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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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angebracht, dass du mich berührst, das weißt du doch!«
    Ein bezauberndes Lächeln, das Entsetzen kaschierte.
    » Meine Lady …«
    » Ich glaube, ich will jetzt weitergehen, Roger. Oh, Blumen! Sind die für mich? Oh, du ungezogener Junge – das sollst du doch nicht! Aber sie sind so schön …«
    Sie griff nach dem Strauß, den ich für sie gepflückt hatte, und drückte ihn an das durchnässte Kleid an ihrem Busen, dabei lächelte sie mich an wie ein verzweifeltes Kind.
    Mir kam ein Gedanke, unerbeten und unwillkommen: Maggie hätte den Mut aufgebracht, sich der Wahrheit zu stellen.
    Aber Maggie war nie gestorben, war nie in jenes andere Land gegangen. Und auch wenn Cecilia ein Kind war, war sie trotzdem noch so bezaubernd wie eh und je. Es war einfach – so einfach! –, mich wieder auf meine Position als demütiger Diener zurückzuziehen, der ich im Palast für sie gewesen war. Ich kniete mich hin und sagte: » Die Blumen sind nicht annähernd so hübsch wie Ihr, meine Lady.«
    Sie lachte. » Oh, du überschreitest deine Grenzen! Was für ein Höfling du nur wirst, Roger … Ich glaube, dass ich jetzt vielleicht doch hungrig bin. Was für ein herrlicher Platz für ein Picknick, hier über dem lieblichen Meer!«
    Ich gab ihr, was ich hatte: hartes Brot und wilde Erdbeeren. Ich breitete meinen Umhang für sie auf dem Gras aus. Ich reichte ihr den Wasserschlauch. Sie plauderte weiter, überdeckte die Merkwürdigkeit der Situation mit dümmlichem Gerede, der einzigen Verteidigung, über die sie verfügte. Ich erkannte, dass sie nie über das sprechen würde, was im Seelenrankenmoor mit ihr passiert war, und auch nicht von jener seltsamen Begebenheit, sich allein mit mir in den äußersten Winkeln des Königinnenreichs wiederzufinden. Was wir auch an Armut und Härte erlebten, sie würde lachen und plaudern und nichts dazu sagen und sich ganz auf mich verlassen, damit ich mich um sie kümmerte, und unterdessen würde sie vorgeben, all das wäre ganz gewöhnlich, weil alles andere zu schrecklich war, um auch nur daran zu denken.
    Ein Kind.
    Als der wunderbare Frühlingsnachmittag ausklang, führte ich sie – dieses Mal, ohne sie bei der Hand zu nehmen – von der Klippe fort. Die Sonne hatte uns beiden die Kleider getrocknet. Wir übernachteten auf der Lichtung, sie kommentarlos in meinen Umhang gehüllt, ich zitternd auf dem nackten Boden. Der Umhang hätte für zwei gereicht, aber für Cecilia war das unmöglich. Meine Träume an jenem verfluchten Ort waren schrecklich, aber ich erwähnte sie nicht. Nicht damals, niemals sonst. Cecilia hätte nicht gewusst, wie man mich tröstete – selbst wenn es einen Trost für jemanden gegeben hätte, der getan, gesehen und verkörpert hatte, was ich tat, sah und verkörperte.

28
    Es ist eine Sache, ein Kind in einem Palast zu lieben, von Annehmlichkeiten umgeben. Es ist etwas ganz anderes, mit einem Kind durchs raue Land zu reisen, während man sich verzweifelt Gedanken darüber macht, wohin man als Nächstes gehen könnte.
    Ich hatte von Mutter Chiltons Münzen noch drei Silberlinge und siebzehn Pennys übrig. Maggies Plan, eine Hütte zu mieten, um eine Garküche darin zu eröffnen, war noch nicht ausgeschlossen, wenn man nur ein wenig Geld dazuverdienen konnte. Jedoch hatte ich Schwierigkeiten, mir Cecilia als Schankmaid vorzustellen. Und dann musste ich zwei Silbermünzen für einen Esel ausgeben, denn Cecilia konnte nicht sehr weit oder sehr lange gehen. Ich musste sie in einem Hain zurücklassen, um einen Ort zu finden, an dem ich diesen Esel erstehen konnte, ein störrisches Tier, das mich mehr Zeit und Geld kostete, als ich erwartet hatte.
    Als ich zurückkehrte, war Cecilia zu einer bebenden, panischen Kugel in meinem Umhang zusammengerollt. Ich brauchte Stunden, um sie zu beruhigen.
    Nicht, dass sie sich beschwerte. Das tat sie nie. Aber sie war so schwach, so hilflos, dass ich den Rest meiner Münzen für besseres Essen und für ein paar Nächte ausgab, die wir in einem Gasthaus verbrachten, sowie für einen emaillierten Kamm und einen Becher, damit sie nicht aus dem Wasserschlauch trinken musste. Nun war nicht mehr genug Geld übrig, um irgendwo eine Hütte zu mieten.
    Wir waren an den Rand des Königinnenreiches gekommen, wo die Meeresküste langsam flacher wurde und Fischerdörfer auftauchten. Vielleicht konnte ich hier Arbeit finden? Aber ich verstand nichts vom Fischen, und was für eine Erklärung würde ich hinsichtlich Cecilia abgeben? Wenn sie einfach

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