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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Enten und Stoffe und Nachttöpfe und Lederwaren und Bier, und zumindest die Hälfte von allem stank.
    » Roterbsensuppe! Gute Roterbsensuppe, heute Morgen frisch!«
    » Hühner! Lebende Hühner!«
    » Lass mich los, Gregory, du bist nicht dran!«
    » Lavendel und Kräuter!«
    » Das war mein Topf, du Trottel! Meiner!«
    » Leer deinen Nachttopf hier aus, hörst du!«
    » Getreide für Brot!«
    » Ich habe es zuerst gesehen!«
    » Roterbsensuppe!«
    Meine Sinne kamen ins Trudeln. Kit lächelte.
    » Das spült dir das Hirn weg, Junge, was? Wir sind bald drin.«
    Wo drin? » Ist hier alles so?«
    » Alles außerhalb des Palastes. Das Gesetz verbietet drei Meilen um Gloria herum jeden Handel, außer innerhalb der Stadt. Auf der Insel ist nicht mehr viel Platz, und die alte Königin hat angeordnet, dass hier keine Stein- oder Holzgebäude gestattet sind. Abgesehen vom Palast natürlich.«
    Das erklärte die Zelte. Nun bemerkte ich, dass die Steinmauern, die vermutlich den Palast umgaben, alle miteinander verbunden waren – ein einziges großes Gebäude mit Abschnitten, die wie bei einer riesigen, starren, grauen Pflanze, die steinerne Äste hervorbrachte, in alle Richtungen austrieben. Einige dieser Äste waren kurz und breit, andere lang und schmal, manche bogen sich anmutig, als wären sie steinerne Ranken, einige führten zu anderen Gebäuden, rund oder eckig oder dreieckig – es gab darin kein Muster, keinen Plan. Und nirgends waren Fenster. Kein einziges. Der Palast war ein weiterer Ring – wenn auch ein äußerst unregelmäßiger – innerhalb des Ringes der Stadt. Wie es wohl war, in seinem Inneren zu sein, im Herzen all dieser Dinge?
    Kit bahnte sich mit den Schultern den Weg durch die vollgestopften, schmalen Gassen; das Pferd, das kaum hindurchpasste, aber an diesen engen, stinkenden Lärm gewohnt zu sein schien, führte er. Leute riefen Kit zu, und er rief zurück. Über die Schulter sagte er zu mir: » Abends verlässt ein Großteil dieses Gesindels die Insel und geht nach Hause!« Ich antwortete nicht, vom Lärm und dem Gestank und dem Mangel an Bewegungsfreiheit gelähmt. Wir schoben uns langsam zu einem hölzernen Tor vor, das in die Palastmauer eingelassen war. Kit zeigte seine Papiere einer weiteren Wache, die diesmal grün gekleidet war. Das Tor ging auf, und wir betraten den Palast.
    Ich blinzelte. Alles war hier anders.

9
    Wir standen in einem großen Hof, der sich zum Himmel öffnete. Er war sehr sauber und sehr ruhig. Das dicke Holztor schloss alle Geräusche der Stadt aus. Sogar die Pflastersteine selbst schienen vom alltäglichen Schmutz befreit worden zu sein. Ein Stalljunge kam herbeigerannt, um Kits Pferd zu übernehmen und es in einen geschlossenen Stall an einer Seite des Hofes zu führen. Kit und ich gingen zur anderen Hofseite, nur vom Tritt unserer Stiefel auf dem Stein begleitet, und durchquerten ein zweites, weniger gut befestigtes Tor.
    Dahinter befand sich ein weiterer Hof, in dem Büsche angepflanzt waren, umgeben von Steinmauern mit vielen Holztüren, die alle grün bemalt waren. Diener kamen und gingen durch diese Türen. Ich sagte ängstlich: » Ich habe ein Empfehlungsschreiben für eine Emma Cartwright, die Dienerin einer …«
    » Du gehst nirgendwohin, ehe du nicht gebadet hast«, sagte Kit angeekelt. » Du bist ein Wilder, was? Dort linker Hand – das sind die Baderäume der Arbeiter. Ich bin hier, wenn du fertig bist.« Er schritt durch eine Tür auf der rechten Seite. Ich wollte ihm nachrennen – was würde ich tun, wenn ich an diesem seltsamen Ort allein gelassen wurde? Aber ich tat, was er mir aufgetragen hatte, und ging durch eine der Türen links.
    Es wurde noch seltsamer! Der Raum – vielleicht sogar mehr als ein Raum – ragte über den Fluss hinaus, und ein Boden war, abgesehen von besonders breiten Simsen rund um die vier Wände, nicht vorhanden. Ein weiterer Boden war zwei Fuß weit im Wasser errichtet worden, aus Holz auf Steinpfeilern, sodass der Thymar regelrecht durch das Zimmer floss. Ein paar Männer badeten nackt im sauberen Wasser. Ich erinnerte mich daran, dass wir an einem Abschnitt des Thymar vorübergekommen waren, wo er stinkend und faulig war; dort musste das Abwasser der Stadt hineingeleitet werden. Hier weiter oben im Fluss war das Wasser sauber genug, um zu baden, und noch weiter oben vielleicht sogar sauber genug, dass man es trinken konnte. Es war ein ausgeklügeltes System.
    Ich zog meine Kleider aus und stapelte sie in einem Regal an der

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