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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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zumarschierten, folgte ich ihnen.
    Grüne Bogenschützen erschienen auf den Wällen der Stadt. Dann die Krieger von Lord Solek, ein jeder Mann mit einem Gewehr. Ich konnte sie deutlich in der milden Sommerluft sehen, sie wirkten wie kleine Spielzeuge, die man für Kinder geschnitzt hatte.
    » Rechte Flanke ausschwärmen!«, rief der Hauptmann der anrückenden Blauen. Eine Einheit Soldaten bewegte sich mit erhobenen Schilden nach rechts. Sie würden aus dem Osten angreifen, nahm ich an. Der Hauptteil der Armee marschierte vorwärts.
    Nun konnte ich hören, wie die Eisentore der Stadt heruntergelassen wurden, ein lautes Kreischen von Metall auf Metall in den Winden. Wie würde diese Armee nach Gloria hineingelangen? Nicht einmal Rammen würde diesen Toren etwas anhaben können. Und die Soldaten taten nichts anderes, als direkt nach vorne zu marschieren. Die Blauen waren sowohl ausgesperrt als auch in der Unterzahl. Und hier konnten sie, anders als im Land der Toten, nicht durch die Luft fliegen.
    » Stiefel ausziehen!«, rief der Hauptmann.
    Stiefel ausziehen? Jeder Mann stellte seinen Schild vor sich auf den Boden und warf die Stiefel von sich. Die schweren Schuhe waren, wie ich jetzt sehen konnte, nicht zugeschnürt gewesen.
    Der Hauptteil der Armee löste die Schlachtordnung auf, und rannte los, um der kleinen Abteilung zu folgen, die nach Osten abgebogen war. Auf einmal verstand ich den Plan des Hauptmanns. Die Ostseite der Stadt war der Ort, an dem die Wäschereien und Bäder lagen. Diese waren draußen über dem Fluss errichtet worden, um sauberes Wasser hinein- und wieder hinauszulassen, damit Seife und Schmutz vom Fluss hinab zum Meer befördert wurden. Dies war der erste Teil des Palastes gewesen, den ich gesehen hatte, während ich mich sauber geschrubbt hatte, nachdem ich mit Kit Beale hergekommen war. Die angreifenden Soldaten, die aus dem Palast stammten und ihn genauso gut kannten wie ihren eigenen Körper, würden unter den Mauern durchschwimmen und den Palast von innen einnehmen. Solek hatte seine Krieger und die Grünen der Königin auf den Mauern aufgestellt, um einem herkömmlichen Angriff zu begegnen. Es würde dauern, bis er in der Wäscherei und den Bädern eintraf, wo sich unzählige Räume für Palastbewohner befanden, während die Wäschereien nur von den unbewaffneten Frauen verteidigt wurden, die dort arbeiteten.
    Ein Zornschrei ertönte aus der Burg, und die grünen Bogenschützen ließen ihre Pfeile fliegen. Die Krieger feuerten ihre Gewehre ab. Und eine Stille kam auf, eine Stille der tiefsten Verblüffung, des ängstlichen Unglaubens. Ich hielt mitten im Bücken inne, weil ich einen zurückgelassenen Stiefel hatte aufheben wollen, mein Körper zusammengekauert, so reglos wie alle anderen. Wir waren alle wie gelähmt.
    Die Pfeile und die Kugeln aus den Gewehren waren alle durch die Körper der vorrückenden Blauen hindurchgegangen, als wären diese Körper nichts als Luft.
    Mein Verstand raste. Hatte Cecilia … hatte ich jemals gesehen, dass sie hingefallen oder verletzt worden war? Hatte ich auch nur gesehen, wie sie sich eine Zehe am Tisch eines Gasthauses angestoßen hatte? Nein, das hatte ich nicht. Ich hatte sie bewacht, war um sie herumgeschwirrt, hatte sie versorgt. Ihr Körper war wirklich gewesen, das schon, nachdem ich sie zurückgebracht hatte, aber er war ja auch im Land der Toten wirklich gewesen, während sie unwissend in meinen Armen gelegen hatte. Die Körper der toten Blauen waren wirklich gewesen, und die der toten Wilden, und ich hatte sie sich gegenseitig bekämpfen sehen, und die Waffen waren geradewegs durch sie hindurchgegangen. Aber das war auf der anderen Seite gewesen! Hier lebten die Blauen doch wieder …
    Nein. Sie waren immer noch tot. Sie waren einfach hier tot, im Königinnenreich der Lebenden.
    Ein großes Gebrüll stieg aus der vorrückenden Armee auf, zum Teil aus Furcht, zum Teil aus Überraschung. Dann ein Lärm, ein Geplapper. Ich war zu weit hinten, um die Worte zu hören, aber ich konnte ihre winkenden Arme sehen, das Grinsen, das sich auf ihren Gesichtern ausbreitete. Dann verstand ich ein Wort: Hexe. Und die Hälfte der Männer drehte sich zu mir um.
    Manche knieten sich tatsächlich hin – mitten in der Schlacht, während sie von Kugeln und Pfeilen durchsiebt wurden! » Das Amulett und noch mehr«, hatte ich zum blauen Hauptmann gesagt. Sie dachten nun, dies wäre das » Mehr«. Ich hatte sie unbesiegbar gemacht.
    Dann war der Augenblick der

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