch eine Überlebenschance, und das war immerhin etwas.
»Was ist mit Ben Simeon?«, fragte Colin. »Kann er weitere Hilfe leisten?«
»Das kommt darauf an, wann er sich wieder erholt«, antwortete Destarion. »Meine Heiler haben mir berichtet, dass er einen Großteil seiner eigenen Lebensenergie heute Morgen in Sperrens Heilung investiert hat. Selbst wenn er wieder aufwacht, könnte es sein, dass seine Fähigkeit noch mehr Zeit braucht, um sich wieder aufzuladen.«
Colin sah Laren an. »Haben Sie eine Vorstellung davon, wie lange das dauern könnte?«
Laren schüttelte den Kopf. »Zu meinen Lebzeiten haben wir vor Ben keinen wahren Heiler mehr unter uns gehabt, und ich habe auch keine diesbezüglichen Aufzeichnungen. Falls es welche gab, haben sie die Jahre nicht überdauert.«
Sie hatte nicht vorgehabt, so bitter zu klingen, aber letztlich lag es an der abergläubischen Angst vor zauberischer Kraft, dass die bloße Existenz jeglicher Magie im Reich geheim gehalten werden musste, weshalb auch die Geschichte der Reiter nicht überliefert worden war, und nun gefährdete der Verlust des
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