Pfad der Schatten reiter4
sie Connly: »Was ist mit den anderen Leuten, mit den Siedlern, die bisher noch nicht angegriffen wurden?«
»Sie haben gehört, was passiert ist«, antwortete er, »und die meisten suchen auf unserer Seite der Grenze Zuflucht, wie damals während der Überfälle der Erdriesen.«
Estora erinnerte sich daran. Manche Provinzen, wie zum Beispiel Adolind, hatten die Flüchtlinge willkommen geheißen,
während andere, darunter D’Ivary, dies nicht getan hatten. D’Ivary hatte die Flüchtlinge sogar misshandelt. Deshalb hatte D’Ivary nun aufgrund eines königlichen Dekrets, dem alle anderen Lordstatthalter zugestimmt hatten, einen neuen Lordstatthalter.
Sie wandte sich an Colin. »Sorgen Sie dafür, dass die Lordstatthalter die Flüchtlinge bereitwillig in ihren Provinzen aufnehmen. Der König wird, genau wie ich, ihre Sicherheit gewährleisten wollen. Falls es Schwierigkeiten gibt, erinnern Sie sie an D’Ivary.«
Colin verneigte sich. »Jawohl, Eure Hoheit.«
»Haben Sie sonst noch etwas zu berichten, Reiter?«
»Nein, Eure Hoheit.«
»Dann danke ich Ihnen. Sie können sich zurückziehen.«
Er verbeugte sich und entfernte sich rasch, mit einem schnellen Blick auf die Tür, die in Zacharias’ Schlafgemach führte. Bestimmt wünschte er sich nichts sehnlicher, als über den Zustand seines Königs Bescheid zu wissen und zu erfahren, was mit seinem Hauptmann geschehen würde. Hätten die Dinge anders gelegen, wäre Hauptmann Mebstone jetzt hier gewesen und hätte Estora beraten. Und wenn Mebstone verhindert gewesen wäre, hätte Estora den Leutnant gebeten zu bleiben. Aber die Dinge lagen nun einmal nicht so. Man hatte Connly über die Dienstenthebung des Hauptmanns und seine neuen Pflichten informiert. Ihm musste die ganze Situation äußerst bedrohlich erscheinen und sie hatte keinen Zweifel darüber, wem seine Treue galt: dem König und seinem Hauptmann. Was sie betraf, war er unsicher und wagte es noch nicht, ihr zu vertrauen, trotz ihrer früheren engen Beziehung zu den Reitern. Mit der Zeit würde sie ihn ins Vertrauen ziehen und versuchen, sein Misstrauen zu überwinden, aber im Augenblick musste sie sich um dringendere Angelegenheiten kümmern.
Und sie musste mit Entschiedenheit handeln.
»Wir müssen Birch einen Schlag versetzen«, sagte General Harborough, »und zwar mit aller Schärfe. Ich kann eine Streitmacht einberufen und nach Norden marschieren, um …«
»Was ist mit den Türmen?«, fragte sie.
»Die stellen keine unmittelbare Bedrohung dar.«
»Woher wissen Sie das?«
Harborough wurde unsicher, und sah Colin hilfesuchend an. Colin blieb jedoch neutral und sagte nichts. Zweifellos erwartete der General von ihr, all seinen Vorschlägen zuzustimmen. Schließlich war sie eine Frau ohne jegliche Erfahrung in diesen Dingen, die nichts von Kriegführung verstand.
»Wir wissen es nicht«, gab der General schließlich zu. »Aber Ihr habt gehört, was der Reiter gesagt hat. Vielleicht war dieser Schläfer schon seit Jahren in dem Turm, und vielleicht gibt es außer ihm gar keine. Zumindest keine, die aufwachen, oder was auch immer sie machen. Lord D’Yer kann sich darum kümmern. Birch dagegen greift uns aktiv an. Er stellt die größere Bedrohung dar.«
»Wenn ich mich einmischen darf«, sagte Colin, »Lord D’Yer setzt seine Truppen inzwischen schon seit drei Jahren am Wall ein, und die königliche Armee hat ihn dabei nur minimal unterstützt. Seine Möglichkeiten sind erschöpft. Ich meine, wir könnten durchaus mehr Soldaten am Wall stationieren. Diese Grenze wurde allzu lang vernachlässigt, und die Geschehnisse an der Bresche sind die Folgen dieser Vernachlässigung.«
Harborough runzelte in kaum noch beherrschter Wut die Stirn. »Die D’Yers haben angeblich die Verantwortung für den Wall übernommen. Ich rate davon ab, unsere Streitkräfte auf diese Weise zwischen zwei Fronten aufzusplittern. Wenn wir Birch und seine Abtrünnigen besiegt haben, können wir uns anschließend um den Wall kümmern.«
Sowohl Colin als auch Harborough gingen auf und ab, während sie hitzig ihren Standpunkt vertraten. Estora sehnte sich mehr denn je danach, dass Zacharias gesund wieder aufwachen möge. Woher sollte sie wissen, was zu tun war? Zacharias würde es wissen. Sie war davon überzeugt, dass Karigan es ebenfalls wissen würde. Karigan hatte Estora aus den Fängen ihrer Entführern befreit und sich anschließend auch noch eine Strategie ausgedacht, die die Banditen an einer weiteren Verfolgung
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